Von Jan Ackermeier

Am 22. Oktober 1797 führte André-Jacques Garnerin in Paris den ersten dokumentierten Fallschirmsprung eines Menschen durch. Ballonfahrten faszinierten die Öffentlichkeit, endeten jedoch häufig gefährlich, weil eine sichere Landung fehlte. Garnerin konstruierte deshalb einen Fallschirm aus Seide, dessen Form an einen großen Regenschirm erinnerte. Ziel war eine verläßliche Abbremsung des Falls, ohne an den Ballon gebunden zu sein. Die Stadt bildete die Bühne, das Publikum wartete mit gespannter Aufmerksamkeit, und die Behörden hatten den Versuch genehmigt. Garnerin stieg an diesem Tag mit einem Gasballon auf und trennte in der Höhe den Korb samt Schirm vom Ballon. Der Fallschirm öffnete sich ruckartig, der Korb geriet ins Pendeln und drehte sich spürbar. Der Sinkflug war dennoch deutlich langsamer als ein freier Fall. Windböen ließen die Kappe schwanken, doch der Schirm hielt. Schließlich setzte der Korb hart, aber ohne tödliche Folgen auf einer Wiese auf. Garnerin blieb unverletzt und gab der Menge ein Zeichen. Der Versuch war gelungen und wurde von vielen Zeugen beobachtet.

Damaliger Popstar
Der Sprung machte Garnerin in Europa bekannt und löste weitere Vorführungen aus. Aus dem Einzelversuch wurde eine Serie praktischer Tests, an denen später auch Schüler und seine spätere Ehefrau Jeanne-Geneviève teilnahmen. Konstruktion, Aufhängung und Material wurden schrittweise verbessert. Aus einem kühnen Experiment entstand ein nutzbares Gerät, das den kontrollierten Abstieg aus großer Höhe erlaubte. Damit begann die Geschichte des Fallschirms als eigenständiges Rettungsmittel. Die Wirkung dieses Ereignisses reicht in die Gegenwart. Der Fallschirm rettet bis heute Leben, etwa bei Notausstiegen von Piloten, bei Rettungsabsprüngen und im Ausbildungssprungdienst. Das Grundprinzip des strömungsgetragenen Bremsens prägt auch andere Felder. Raumkapseln und wissenschaftliche Sonden nutzen Schirme in dichten Atmosphären, um Geschwindigkeit abzubauen und eine Landung vorzubereiten. Der Pariser Sprung von 1797 war damit nicht nur eine technische Premiere, sondern auch ein Ausgangspunkt für Verfahren, die Sicherheit in Luft- und Raumfahrt erhöhen.

Beitragsbild / Symbolbild: Das jüngere Ich des Verfassers dieses Beitrags (vorne links) beim 5. Fallschirmsprung in der Sprungausbildung im Jahr 2001; Bild oben: Fallschirmsprung von André-Jacques Garnerin 1797 (Sammelkarte von etwa 1890). Urheber unbekannt.

Abonnieren Sie auch unseren Telegram-Channel unter: https://t.me/Freiburger74Standard

Treten Sie dem Freiburger Standard bei

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.