Von Jan Ackermeier
Am 10. Jänner 49 v. Chr. überschreitet Gaius Iulius Caesar – mit den Worten „Alea iacta est“ (Der Würfel ist geworfen worden) – mit seinen Truppen den Rubikon und zieht Richtung Rom. Damit beginnt der Bürgerkrieg gegen seinen vorherigen Partner im ersten Triumvirat, Gnaeus Pompeius Magnus.
Traditionell wird der Ausspruch Caesars leicht unterschiedlich übersetzt, nämlich als „der Würfel ist gefallen“ oder – unter Vernachlässigung des Numerus – „die Würfel sind gefallen“. In dieser Form wird der Ausspruch als Sprichwort verwendet und soll bedeuten, daß bestimmte Geschehnisse unumkehrbar sind oder unausweichlich bevorstehen. Eine ähnliche, ebenfalls übliche Bedeutung ist „die Sache ist entschieden“. Die Überschreitung des Rubikon ist geschichtlich folgendermaßen zu sehen: Im Triumvirat mit Pompejus und Crassus war Caesar das deutlich schwächste Mitglied gewesen. Durch den Tod des Crassus im Jahre 53 v. Chr. und seine eigenen Erfolge im Gallischen Krieg bis 51 v. Chr. hatte sich das Gleichgewicht zu Caesars Gunsten verschoben. Pompejus plante daher, den Gegner durch ein Gerichtsverfahren auszuschalten. Dazu mußte er das Ende von Caesars Statthalterschaft in Gallien und Illyrien abwarten und dann verhindern, daß Caesar ein neues Amt erwarb, welches ihm eine neue Immunität eingebracht hätte.
Caesars Dilemma war, daß er als Provinzstatthalter Rom nicht betreten durfte, sich jedoch in Rom als Konsul zur Wahl stellen wollte. Hätte er auch nur für die kurze Zeit seiner Bewerbung sein Amt niedergelegt, hätte man ihn unter Anklage stellen können, wie sein Feind Cato schon angekündigt hatte. Die Volkstribunen hatten zwar für Caesar eine Ausnahmeregelung geschaffen, daß er sich auch in Abwesenheit um das Konsulat bewerben durfte, sein Gegner Pompejus hatte diese Regelung jedoch ausgehebelt.
Historischer Rechtsverstoß
Der Rubikon war nun die Grenze zwischen Caesars Provinz Gallien und Italien. Als Caesar am 10. Jänner 49 v. Christus mit seinen Truppen den Rubikon überschritt – vorgeblich, um die Befugnisse der Volkstribunen gegen die Maßnahmen des Pompeius zu schützen –, beging er einen klaren Rechtsverstoß. Damit wurde die bis dahin unterschwellige Feindschaft offenbar und der Bürgerkrieg brach aus. Caesars Gegner, die im Glauben waren, er sei mit seiner ganzen Heeresmacht in Italien eingefallen, ergriffen sofort die Flucht. Caesar war jedoch, um schneller zu sein, lediglich mit seiner dreizehnten Legion (Legio XIII Gemina; etwa 5.300 Mann stark) angerückt. Die eigentliche Entscheidung fiel erst etliche Monate später in der Schlacht von Pharsalos.
Der Ausspruch bezieht sich einerseits auf die nunmehr unwiderruflich eintretenden Rechtsfolgen der begangenen Gesetzesübertretung – der Würfel ist in der Luft und nicht mehr in der Hand –, andererseits auf das Risiko des unklaren Ausgangs: der Würfel kann auf jede Seite fallen. Hier wird der Unterschied zur geläufigen deutschen Übersetzung besonders deutlich.
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