Ein Meinungsbeitrag von Roderich A.H. Blümel

Der Südwestrundfunk bereitet aktuell eine Sendung über Mitarbeiter der AfD vor. Investigativ und unterstützt durch die üblichen Stellen wird emsig recherchiert, ob der eine oder andere Mitarbeiter vielleicht in anderen politischen Organisationen tätig war, die auf der Unvereinbarkeitsliste stehen. Auch Mitarbeiter bestimmter studentischer Traditionsvereine sind ins Fadenkreuz der woken Journalisten geraten. Wird das etwa die nächste Sau, die – rechtzeitig vor den Wahlen – noch schnell durchs Dorf getrieben wird, um die Wahlergebnisse für die AfD zu minimieren? Ein Grund, den Mitarbeiter, der in der AfD für Abgeordnete tätig ist, ins Gedächtnis zu rufen. Denn der Umgang mit Mitarbeitern ist nicht immer so, wie man sich das denkt.

Die AfD und die Macht der Mitarbeiter
Es wird viel erzählt, berichtet und gejammert über Mitarbeiter der AfD-Mandatsträger. Mandatsträger würden ihre Mitarbeiter überall als Delegierte positionieren, um Mehrheiten zu generieren. Mitarbeiter würden in die Kreisvorstände eingesetzt, um die eigene Macht abzusichern. Mitarbeiter seien durch ihre finanzielle Abhängigkeit politische Verfügungsmasse. Und so weiter und so fort. Mitunter treffen diese Vorwürfe auch zu, in manchen Landesverbänden mehr als in anderen, auf manchen Mandatsebenen eben mehr als auf anderen. Und es ist die Frage, ob ein Mitarbeiter eingestellt wurde, um konkrete Arbeit zu leisten oder um Mehrheitsverhältnisse im heimischen Wahlkreis „sicherzustellen“. Das ist auch in etablierten Parteien gang und gäbe. Dennoch ist die Zahl derjenigen, die über die nötigen Eigenschaften verfügen, um im Parlamentsalltag den Anforderungen gerecht zu werden, nicht allzu groß. Da muss schon die Frage berechtigt sein, ob eine große Anzahl von Abgeordneten nur andere „belohnen“. In einem westlichen Bundesland wurde kürzlich ein Abgeordneter von seiner Fraktion dazu „verdonnert“, seine Ehefrau nicht weiter zu beschäftigen. Sie ist nun Mitarbeiterin einer anderen Abgeordneten geworden. Seriös geht anders …

Es hätte anders kommen können
Und doch ist das Verhältnis vom Politiker zum politischen Mitarbeiter keine Einbahnstraße, auf der der Mist naturgemäß von unten nach oben rollt. Ein guter Mitarbeiter und dessen Ideen beziehungsweise die Abwesenheit guter Ideen bei einem schlechten Mitarbeiter können durchaus über das politische Wohl und Wehe einer politischen Karriere entscheiden. Zu Neujahr 2020 trennten sich beispielsweise Jörg Meuthen und sein Mitarbeiter Tomasz Froelich. Meuthens Ansehen in der Partei stürzte – natürlich nicht nur deswegen –  anschließend binnen kürzester Zeit ins Bodenlose ab. Froelich muss ein feines Gespür dafür gehabt haben, wohin Meuthen sich durch regelmäßige inhaltliche Fehlentscheidungen entwickelte. Hätte Meuthen mehr auf Froelich und dessen untrüglichem parteiinternen Riecher gehört, könnte er heute vielleicht immer noch Parteivorsitzender sein. Aber das ist naturgemäß reine Spekulation.

Der Umgang mit Mitarbeitern kann auch die Gesundheit schwächen
Dem Abgeordneten ist oftmals nicht klar, wie er seine Mitarbeiter wertschätzen sollte. Dabei muss sich jeder darüber im Klaren sein, dass eine spätere Tätigkeit außerhalb der Politik schwer sein kann, wenn man sich mit Unterlagen bewerben muss, in der der frühere Arbeitgeber „AfD“ steht. Sind die Abgeordnetenmitarbeiter also alles Sado-Masochisten? Nein, es gibt unzählige Idealisten darunter. Und die rackern sich oftmals erheblich ab. Das kann dazu führen, dass die Gesundheit mitunter leidet. Ein Beispiel? Zwei bekannte Mitarbeiter von Alice Weidel haben durch taktische und strategische Beratung entscheidend zum Erfolg ihrer Arbeitgeberin beigetragen. Die Gesundheit beider Herren ist aber im Laufe dieser Tätigkeit stark in Mitleidenschaft gezogen worden, was den Fraktionskollegen im Bundestag immer stärker auffällt. Und die nachlassende Klugheit der politischen Entscheidungen von Frau Weidel bewegt sich fast kongruent zum nachlassenden Gesundheitszustand ihrer Mitarbeiter, könnte man meinen. Wollen wir hoffen, dass beide Herren bald wieder vollauf zu Kräften kommen. Wer zur Zeit fast allabendlich durch die Talkshows pilgert und das Gesicht der Partei darstellt, ist jedenfalls nicht Frau Weidel, sondern Tino Chrupalla. Und der benötigt offenbar keine Spickzettel, die Mitarbeiter für ihn angefertigt haben.

Wenn ein politisches Eigenleben aneckt
Man sieht, die Mitarbeiter spielen eine tragende Rolle für den Erfolg „ihrer“ Abgeordneten. Daher sollten fähige Mitarbeiter wie rohe Eier behandelt werden. Manche Politiker verstehen das allerdings anders und sehen in den Mitarbeitern allzu einfach ersetzbare Erfüllungsgehilfen, die gefälligst zu spuren haben.

Pflege und Hege
Wie dem auch sei, die Mitarbeiter der Bundestagsfraktion sind durch einen Betriebsrat ein wenig besser geschützt, obwohl es ein langer Weg dorthin war. Und einge Arbeitsrechtsprozesse haben dem Fraktionsvorstand in Berlin auch schon aufgezeigt, was gar nicht geht. Da hängt das Wohl der Mitarbeiter der Abgeordneten vom Wohl der direkten Arbeitgeber ab. Das sollten die Abgeordneten nicht so leicht vergessen. Denn – wie bereits erwähnt – Mitarbeiter haben auch Macht. Und gelegentlich wird der Mitarbeiter auch Abgeordneter und sitzt dann auf der anderen Seite des Schreibtischs. Und wer einen Mitarbeiter besonders schlecht behandelt, wird gemerkt. Das spricht sich schnell rum. Das sollten die Abgeordneten nicht vergessen!

Beitragsbild / Symbolbild: Nitpicker; Bild oben: Juergen Nowack / beide Shutterstock.com

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