Eine Reisebericht von Dubravko Mandic

Vorgestern haben wir uns die Stierkämpfe in Málaga angesehen. Es hat sich gelohnt. Die Regeln und der Sinn des Ganzen sind den Deutschen indes völlig fremd. Kein Wunder also, dass Tierschützer einen solchen Besuch kritisch sehen. Aber ist die Kritik berechtigt? Der Stierkampf wird übrigens nicht gezielt für Touristen beworben. Es scheint eine recht exklusive und etwas elitäre Veranstaltung zu sein. Ein Torero bekommt eine Gage von bis zu 180.000 Euro – für einen Abend. Einzelne von ihnen genießen hohes gesellschaftliches Ansehen. Die Region Andalusien, in der Málaga liegt, ist eine Hochburg des Stierkampfs.

Die VOX – Stimme des Volkes
Es ist sicher auch kein Zufall, dass die aufstrebende Rechtspartei VOX hier ebenfalls fest verwurzelt ist. Vor Ort
wurden nämlich die ersten Mandate der Rechtspartei VOX errungen. Diese gründete sich aus den Reihen der Partido Popular, dem Pendant der deutschen Unionsparteien und sammelt unterschiedliche Schichten von Protestwählern, Altrechten, Gegnern der linken Hegemonie und vor allem Gegner der separatistischen Bewegungen. In den unterschiedlichen Wahlen schnitt sie bislang mit rund zehn bis zu 15 Prozent ab. Im Europaparlament gehören ihre vier Abgeordneten zur EKR-Fraktion (Europäische Konservative und Reformer). Vor der Arena gab es entsprechend auch nur einen Wahlkampfstand dieser und keiner anderen Partei. 30 bis 40 Antifa-Gestalten krakeelten vor dem Stadion auch, bewacht von Polizisten. Ist also der Stierkampf auch irgendwie politisch? Ja, denn auch das Thema “Tierschutz” ist politisch.

Der Stierkampf
Dabei ist Stier-Kampf gar kein Kampf, sondern stellt die rituelle Tötung besonderer, für diesen Zweck gezüchteter Kampfstiere dar. Dahinter verbirgt sich ein richtiger, milliardenschwerer Wirtschaftszweig mit bis zu 200.000 Arbeitsplätzen, der letztlich das Überleben dieser besonderen Gattung Stiere sicherstellt. Auch einzelne Stiere können – ähnlich wie seinerzeit römische Gladiatoren – überleben. Zudem gibt es rund 30 verschiedene Stierkampfarten mit variierenden Regelwerken. Letztlich kommt es darauf an, welche Stiche der Torero/Matador versucht zu setzen und wie anspruchsvoll diese sind.Denn nicht jeder Stich sitzt und nicht jeder Degen dringt voll im Nacken ein. Manche Stiere fallen direkt um, andere erst langsam, manche stehen wieder auf, stärkere stehen mehrmals auf. Das Publikum verlangt dann in der Regel, dass die Stärksten am Leben bleiben.

Das Publikum feiert frenetisch
Das Publikum tobt und interagiert stark während des gesamten Spektakels. Als im Publikum sitzender Gast hat man keine Anhnung, ob manche besonders starken Stiere danach einfach verarztet werden. Es geht bei allem nicht um Wirtschaft oder um Geld, sondern um das Leben selbst, welches hier verehrt wird. Leben ist Wille zur Macht und Lebenskraft und beim Stierkampf wird es in ritualisierter/geordneter Form anschaulich gemacht.

Linke versuchen den Stierkampf zu politisieren
Das spanische Verfassungsgericht stufte den Stierkampf im Jahre 2013 als nationales Kulturgut ein. Das hat zur Folge, dass nur der Staat und damit die spanische Regierung ein generelles Verbot von Stierkämpfen erlassen könnte. Trotzdem gibt es zunehmend Kritik, die richtet sich unter anderem gegen die Namen von Stieren, die politisch inkorrekt sein sollen. In der Universitäts-, Hafen- und Industriestadt Gijón in Asturien beispielsweise verbot vor rund zwei Jahren die Bürgermeisterin Ana González Rodríguez, eine Sozialistin, die Nutzung der stadteigenen Arena für Stierkämpfe. Grund: In der Arena wurden zwei Stiere mit den Namen »Feminista« (Die Feministin) und »Nigeriano« (Der Nigerianer) getötet. Dabei war die  Erklärung dafür einfach: Der Name einer Kuh wird auch auf ihre erstgeborenen Kinder vererbt, auch wenn diese männlich sind. So hieß die Mutter des Stieres „Feminist“ ebenso – weil sie eine starke Kuh gewesen sei. Und die Mutter des Stieres „Nigerianer“ war eben komplett schwarz und sehr kraftvoll gewesen. Aber auch diese Begründung wird als rassistisch ausgelegt. Und das Tierwohl hatte die Bürgermeisterin nicht wirklich im Sinn, wie sie sogar gegenüber der Presse versicherte.

Traditionen wahren – auch bei anderen
Als Tourist ist es mitunter nicht einfach, das alles zu verstehen. Die Hinrichtung eines Tieres vor versammeltem Publikum mag archaisch wirken. Der Stierkampf indes hat eine Jahrhunderte alte Tradition. Und doch gab es schon immer Kritik an diesem tödlichen und vor allem brutalen Treiben. So drohte bereits im Jahr 1567 der heilige Papst Pius V. allen Menschen mit der Exkommunikation, die mit dem Stierkampf etwas zu tun hatten oder diesem als Zuschauer beiwohnten. Gewirkt hat das nicht, dabei ist Spanien besonders katholisch. Vielleicht sollte man Trtaditionen auch anderer wahren, denn der Tod eines Stieres in Deutschland durch einen aufgesetzten Bolzenschuss ist nicht weniger brutal. Traditionen leben, heißt auch Traditionen anderer zu respektieren!

Videoclips von den Stierkämpfen sind zu sehen auf dem TWITTER-Account von Dubravko Mandic.

Beitragsbild / Symbolbild: Dubravko Mandic.

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