Von Brutus Crombie

Die Diskussionen über AfD-Kandidaten zur sogenannten “Europawahl”, die eigentlich lediglich eine Wahl zum EU-Parlament ist, gleicht einem Würfelspiel. Waren mal die Namen “Bausemer” und “Khan” vielzitiert, sind es nun “Krah” und “Bystron”. Während die ersten beiden Plätze zumindest medial heiß diskutiert werden, kommt ein neuer Fall hinzu, der über die Qualität so mancher Kandidaten neuerliche Fragen aufwirft – selbst aus Sicht derjenigen, die der AfD positiv gegenüberstehen. Derweil gehen die Fälle “Krah” und “Bystron” in neue Runden.

Wird Distanzierung von Krah durch Weidel und Chrupalla zurückgenommen?
Die Mainstream-Medien bringen es mittlerweile auch: Der ehemalige chinesisch-stämmige Mitarbeiter von Dr. Maximilian Krah war zeitweise Informant des Verfassungsschutzes. Die Frage, warum der Geheimdienst Krah nicht vorher warnte, ist damit hinfällig. Dass man bis zur EU-Wahl wartete, ist ein durchschaubares Manöver des politisch-medialen Komplexes gewesen. Wieder einmal ist der Verfassungsschutz in aktuelle politische Machenschaften zutiefst involviert. Kein Wunder, dass Mathias Brodkorb, seines Zeichens VS-Kritiker und Ex-SPD-Landesminister auf X schrieb: Falls das stimmen sollte, bräche ich vor Lachen zusammen.” Und in der Tat, man hätte es sich als Verschwörungstheoretiker nicht besser ausdenken können.

Unter Beschuss zu sein ist in der AfD nichts Neues
Dass es Alice Weidel und Tino Chrupalla recht gewesen ist, Dr. Maximilian Krah vom Wahlkampfauftakt auszuladen, ist nachvollziehbar. Es war ein wahrlich historisches Interview, das der bisherige EU-Spitzenkandidat Krah vergangene Woche beim eher linkslastigen, aber erfreulicherweise unvoreingenommenen Thilo Jung gab. Krah hat eine unvergleichliche Meisterleistung hingelegt, das sehen Befürworter und Kritiker in und außerhalb der AfD ähnlich. Und hat sich damit für höhere Weihen qualifiziert – sollte er den aktuellen Skandal überstehen. Wollten Weidel und Chrupalla also einen eventuellen Rivalen kaltstellen? Parteifreunde sind eben nicht unbedingt echte Freunde. Nun ist es an ihnen, die Rücknahme von der Rücknahme zu erklären. Das wird mit Zähneknirschen erfolgen MÜSSEN. Dass aber das Abrücken von EU-Kandidaten durch die Partei durchaus verständlich sein kann, beweist ein anderer Fall.

Nächster EU-Kandidat unter Beschuss – diesmal durch den eigenen Kreisverband
Der Bonner Prof. Hans Neuhoff ist Beisitzer im Landesvorstand der AfD Nordrhein-Westfalen und hat schon in Schnellroda vorgetragen. Neuhoff ist ebenfalls Leiter der Landesprogrammkommission NRW, Mitglied der Bundesprogrammkommission sowie Mitglied im Bundesfachausschuss Außen- und Sicherheitspolitik. Zudem steht er auf Platz 8 der AfD-Kandidatenliste zur EU-Wahl. Und nach Brüssel könnte er aufgrund seines familiären Hintergrundes gut hinpassen, keine Frage, oder? Einer der wenigen intelektuellen Lichtblicke auf der Liste, die zum großen Teil durch Absprachen zustande kam und weniger qualifiziertes Personal “belohnte, könnte man denken. Wer aber große Politik bestreiten möchte, sollte im Kleinen schon einmal anfangen und vor allem bestehen. So ist es zumindest in den etablierten Parteien der Fall. Man muss sich hocharbeiten und von der Kommunal- zur Landes- und dann zur Bundespolitik aufsteigen – am besten durch Leistung und Kärnerarbeit. Neuhoffs Heimatverband ist aber nun die Hutschnur geplatzt. Gleich 13 Mitglieder fordern von Neuhoff den Rücktritt von seinem kommunalpolitischen Amt – wegen dauerndem Fehlen.

AfD Bonn gegen Neuhoff
Besonders solidarisch ist es nicht, dass die AfD Bonn laut Bonner General-Anzeiger und The Pioneer ihr eigenes Mitglied dermaßen düpiert – und das noch vor der EU-Wahl. Der Unmut muss indes groß sein. Und wenn man die Begründung hört, kann man das Vorgehen gut nachvollziehen. So berichtet die Bonner Lokalzeitung: “Wie eine Recherche im digitalen Ratsinformationssystem der Stadt zeigt, hat der 64-Jährige seit der letzten Kommunalwahl nur an 13 von 36 Ratssitzungen teilgenommen.” Er soll insgesamt an lediglich 32 Prozent der Ratssitzungen teilgenommen haben. Mitglieder des AfD-Kreisverbands Bonn fordern nun den Europawahlkandidaten aus ihren eigenen Reihen deshalb zum Rücktritt von seinem Stadtratsmandat auf. Das geht aus einem Antrag für den Kreisparteitag der AfD Bonn hervor, berichtet auch The Pioneer. Über den Antrag soll auf dem Kreisparteitag der AfD-Bonn am Samstag, 4. Mai, entschieden werden. In dem Antrag heißt es:

„Eine Fehlquote von insgesamt 68 Prozent ist gegenüber unseren Wählern nicht zu vermitteln und schadet der Reputation unseres Kreisverbandes“.

Und das trifft den Nagel auf dem Kopf: Ist Prof. Neuhoff ein “Macher” oder eine Fehlbesetzung für das EU-Parlament? Wie kann die AfD Kandidaten für Brüssel ins Rennen schicken, die sich innerhalb der Partei nicht ausreichend bewährt haben – das fragen sich nicht nur engagierte Mitglieder an der Basis. Ein Stadtratsmandat ist zudem mit Aufwandsentschädigungen verbunden, die ein Professor der Musikwissenschaften nicht unbedingt nötig hat. Warum hat man nicht einen Parteifreund Neuhoffs in den Bonner Stadtrat gewählt, der sich engagierter zeigt? „Die EU-Liste macht uns in hundert Jahren keiner nach“, kommentierte ein Bonner AfD-Mitglied den Vorgang laut Pioneer. Dem ist nichts hinzuzufügen und gilt für so manchen EU-Kandidaten der AfD.

Beitragsbild / Symbolbild: Lightspring / Shutterstock.com; Bild oben: Kachel mit Prof. Hans Neuhoff, AfD Nordrhein-Westfalen

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