Von Achim Baumann

Darf man eigentlich noch vom deutschen Volk sprechen? Zumindest im politischen Kontext kann das dazu führen, dass man schnell zum Verfassungsfeind wird. Das kennt man bei der AfD und noch länger bei der NPD, die heute Heimat heißt. Und nun hat es sogar einen Verfassungsschutz-Experten beziehungsweise seinen Verlag getroffen. Dabei ist den Beteiligten manchmal nicht klar, was zulässig ist und was nicht, wovon man ungestraft reden darf und ab wann man vermintes politisches Gelände betritt. Derweil muss man es nur verstehen wollen…

Wen hat es diesmal getroffen?
Martin Wageners im Jahr 2021 erschienes Buch „Kulturkampf um das Volk“ ist ein moderner Klassiker wenn es um die Begriffsbestimmung „Volk“ etc. geht. Im genannten Buch geht es um den Kampf mehrerer Definitionen: Wageners Ausführungen folgen einem durchaus ausgeprägten positiven Verständnis von Volk, Nation und Vaterland – wie es von Konrad Adenauer bis Helmut Kohl üblich war und plötzlich verfassungsfeindlich sein könnte. „Der Lau-Verlag bekam in der Corona-Zeit 7500 Euro Druckkostenzuschuss für Martin Wageners Buch Kulturkampf um das Volk“, berichtet die Neue Züricher Zeitung (NZZ). Drei Jahre später soll der norddeutsche Verlag das Fördergeld nun zurückgeben, weil das Buch angeblich verfassungsfeindlich sei. Und ein solches Buch hätte nicht gefördert werden dürfen. So seien nun einmal die Richtlinien. Stimmt das denn? Ist das Buch oder Teile davon verfassungsfeindlich?

Der Autor ist ein echter Experte
Martin Wagener ist seines Zeichens eigentlich Professor für Politikwissenschaften mit Schwerpunkt Sicherheitspolitik an der für den Auslandsgeheimdienst BND zuständigen Abteilung der Hochschule des Bundes. Allerdings wurde er wegen des Buches im Oktober 2021 freigestellt, hat sogar Hausverbot an seiner Hochschule erhalten und darf nicht mehr unterrichten. Ein Disziplinarverfahren läuft – denn er könnte ja ein Verfassungsfeind sein, Wageners Volksbegriff soll die Menschenwürde verletzen. Wie schnell man zum Verfassungsfeind werden kann, konnte man bereits zuvor an Hans-Georg Maaßen sehen, der vom ehemaligen Bundes-VS-Chef zum selbst ausspionierten Opfer seiner Behörde wurde. Wagener selbst weist laut NZZ die Interpretation des Verfassungsschutzes zurück. „In seinem Buch werde der Begriff des Volkes und der deutschen Kultur in verschiedenen Zusammenhängen beleuchtet und diskutiert, nicht aber propagiert“, zitiert ihn die NZZ.

Wagener hat recht
Und die Aussage Wageners ist korrekt: Wer lediglich die Existenz von Volk und Staatsvolk bespricht, beleuchtet und behandelt, ist eben KEIN Verfassungsfeind.  Der Rechtsanwalt und Publizist Klaus Kunze hat sich erst kürzlich in einem vielbeachteten Blogbeitrag mit der Problematik auseinandergesetzt. Darin zitiert er das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster, das zwar kürzlich grundsätzlich entschied, dass es rechtens sei, dass der Verfassungsschutz die AfD und JA beobachtet. Das OVG Münster stellte aber unmissverständlich klar:

„Verfassungswidrig und mit der Menschenwürde unvereinbar ist nicht die deskriptive Verwendung eines „ethnisch-kulturellen Volksbegriffs“, aber dessen Verknüpfung mit einer politischen Zielsetzung, mit der die rechtliche Gleichheit aller Staatsangehörigen in Frage gestellt wird.“

Klaus Kunze stellt dazu richtigerweise fest:

„Unzweifelhaft zieht das OVG keine verfehlten Schlüsse allein aus der Benutzung der Worte „deutsches Volk.“ Keinesfalls zweifelt es dessen Existenz an. Man darf es auch von Rechts wegen lieben, ohne Verfassungsfeind zu sein. […] Wer fürchtete, man dürfe gar nicht mehr vom ethnisch deutschen Volk reden, ohne als Verfassungsfeind verdächtigt zu werden, darf aufatmen.“

Hierbei folgt das OVG Münster auch der bisherigen Rechtssprechung des Bundesverfassungsggerichts. Mit anderen Worten: Wer einen Unterschied zwischen ethnischem Volksbegriff und Staatsvolk beschreibt, ist eben kein Verfassungsfeind. Erst derjenige, der daraus den Schluß zieht, eine ungleiche Behandlung von Angehörigen der autochthonen Bevölkerungsgruppen und den „Neubürgern“ zu fordern, könnte Verfassungsfeind sein. Aber selbst bei der AfD versteht nicht jeder den Unterschied. So argumentierte der Soziologie-Professor an der Kölner Hochschule für Tanz und Musik, der frisch gewählte EU-Abgeordnete der AfD Hans Neuhoff in seinem Ausschlußantrag gegen den Parteifreund Matthias Helferich (MdB), dieser „verstoße gegen das Grundgesetz“, weil dieser auch gegen die Erklärung zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität der AfD vom 18. Januar 2021 verstoßen habe. Helferich hatte lediglich festgestellt, dass  andere AfDler Jesiden abschieben wollten (wir berichteten).

Wagener-Verlag knickt nicht ein
Der Lau-Verlag, in dem das Buch „Kulturkampf um das Volk“  erschien, knickt indes nicht ein, will nötigenfalls prozessieren. Das könnte eine Schlappe für den Verfassungsschutz und dessen Verbündete in den Medien werden. Aber inzwischen greift der neuerliche Angriff auf die Meinungsfreiheit. Man kann diejenigen ins rechte Eck stellen, die es für begrüßenswert halten, das autochthone deutsche Volk zu erhalten. Wer achtet schon in der Mainstreampresse auf Wortklaubereien, in ihnen macht sich derjenige verdächtig, der die Worte „deutsches Volk“ allein in den Mund nimmt. Dabei wissen wir jetzt, das kann man problemlos machen. Und das sollte man auch!

Der Blog von Klaus Kunze ist erreichbar hier!

Die Internetseite von Martin Wagener ist erreichbar hier!

Der Lau-Verlag ist erreichbar hier!

Beitragsbild / Symbolbild und Bild hier unten: ciw1 / Shutterstock.com; Bild oben: Buchcover

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