Von Jan Ackermeier

Am 7. Februar 1920 erschossen die Bolschewiki in Irkutsk den russischen monarchistischen Admiral Alexander Wassiljewitsch Koltschak (*1874) standrechtlich und versenkten seinen Leichnam in einem Eisloch in der Angara. Er war einer der bekanntesten Anführer der „Weißen Armee“ im Russischen Bürgerkrieg. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs war er als Kapitän zur See Chef des Operationsstabes bei der Baltischen Flotte unter Admiral Nikolai Ottowitsch von Essen. Nach dessen Tod im Mai 1915 übernahm er den Befehl über die 1. Zerstörerdivision und wechselte schließlich 1916/1917 als Oberbefehlshaber zur russischen Schwarzmeerflotte.

Strafe, Exil und Aufbau einer Armee
Nach dem Ausbruch der Februarrevolution 1917 wurde Koltschak im Juni das Kommando entzogen. Im August ging er nach England ins Exil und bereiste auch die USA. 1918 reiste Koltschak, in Absprache mit den Briten, über den russischen Fernen Osten nach Sibirien. Er sollte den Kampf gegen die Bolschewiki im Russischen Bürgerkrieg von dort aus organisieren. In Sibirien rekrutierte Koltschak im November 1918 als Kriegs- und Marineminister der in Omsk residierenden „Sibirischen Regierung“ eine Armee, die sogenannte “Koltschak-Armee”. Er leitete mit materieller Hilfe aus Großbritannien und Frankreich zunächst erfolgreich den Kampf gegen die Rote Armee in Sibirien bis April 1919. Seine Truppen als Teil der „Weißen Armee“ drangen bis Kasan und über die Wolga vor und brachten der “Roten Armee” einige bedeutende Niederlagen bei.

Hintergangen?
Durch ein Doppelspiel der Entente, die gleichzeitig zur Unterstützung der “Weißen Armee” auch parallel einen “modus vivendi” mit den Bolschewiken aushandelten, die unhaltbar lange Front und politische Intrigen erlitt Koltschaks Armee aber bei Samara eine schwere Niederlage gegen die Rote Armee. Am 14. November 1919 mußte Omsk geräumt werden. Koltschaks Armee und die alliierten Militärmissionen in Sibirien sowie 200.000 Zivilisten zogen, zumeist zu Fuß, über den Sibirischen Trakt nach Osten, und am 14. Jänner 1920 ließen die Franzosen Koltschak in Nischneudinsk ultimativ „unter alliierten Schutz“ stellen. Die Tschechoslowakischen Legionen brachten ihn nach Irkutsk. Der Stadtrat von Irkutsk wurde kurz darauf von den Bolschewiki übernommen, die Koltschak dann ohne Gerichtsverfahren exekutierten.

Nach seinem Tod
In der Sowjetunion galt Koltschak in der historischen Wahrnehmung als reaktionäre Marionette ausländischer Mächte. Jenseits der seinerzeitigen Beurteilung aus sowjetischer Sicht ist Koltschak im modernen Rußland immer noch eine der umstrittensten historischen Persönlichkeiten. Zwei Rehabilitationsanträge wurden von einem regionalen Militärgericht im Jahr 1999 und vom Obersten Gerichtshof der Russischen Föderation im Jahr 2001 abgelehnt. Denkmäler, welche Koltschak gewidmet sind, wurden 2002 in Sankt Petersburg, 2004 in Irkutsk und 2016 in Omsk errichtet. Vor allem seine enge Zusammenarbeit mit Großbritannien während des Bürgerkrieges und die von ihm in die Entente – letztlich vergeblich – gesetzte Hoffnung auf einen Widerstand gegen den Kommunismus wird teilweise kritisch betrachtet.

Beitragsbild: Admiral Koltschak während des Bürgerkrieges um 1919. Urheber unbekannt.

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