Von Volker Kempf
„Die Grenzen des Wachstums“ von Dennis L. Meadows an den Club of Rome sind wohlbekannt, vorgelegt wurden sie vor 50 Jahren und haben das Denken bis in den Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald hinein nachhaltig verändert. Dabei gibt es eine gute Nachricht. Die fossilen Energieträger sind an sich noch reichlich vorhanden, vor allem Kohle. Die schlechte Nachricht ist, die Verbrennung dieser Energieträger setzt Kohlendioxyd frei, das der vorherrschenden Theorie nach zur menschengemachten Klimaerwärmung beitragen soll – ist das in diesen kalten Wintertagen auch schwer vorstellbar. Der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald strengt sich an, klimafreundlich zu wirtschaften. Dafür gibt es nun einen European Energy Award. Herzlichen Glückwunsch. Das ist für die Selbstdarstellung des Landkreises eine schöne Sache. Den Bürgern wird das aber in Zeiten der politisch bedingten Energieverknappung für ihre alltäglichen Probleme nicht viel bringen, dem Einfluss auf das Weltklima auch nicht. Zumindest konnte uns bis heute noch kein Verwaltungsmensch vorrechnen, in welchem Verhältnis Finanzaufwand und Ertrag für weniger gestiegene Weltklimatemperaturen stehen.
Soziales Problem Verwaltung
Weniger bekannt sind „Die Grenzen der Verwaltung“, die der Verwaltungsmensch und Soziologe Niklas Luhmann vor über 50 Jahren geschrieben hatte und nun aus dessen Nachlass veröffentlicht wurden. Demnach ist die staatliche Verwaltung ein soziales System, jenseits ihrer Grenzen liegen Publikum und Politik. Die Grenzen mögen fließend sein, aber jeder Mitarbeiter wird, wenn er ein guter Mitarbeiter ist, sich ganz auf seine Rolle als Teil der Organisation begrenzen; ansonsten sagt der Volksmund dazu, es menschelt. Die Verwaltung muss etwas leisten, vor allem gesetzliche Aufgaben erfüllen und dafür die Mittel und das nötige Personal verfügbar haben. Im Breisgau-Hochschwarzwald stößt die Verwaltung verschärft durch einen ohnehin dünnen Arbeitskräftemarkt für Verwaltungen an Grenzen. Die vielen Standorte des Landratsamtes bringen zudem personale Reibungsverluste mit sich, was auch unnötige Finanzmittel verbraucht. Die Folgerung kann nur lauten, ein Landratsamt wesentlich an einem Standort zu errichten. Darauf drängt die Verwaltung mit gutem Grund. Wir haben das immer unterstützt und drängen auf rasche Planungsschritte.
Vom Wachstumswillen der Verwaltung
Mit den wachsenden Aufgaben stößt die Verwaltung an zusätzliche Leistungsgrenzen, sie fordert mehr Stellen. In Zahlen ausgedrückt geht es um ein Wachstum von 6,7 Prozent oder 6,1 Millionen Euro. Auch der wachsende Flüchtlingsstrom, nicht nur aus der Ukraine, sondern auch aus weiten Teilen der gesamten Welt, wirkt sich hier aus. Deutschland ist sehr anziehend. Die Verwaltung sorgt auch dafür, alle auferlegten Leistungen gut zu erfüllen. Ob all die Sozialarbeiter, die hierfür in die Wachstumsbilanz des Personalbedarfs eingehen, unerlässlich sind, muss hinterfragt werden. Aber nicht nur das, überall müssen Minderausgaben versucht werden. Das hat die Verwaltung auch erkannt. Denn der Druck aus den kommunalen Selbstverwaltungen in den Städten und Gemeinden, die unter der Finanzsituation selber ächzen, ist groß. Da geht bei der Landkreisverwaltung aber noch mehr, als die von ihr vorgeschlagenen globalen Minderausgaben von 1,5 Millionen Euro. Daher haben die beiden größten Fraktionen in diesem Gremium, die auch die meisten Bürgermeister in ihren Reihen haben, einen Antrag gestellt, den Betrag höher anzusetzen. Wir* selbst hatten in den Vorberatungen nach den Stellen gefragt, die auf freiwilligen Leistungen beruhen, um sie in den Prüfstand zu heben, aber eine etwas pauschal klingende Antwort bekommen. An das Personaltableau wird nur ungern gerührt. Das bestärkt uns, die globale Mittelkürzung zu erweitern. Das wird für die Landkreisverwaltung nicht einfach, ist aber auch eine Gelegenheit, an der Qualität zu arbeiten, wenn die Quantität an Grenzen stößt. Nur so kann die Verwaltung funktional am Laufen gehalten werden. So möchten wir das verstanden wissen. Der Lektüre Luhmanns entnehme ich zudem, wenn Leistungsgrenzen erreicht werden, ist das zu kommunizieren auch hilfreich. Das habe dann den Vorteil, dass die Erwartungen aus dem Publikum niedriger ausfallen. Das entspanne die Situation ungemein. Auch da, wo Enttäuschung unvermeidbar sein wird, könne man sich darauf zumindest mental einstellen. Bei allen Ansprüchen aus den Gemeinden, das Landratsamt möge günstiger arbeiten, muss der Ball auch zurückgeworfen werden: Es kann nicht angemessen und zeitgemäß sein, in Freiwilligenbereichen Doppelstrukturen zu unterhalten, etwa eine Klimabeauftragte für den Landkreis und dann noch eine Klimabeauftragte in einer Gemeinde. Auch haben wir nicht jeder neuen Sozialarbeiterstelle heute zugestimmt.
Wenn Investitionen wirklich helfen
Der Haushaltsplan 2023 sieht vor, in die Schulen und ihre Sanierung zu investieren. Hier ist jeder Euro gut angelegt. Der Arbeit des Dezernats möchte ich im Namen unserer Gruppe danken, wir haben noch nie auch nur an einer Vorlage etwas zu beanstanden gehabt. Die Umsetzung der Projekte erfolgt immer engagiert und zuverlässig. Andere Aufgaben wie die Straßeninstandhaltung werden Spitz auf Knopf weiterbetrieben, das findet unsere Unterstützung. Der eine oder andere Euro mehr könnte investiert werden, aber Sie machen immer das Beste aus den begrenzten Mitteln. Auch hier unser Dank. Beim Sozialdezernat wird eine Einschätzung zu geben nicht einfach, weil es hier besonders schwer ist Einblicke in die konkrete Arbeit zu haben, wenn es nicht gerade einen Skandal mit anschließender Akteneinsichtnahme gibt oder man den einen oder anderen Problemfall aus dem eigenen Ort mitbekommt. Wenn es schon länger keinen Skandal gab, umso besser. Das Handeln wird hier von einem schematisierten Denken getragen, das für die Handelnden Verhaltenssicherheit verspricht, aber auch dazu verleiten kann, die Wirklichkeit selbst vor lauter Schemata nicht immer richtig zu erkennen, weil sie eben mitunter nicht ins Schema passt. Daran wird nach meinen bescheidenen Einblicken weiter gearbeitet werden müssen. Das ist dann eine Frage der Qualität, nicht nur der Menge des Personals, die der Kreistag einst freiwillig aufgestockt hat und was sich 2023 fortsetzt.
Zeitgeist als Expertise?
Über die Freiwilligenleistungen haben wir uns schon gesondert geäußert, manches ist sinnvoll, anderes zeugt in unseren Augen mehr von Zeitgeist als Expertise. Bleiben die Krankenhäuser zu erwähnen, an denen der Landkreis Anteile hält. Vor allem der Standort Breisach macht uns Sorge. Hier werden die Probleme nach unserer Einschätzung zu sehr aus der Führungsebene heraus betrachtet, zu wenig von der Ebene derer, die die Arbeit konkret vor Ort erbringen und denen wir hier unseren besonderen Dank ausdrücken möchten. Anerkennung möchten wir auch den vielen Ehrenamtlichen, den Müttern und Vätern aussprechen, die ohne viel im Rampenlicht zu stehen für andere da sind.
Die natürlichen Grenzen der Verwaltung
Zurück zu Luhmanns „Grenzen der Verwaltung“, von denen man etwas lernen kann, gleich wo man politisch steht: für ihn galt das Ansehen der Verwaltung als ramponiert, ihre Ehrenrettung werde nur über ihre Funktionalität und eine möglichst reibungsfreie Kommunikation gelingen. In einer schwierigen, sich rasch verändernden und oft widerspruchsvollen sozialen Umwelt – alleine der Kreistag zeigt heute eine große Spannbreite von Positionierungen – ist das eine anspruchsvolle Aufgabe. Das vorliegende Zahlenwerk bietet dafür die finanzielle Grundlage. An diesem Punkt möchte ich mich für das Zahlenwerk mit dem Vorbericht ausdrücklich bedanken, der solide ist und nicht versucht, sich selbst oder anderen etwas vorzumachen, auch nicht bei den Schulden in Zeiten steigender Zinsen.
Keine scharfen Schwerter geschliffen
Bei allen Abweichungen, die wir im Detail bei den Abstimmungsprozessen zu den einzelnen Posten hatten, wäre den Haushalt rundweg abzulehnen ein allzu scharfes Schwert. Da sind wir uns in der AfD-Gruppe einig. Sich zu enthalten wäre naheliegender, auch zuzustimmen denkbar. Das hängt von der Gewichtung der einzelnen Aspekte des Haushaltsentwurfs ab, der Licht und Schatten bietet. Jeder aus unserer Gruppe wird seine eigene Gewichtung vornehmen und sich für ein bestimmtes Abstimmungsverhalten entscheiden.
* Der Autor ist Mitglied der AfD-Gruppe im Kreistag Breisgau-Hochschwarzwald. Der Beitrag wurde mit leichten Änderungen auf der Kreistagssitzung Breisgau-Hochschwarzwald am 19. Dezember 2022 in Buchenbach als Haushaltsrede gehalten.
Abonnieren Sie auch unseren Telegram-Channel unter: https://t.me/FreiburgerStandard
Ganz ehrlich gefragt: Was will Herr Kempf hier eigentlich sagen?