Von Brutus Crombie

Am 6. Dezember ist wie jedes Jahr Nikolaus. Das erfreut bekanntermaßen eher Kinder. Für an Politik interessierte Erwachsene ist das diesjährige Datum aber auch etwas Besonderes. Ab dem Tag nämlich wird es keine Fraktion der Linkspartei mehr im Deutschen Bundestag geben. Und auch die neue Bewegung um Sahra Wagenknecht schwächelt noch. Wird ihrer Bewegung doch das Ende der Fraktion zugerechnet, nachdem sie und neun weitere Abgeordnete ihren Austritt aus der Fraktion und die Gründung einer Konkurrenzpartei erklärt hatten. Und einer Fraktion dürfen eben nur Vertreter von Parteien angehören, die sich nicht gegenseitig Konkurrenz machen. Da ohne Wagenknecht und Co. nur 28 von 37 Abgeordnete der Linken* übrig bleiben, kann der Fraktionsstatus nicht gerettet werden. So muss eine Fraktion 5 Prozent oder mehr aller Bundestagsabgeordneten umfassen. Daher wird es nur noch eine Gruppe der Linkspartei geben. Ein Glück, oder?

Sie gehörte bislang dazu
Fest steht: Die Linkspartei war die umbenannte SED. Sie war keine Nachfolgepartei, sondern hat sich lediglich – nach der Fusion mit der WASG – umbenannt. Trotzdem wird sie vom Mainstream hofiert. Ihre Vertreter werden zu Talkshows eingeladen – AfD-Vertreter kaum. Sie kann trotzdem ungestört in linksradikalen, zu, Teil militanten Bündnissen mitwirken, wird aber vom politisch-medialen Komplex nicht ausgegrenzt. In dieser Woche wurde beispielsweise bekannt, dass ein Linken-Politiker mit Palästinenser-Flagge am Holocaust-Mahnmal posierte. Hätte das mal ein Politiker der AfD gemacht, die Meldungen dazu würden sich überschlagen. Auch dass ganz öffentlich auf dem zurückliegenden Parteitag ein Linksparteimitglied und DGB-Funktionär erklärte, wie man in Antifa-Manier politische Gegner drangsaliert, ist und war für den politischen Mainstream nie ein Grund, die Linkspartei irgendwie auszugrenzen. Die Kommunistische Plattform ist auch heute noch ein lebhafter Zusammenschluß innerhalb der Linkspartei. Unfassbar ist es, dass man eine Interessenvereinigung einer politischen Strömung, der man ohne Probleme weit über 100 Millionen Tote zurechnen kann, mehr oder weniger kritiklos innerhalb der Linkspartei zulässt. Alles kein Problem, sogar Koalitionen wie ehedem in Bremen und Berlin waren für Grüne und SPD möglich. Aber gegen andere gibt es eine Brandmauer…

Petra Pau bleibt trotzdem Vizepräsidentin
Wie eng die Linkspartei mittlerweile mit dem politischen System verbandelt ist, sieht man am Fall Petra Pau. Steht der Linkspartei nach dem 6. Dezember noch eine  Bundestagsvizepräsidentin zu? Nein! Man erinnere sich: Obwohl der AfD ein solcher Posten zusteht, wird seit Beginn der Legislatur jeder Kandidat der Partei verhindert. Es gibt einen Schulterschluß von Linksaußen bis inklusive der CSU. Nun könnte man ja denken, der Posten der Bundestagsvizepräsidentin würde für die Linkspartei nun wegfallen. Aber nein. Zwar empfiehlt die Union einen Rücktritt, aber die anderen wollen das nicht. So erklärte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), Pau sei ja vom Bundestag mit großer Mehrheit für die gesamte Dauer der 20. Wahlperiode in das Amt berufen worden. Für ihre Arbeit im Präsidium des Bundestages und als Vorsitzende der Inneren Kommission des Ältestenrates genieße die Linken-Politikerin „nicht nur fraktionsübergreifend, sondern auch meine ganz persönliche hohe Wertschätzung und Anerkennung“.  Man ist der Linkspartei gefällig, ein klarer Beweis dafür, wie verzahnt die Partei mit den Herrschenden ist. Die AfD dagegen versucht weiterhin regelmäßig ein Fraktionsmitglied als Bundestagsvize durchzubekommen – leider ohne Erfolg.

Wie geht es weiter?
Angeblich gibt es derzeit zahlreiche Eintritte. Es soll sogar gleich doppelt so viele Eintritte wie Austritte geben, heißt es bei der ZEIT. Aber ob die Parteigranden das wirklich begrüßen, ist fraglich. Denn wie die Frankfurter Rundschau (FR) berichtet, treten vermehrt „Aktivisten“ ein, so schreibt die FR: „Aktivisten treten reihenweise in die Linke ein. Sie wollen eine fundamental-oppositionelle Partei“. Das scheint ja interessant zu werden, die Linkspartei wird linksextremistischer und das Bündnis Wagenknecht (BSW) muss sich dann einen Platz zwischen alter Linkspartei und SPD erkämpfen.

Zwei linke Gruppen
Nachdem die Linkspartei als Gruppe im Bundestag weitermachen möchte, wird sich auch das Bündnis Sarah Wagenknecht als Gruppe formieren. Man hat dann zwar zwei linke Gruppen im Bundestag, aber die Schlagkraft dürfte trotzdem stark dezimiert sein. Geld und Ressourcen gibt es zwar in der Regel auch für Gruppen, aber deutlich weniger als für Fraktionen. Immerhin erhielt die Linksfraktion im Jahr 2022 rund 11,5 Millionen Euro für ihre Arbeit und hatte Personalausgaben von rund 9,3 Millionen Euro, so der Bundestag. Derzeit arbeiten noch 108 Mitarbeiter für die Fraktion, deren Kündigung erst Ende März 2024 wirksam wird. Und dann wird es darum gehen, dass die Gruppen überhaupt anerkannt werden. Denn eine Gruppe kann sich nur bilden, wenn der Bundestag zustimmt. Aber wenn noch nicht einmal Petra Pau als Bundestagsvize abgewählt wird, kann man sich denken, dass eine Anerkennung der beiden linken Gruppen nur eine Formalie sein wird. Wie wäre das wohl bei der AfD gewesen?

* Ausgetreten sind: Sahra Wagenknecht, Amira Mohamed Ali, Ali Al-Dailami, Sevim Dağdelen, Klaus Ernst, Andrej Hunko, Christian Leye, Żaklin Nastić, Jessica Tatti und Alexander Ulrich.

Beitragsbild / Symbolbild: Heying HUA, Bild oben: nitpicker, alle Shutterstock.com

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