von Achim Baumann

Alternative Medien, deren Stoßrichtung nicht zum Mainstream gehört, gibt es mittlerweile viele. Das ist auch gut so. Eine ganz besondere feiert nach langen Jahren des Nichterscheinens nun sogar schon ihre zweite „neue“ Ausgabe. Es ist die „wir selbst“. Nicht bekannt? Das wundert nicht, war die „wir selbst“ doch schon immer etwas anders. Sie selbst äußerst sich so: „wir selbst ist ein Zeitschriftenprojekt, das sich vorrangig für die Bewahrung, Stärkung und Weitergabe unserer nationalen Identität einsetzt. Erst wenn wir uns der Bedeutung und des Wertes unserer Identität als Volk wieder bewußt werden, gibt es eine Grundlage für den gemeinsamen politischen Willen zur Wahrnehmung und Durchsetzung unserer nationalen Interessen.“ Das hört sich in bestimmten Kreisen nicht unüblich an. Doch die „wir selbst“ war stets eine Plattform für „Linke Leute von Rechts“, wie es früher häufig hieß. Kein Wiunder, der Wegbereiter des Begriffs „Ethnopluralismus“ Henning Eichberg (1942-2017) schrieb hier genauso wie zahlreiche Ex-Linke, konservative Grüne und Verfechter eines neuen Aufbruchs innerhalb der Rechten. So heißt es auf der Internetseite wir selbst zur Zeitschrift: „Wir verstehen unsere Zeitschrift als nonkonforme Denkwerkstatt, in der Autoren, Mitarbeiter und Förderer aus der demokratischen Rechten wie demokratischen Linken miteinander uneinig oder einig sein können. Wir wünschen uns Debatten, Diskussionen und auch harte intellektuelle Auseinandersetzungen um die wesentlichen Fragen unseres Volkes und unserer Nation.“

Das Titelblatt der aktuellen Ausgabe.

Eine Publkation mit diesem Anspruch hat es nicht leicht, so wollen die meisten Linken ja gar nicht erst mit Rechten sprechen – zumindest ist das heute so. Wer früher einmal für das Magazin schreibt, liest hier durchaus interessante Namen. In der aktuellen Ausgabe ist es erneut gelungen, hervorragende Autoren zu gewinnen, allerdings zumeist aus dem bekannten rechtstehenden demokratischen Feld. Das Hauptthema der aktuellen Ausgabe ist: „Die Wiederkehr der Geopolitik und die deutschen Interessen“. In einem Exklusivbeitrag analysiert Generalmajor Schultze-Rhonhof die deutsche Strategie im Ukraine-Krieg und kommt zu einem vernichtenden Urteil über die gesamte Sicherheitspolitik des Westens. Der General plädiert für einen schnellstmöglichen Interessenausgleich der beiden Kriegsparteien und zugleich für eine Lösung Deutschlands aus seinen teuren und kriegsriskanten Bündnispflichten. Herbert Ammon untersucht in einem kenntnisreichen Artikel die Aktualität des Begriffs „Geopolitik“ für die heutige Politik, indem er einen weiten geistes- und realgeschichtlichen Überblick von den Anfängen im 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart präsentiert. Prof. Dr. Felix Dirsch widmet sich in seinem großen Beitrag der älteren Tradition der deutschen Geopolitik und kommt zu einem ambivalenten Urteil dieser Disziplin und ihrer Vertreter. Prof Dirsch zeigt in seinem faszinierenden Überblick, wie sich aus der früheren, jedem politisch Verantwortlichen bewußten Verbindung von Territorialität, Volk und Staat heute in Deutschland eine verhängnisvolle Manie der Dekonstruktion und der Auflösung dieser so überlebenswichtigen Zusammenhänge entwickelt hat. Manfred Kleine-Hartlage analysiert Carl Schmitts „Völkerrechliche Großraumordnung mit Interventionsverbot für raumfremde Mächte“ und verweist auf das Dilemma, daß das Partikulare, das sich in den unterschiedlichen Kulturen der Völker zeigt, als Gegenkraft zum Universalismus und Globalismus wohl kaum mit hegemonialen Zwangsläufigkeiten innerhalb einer Großraumordnung in Einklang zu bringen ist. Dr. Wilfried Knörzer bietet einen umfassenden Rückblick auf den Kolonialismus. Die Gegensätze zwischen Land- und Seemächten werden ebenso behandelt wie ökonomische, ideologische und soziologische Voraussetzungen, die erst das Streben nach kolonialer Raumeroberung verständlich machen. Es folgen Interviews mit Thomas Fasbender (Putin-Biograph) über die Bedeutung der „Neuen Rechten“ und der baskischen Politikerin Mireia Zarate Agirre, die den Widerstand gegen den Globalismus als zentrales Anliegen ihres Kampfes für baskische Selbstbestimmung ansieht. Dr. Christian Böttger beschreibt den Weg der Rußlanddeutschen von einer ethnischen Gruppierung zu einer nationalen Minderheit. Dr. Jens Woitas analysiert die Kriegsgefahren, die sich aus dem fundamentalen Gegensatz von Globalismus und Partikularismus ergeben. Klaus Kunze nimmt sich in zwei Artikeln die globale Aggressivität des Finanzliberalismus vor. Dr. Florian Sander behandelt das Thema Menschenwürde im Zusammenhang mit dem Atomisierungstotalitarismus der Mitte.

Das Magazin ist eine sinnvolle Ergänzung zu anderen Publikationen und wird, wenn sie weiterhin nicht nur auf lagerbekannte Autoren setzt, sicherlich den Geschmack einer Eigenmarke aufrecht erhalten können.

Das komplette Inhaltsverzeichnis und die Bestellmöglichkeit findet sich hier. Und hier findet sich die erste Ausgabe (Nr. 52 / 1-2022) des Jahres 2022 mit dem Hauptthema „Rußlands Krieg in der Ukraine“.

 

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