Von Dario Herzog
Mit Beschluss vom gestrigen Tag hat das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen einem Eilantrag der AfD stattgegeben. Das VG hat die Stadt Essen verpflichtet, auf die Messe Essen GmbH einzuwirken, der AfD den Zugang zum Parteitag in der Grugahalle ohne die im Ratsbeschluss vorgesehenen Bedingungen zu verschaffen, da das Vorgehen der Stadt offenkundig rechtswidrig war. Das war erwartet worden, denn der CDU-Bürgermeister wollte sich offenbar als engagierter Antifaschist darstellen – zulasten der Steuerzahler. Nun ist gegen ihn Anzeige erstattet worden. Pikant: Der Bürgermeister ist ein typischer Vertreter der CDU, mit der die NRW-AfD in naher Zukunft unbedingt koalieren möchte. Der Fall zeigt erneut, wie naiv führende AfD-Vertreter sind.
Nach der Europawahl ist vor dem Parteitag
Eigentlich war es klar: AfD und Messe Essen GmbH hatten bereits im Januar 2023 einen Vertrag über die Nutzung der Halle für den kommenden Bundesparteitag Ende Juni 2024 abgeschlossen. Mit Schreiben vom 29. Mai 2024 forderte die Messe Essen GmbH die AfD nun auf, eine neue Regelung zu akzeptieren, wonach sich die AfD verpflichten solle, “die Verwendung und Verbreitung von strafbaren Äußerungen wie der SA-Parole “Alles für Deutschland” und andere strafbare Handlungen im Sinne der §§ 86 und 86a StGB durch Teilnehmerinnen und Teilnehmer oder Besucherinnen und Besucher des 15. Bundesparteitages der AfD” zu verhindern”. Zuwiderhandlungen sollten unverzüglich und wirksam unterbunden werden, mit der Maßgabe, “dass für jeden Fall einer schuldhaften Zuwiderhandlung gegen die Selbstverpflichtung durch die AfD eine Vertragsstrafe in Höhe von bis zu 500.000 EUR zu zahlen” sei. Für den Fall, dass diese Erklärung nicht bis spätestens zum 4. Juni 2024 abgegeben werde, drohte die Messe Essen GmbH der AfD zudem an, dass der “Mietvertrag vom 20. Januar 2023 unverzüglich aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos zu kündigen beziehungsweise von diesem zurückzutreten und sicherzustellen” sei.
Selten dämliche Forderungen des Rates der Stadt Essen
Dem war eine entsprechende Weisung durch die Gesellschafter der Messe Essen GmbH aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 29. Mai 2024 vorausgegangen. Mehrheitsgesellschafterin der Messe Essen GmbH ist nämlich die Stadt Essen. Deren Oberbürgermeister, Thomas Kufen (CDU), hatte erst am 28. Mai einen entsprechenden Antrag in den Rat der Stadt Essen eingebracht, dem der Rat in seiner Sitzung am 29. Mai mehrheitlich zugestimmt hatte – trotz eines vorsorglich übermittelten anwaltlichen Warnschreibens der AfD vom gleichen Tag.
“Als Rechtsstaatspartei ist es selbstverständlich unser ureigenstes Interesse, dass niemand auf unseren Parteitagen Straftaten begeht – das gilt erst recht für rechtsextreme Parolen. Unsere Partei agiert hier nach Recht und Gesetz – und das Gesetz kennt für eine etwaige Strafverfolgung hierfür eigens zuständige Behörden, nämlich Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte. Es bedarf also keiner vertraglichen Regelung mit der Stadt Essen. Sollten sich indes Stadt und Messe weiterhin nicht rechtskonform verhalten wollen, werden wiederum wir unverzüglich gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen”,
erklärte Peter Boehringer, stellvertretender AfD-Bundessprecher, sofort nach Bekanntwerden der Forderung – und daraufhin klagte die AfD vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.
Nur Klagen hilft noch weiter
Und vor dem VG Gelsenkirchen holte sich der CDU-Oberbürgermeister Thomas Kufen wahrlich eine fette Klatsche: Das VG Gelsenkirchen gab dem Eilantrag der AfD statt. Die Stadt muss nun auf die Messe Essen GmbH einwirken, die den ursprünglichen Vertrag erfüllen muss. Aber der Fall zeigt exemplarisch wieder einmal überdeutlich, dass politische Amtsträger, Behörden und staatliche Einrichtungen gerne gegen das Neutralitätsprinzip verstoßen und auch gerne Steuergeld förmlich vernichten. Denn offenbar gab es genug juristischen Sachverstand, der dem Bürgermeister vorher klipp und klar gesagt hatte, dass eine solche nachträgliche Forderung, nach Abschluß des Mietvertrages, rechtswidrig sei. Dennoch beharrte dieser auf seinem Standpunkt, was die Stadt Essen nun eine Menge Geld kosten wird. Ist ja nicht seines, wird er sich gedacht haben. Aber da könnte er sich zu früh gefreut haben. So befand der Medienrechtsanwalt Dr. Höcker auf X, vormals Twitter:
„Haltung“ zeigen auf Kosten anderer ist immer leicht: Es ist ja nicht das Geld des Essener OB Kufen, das hier sinnlos und mit Ansage verbrannt wurde. Drei Rechtsgutachten hatten ergeben, dass die Messegesellschaft von Essen den Vertrag zum AfD-Parteitag nicht kündigen konnte. Anstatt dies zu akzeptieren gab man in Essen noch einmal 5000 Euro für das Gutachten eines Soziologen und Anti-AfD-Aktivisten ohne juristische Fachkenntnisse (!) aus. Das half Stadt und Messe vor Gericht nun erwartungsgemäß nicht. Gerichtskosten wird Essen jetzt auch noch tragen müssen. Eine solche bewusste Vergeudung von Steuergeldern nenne ich strafbare Untreue im Amt.”
Und der prominente Anwalt versprach, dass deshalb eine Anzeige wegen “Vollendeter Untreue” erstattet worden sei. Hoffen wir, dass der Rechtsstaat nun ein Exempel statuieren wird. Denn gegenüber rechten Veranstaltungen und Versammlungen wie Demonstrationen neigen Stadtobere, Polizeiverantwortliche und sonstige staatliche Behörden seit Jahrzehnten und auch heute noch regelmäßig dazu, offenkundig rechtswidrige Verbote und verbotsähnliche Maßnahmen zu verhängen. Der Beifall des politisch-medialen Komplexes ist ihnen dann sicher. Davon können auch Kritiker von Corona-Maßnahmen ein Lied singen. Wenn es Gerichte gäbe, die diese offenkundigen Rechtswidrigkeiten und die damit zusammenhängenden vermeidbaren Kosten vor Gerichten und für Anwälte als Untreue einstufen würden, wäre dem Rechtsstaat sehr gedient.Zieht die AfD den richtigen Schluss aus der Sache?
Der Parteitag findet also definitiv in Essen statt. Und Essen liegt bekanntlich in Nordrhein-Westfalen. Der dortige Landesverband macht sich nach mehrfachen Aussagen seines Landesvorsitzenden Martin Vincentz für eine Regierungsbeteiligung, für eine Koalitionsbeteiligung fit. Das ist einfach naiv und absurd. Das Beispiel des CDU-Bürgermeisters von Essen zeigt deutlich, dass selbst CDU-Vertreter zur Volksfront der anderen gehören. Wer die CDU unter Wüst kennt, weiß, dass dieser niemals ohne Not mit der AfD eine Koalition eingehen würde. Aber wird die liberalkonservative Seilschaft um die drei Landesvorsitzenden von Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz das verstehen? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt…
Beitragsbild / Symbolbild und oben: anweber / Shutterstock.com
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