Von John Duke of Lancaster
‘Depressive Hedonie’ heißt ein kleines Kaplaken-Bändchen. Es gehört zu den Büchern, die nicht nur das bestätigen, was vielen klar ist, sondern es bringt vielen, die sich kritisch mit unserem Zeitgeschehen auseinandersetzen, neue Erkenntnisse.
Beobachtungen des Kulturphilosophen Mark Fisher
Der noch junge Autor Lorenz Bien (*1991) greift hier auf einen Begriff des britischen Kulturphilosophen Marc Fisher (1968-2017) zurück. Fisher hat in seiner Zeit als Dozent seine Studenten beobachtet. In seinem Debüt ‘Capitalist realism’ stellt er fest, dass sie nichts anderes tun, als dem Gefühl der Freude und des Genusses zu frönen. Seine Studenten versuchen einen Text von Nietzsche genau so zu konsumieren wie einen Hamburger und essen zum Beispiel ständig während des Unterrichts. Aus dem Grunde geht ihnen letztendlich der mystische, fehlende Genuss ab, der nur jenseits des ständigen Lustprinzips zugänglich ist.
Die Phantasie als Grundbedürfnis der Menschen
Der Anthropologe und Soziologe Arnold Gehlen (1904-1976) hat in seinem Werk ‘Urmensch und Spätkultur’ herausgearbeitet, dass der Mensch im Gegensatz zum Tier arm an Instinkten ist. Das gleicht er aber mit der Phantasie und Vorstellungskraft aus, die auch im Alltagsleben eine wichtige Rolle spielen. Zur Bildung einer Identität ist die Phantasie entscheidend.
Die Medien (Institutionen) in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit
Waren es beim Urmenschen Tanz und Gesang, die als gemeinsames Erlebnis, als Institution agierten, so wurden die Medien mit der Entwicklung der Menschheit immer beliebiger, geteilter und kürzer. Einen Film muss man noch als Ganzes sehen, eine Serie ist zerteilt und ein Youtube-Video kann häppchenweise konsumiert werden. Medien werden somit auch immer weniger körperlicher und gemeinschaftlicher.
Das Zeitgefängnis und die Kritik an der Moderne
Aus dieser Depressiven Hedonie gibt es kein Entrinnen. Sie ist Ausdruck der Moderne, die das zwanghafte Lustprinzip verfolgt, daß sich auch in dem Einheitsbrei zeigt. Es ist ein Konsum der Lust (Drogen, Video-Schnipsel, Unterhaltung), der aber keine Befriedigung bringt. Das alles zeigt sich im links-liberalen (woken) Zeitgeist. Sie wird gleichermaßen vom konservativen Gehlen wie auch von dem, durch Selbstmord aus dem Leben geschiedenen Marxisten Fisher kritisiert. Lorenz Bien fußt seine sehr lesenswerten Ausführungen und Beobachtungen auf diesen beiden Denkern. Erhältlich ist es beispielsweise hier!
Abonnieren Sie auch unseren Telegram-Channel unter: https://t.me/FreiburgerStandard
Hinterlassen Sie einen Kommentar