Von Klaus Schäfer

Teil 1 findet sich hier.

Teil 2:

Die Folgeverhandlung im Verfahren gegen den Leiter zahlreicher Demonstrationen im Zusammenhang mit den Covid-Erlassen wurde am Montag, 23. Oktober, im Amtsgericht Freiburg am Holzmarktplatz geführt. Wie schon im ersten Teil des Prozesses wurde die Staatsanwaltschaft durch die Staatsanwältin Tülke vertreten und die Vorsitzende war Richterin Dr. Herbert. Der Angeklagte, W. verteidigte sich selbst. Bei der zweiten Verhandlung wurde er durch einen Beistand aus der Schweiz, RA M., in einem der Anklagepunkte unterstützt. Wie beim ersten Verhandlungstag wurde Saal 3 genutzt, wohl um dem reichen Zuschauerandrang mit seinen etwa 60 Sitzplätzen Rechnung zu tragen. Dieser Bericht ist kurz gefasst, da die Anklagepunkte schon im ersten Artikel zu dieser Verhandlung beschrieben wurden. 

Vorstellung des Angeklagten und seiner Aktivitäten durch ihn selbst
Wie üblich bei diesen Verfahren wurde dem Angeklagten Zeit gegeben, sich zur Sache, zu seinen Motiven und zu seinen Aktivitäten zu äußern. Er habe sich über drei Jahre hinweg unermüdlich für das Allgemeinwohl eingesetzt. Etwa 3000 Stunden seien es wohl gewesen. Hass- und Drohbriefe habe er erhalten. Er habe nicht für Partikularinteressen gestritten, sondern habe die freiheitliche Grundordnung in Gefahr gesehen. Angetrieben habe ihn die Sorge um das Allgemeinwohl. Die Würde des Menschen sei durch die Einschränkungen der Regierung millionenfach verletzt worden. Alte in Heimen und Kinder seien durch die Maßnahmen isoliert, Kinder häufig traumatisiert worden. W. zitierte Bertolt Brecht:

“Wenn Unrecht zu Recht wird, so wird Widerstand zur Pflicht“.

Es habe keine „Notlage von nationaler Tragweite“ vorgelegen, die Voraussetzung für die Maßnahmen gewesen wäre. Er verwies darauf, dass nach offiziellen Statistiken etwa 50 Tausend Menschen „an oder mit“ Corona in Deutschland gestorben seien. Exemplarisch berichtete er von Menschen, die nicht an Covid, sondern durch andere Umstände, zum Beispiel durch einen Unfall, gestorben seien und die aufgrund der Tatsache, dass der Covid-Test nach deren Ableben positiv war, als „an oder mit Covid Verstorbene“ eingestuft wurden. Ferner verwies er auf die beiden Bundesstaaten der USA, Nord- und Süddakota. Der eine von beiden hatte die Maßnahmen umgesetzt, der andere nicht, und im Ergebnis habe sich ein paralleler Verlauf des Covid-Geschehens ergeben. 

Antrag des Angeklagten auf Ladung weiterer Zeugen
Dem Antrag des Angeklagten, weitere Zeugen zu laden, war vom Gericht nicht stattgegeben worden. Bei den gewünschten Zeugen handelte es sich um hohe Vertreter der Freiburger Polizei, die die Gespräche zwischen der Polizeiführung und dem Veranstalter der Demonstrationen auf der Polizeiseite geführt hatten. Diese den Demonstrationen vorangehenden Sitzungen hatten den Zweck, die Kundgebungen im Rahmen der Vorgaben der Stadt Freiburg möglichst reibungsfrei durchführen zu können. In diesem Zusammenhang zitierte W. einen der gewünschten Zeugen, der hätte bestätigen können, dass er, der Angeklagte, sich stets kooperativ gezeigt und die Anweisungen der Polizei umgesetzt habe.

Wegfall eines der Anklagepunkte
Wie im ersten Artikel über dieses Verfahren beschrieben, wurde W. wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angeklagt. W. war am Ende einer Kundgebung angeblich gegen einen in einer Polizeikette stehenden Polizisten gerannt und habe diesem so Schmerzen zugefügt. Aufgrund der unklaren Beweislage wurde dieser Anklagepunkt vom Gericht fallengelassen.

Das Urteil
In ihrem Plädoyer forderte die Staatsanwältin eine Geldstrafe von 200 Tagessätzen zu je 40 Euro. Die Vorsitzende Richterin kam dem weitgehend entgegen, indem sie eine Gesamtstrafe von 7200 Euro aussprach. Abschließend bestätigte sie die Rechtmäßigkeit der seinerzeitigen Corona-Maßnahmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist davon auszugehen, dass der Angeklagte in Berufung gehen wird.

Hintergrund
Wie im ersten Artikel zu diesem Prozess beschrieben, hatte W. etwa 100 Kundgebungen, teilweise mit mehreren tausend Teilnehmern, geleitet. Es kam zu keinen Ausschreitungen, zu keiner Gewalt, stets schützte die Polizei die Demonstrationsteilnehmer, indem sie am Rande der Demonstrationszüge mitging. Abgesehen von dieser einen einzigen, hier verhandelten Demonstration hatte der Angeklagte die Auflagen der Stadt Freiburg nach Rücksprache mit der Polizei stets umgesetzt. Nur in einem einzigen Fall kam er gegen Ende einer Kundgebung mit nur etwa 250 Teilnehmern dem nicht entgegen, indem er zum Abnehmen der Masken aufrief. Zuvor gab er dem verantwortlichen Polizisten sein Mikrofon, durch welches dieser die Teilnehmer zum Maskentragen ermahnte. Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als die allgemeine Maskenpflicht schon aufgehoben worden war, also die Menschen auch in der Innenstadt keine Masken mehr tragen mussten.

Was unklar bleibt
Völlig unklar war für das Publikum der Fall, in welchem W. vom Gericht als Leiter einer spontanen, nicht angemeldeten Kundgebung bezeichnet wurde. Ein Beweis, dass er der Leiter dieser Minidemonstration war, konnte weder von der Staatsanwaltschaft noch vom Gericht erbracht werden. Dennoch wurde er als Leiter dieser Kundgebung zu einer Geldstrafe verurteilt. Siehe auch den ersten Artikel hierzu.

Ein paar Gedanken
Paradox war auch der Fall, in welchem sich W. in einem öffentlichen Bus geweigert haben soll, die Maske zu tragen und infolgedessen von den Staatsorganen gegen seinen aktiven Widerstand aus dem Bus entfernt worden war. Gewiss, hier war die Situation eindeutig, die Darstellung der als Zeugen vorgeladenen Polizisten, die W. aus dem Bus gezogen hatten, ergab mit der von W. vorgebrachten keine wesentlichen Unterschiede. Im Verfahren schilderte W., dass, als er von der Polizei in deren Fahrzeug abgeführt wurde, dort keine Masken getragen wurden. Dies sei nicht vorgeschrieben, und dies obwohl in einem Personenkraftwagen die Menschen deutlich enger als in einem fast leeren Bus zusammensitzen. Wo ist hier noch die Logik? Dies alles berücksichtigend kann wohl von einem sehr harten Urteil gesprochen werden. War ein solches Urteil erforderlich, um als Musterurteil für weitere Verurteilungen im Zusammenhang mit Verstößen gegen die damaligen Einschränkungen der persönlichen Freiheit zu dienen, gerade auch bei Demonstrationen gegen die Covid-Maßnahmen?

Beitragsbild / Symbolbild: corgarashu / Shutterstock.com, ganz oben: Salivanchuk-Semen / Shutterstock.com und weiter unten: icedmocha / Shutterstock.com

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