Agrarheute beschrieb bereits im März die Pläne des Bundesagrarministers Cem Özdemir, die jüngst am 13. Mai 2022 zum heftigen Protest hiesiger Bauern führten. Denn der Minister war in seinem Interview mit seiner arroganten, verächtlichen Wortwahl zu weit gegangen. Brachflächen sollen nicht zur Aussaat freigegeben werden:
Im Gegensatz zur EU will Bundesagrarminister Cem Özdemir Vorrangflächen nur für Futternutzung freigeben.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) ist offenbar nicht gewillt, Brachflächen für den Anbau aller Getreidearten freizugeben. Dies hatte die EU-Kommission am Mittwoch (23.3.) in ihrem Aktionsplan zur Lebensmittelsicherheit den EU-Staaten eingeräumt.
Damit stellt Özdemir die deutschen Bauern schlechter als zum Beispiel das Nachbarland Österreich. Dort hat die zuständige Agrarministerin Elisabeth Köstinger bereits angekündigt, zügig die Brachflächen für den Anbau aller Kulturen freizugeben.
Im Netz findet man derzeit dieses Video,
das es in sich hat. Der Landwirt wirft einen Blick in die Zukunft und deckt Özdemirs Vertuschung und Lügen auf. Nachstehend kann das Video mitgelesen werden.
Jeden Abend ist es das Gleiche. Man sitzt vorm Fernseher, Tagesthemen, heutejournal…, und dann erscheint Herr Ödzemir, unser Agrarminister, und man fragt sich: „Tue ich mir das an oder schalt ich einfach weg?“ Gestern habe ich mich wieder dafür entschieden, es mir anzutun, und es war auch gut so, weil man mal wieder gelernt hat, was und wie dieser Minister denkt. Es ist unser Agrarminister in dieser Ampelkoalition und es macht einfach nur fassungslos, was da gestern wieder von sich gegeben wurde.
Zunächst einmal sind also diejenigen wie ich, die den Einsatz von Pflanzenschutz jetzt als dringend erforderlich halten, die Restriktionen in der Düngung und überhaupt im Anbau aufgehoben sehen wollen, um irgendwie auf diese katastrophale Situation reagieren zu können, diejenigen sind also jetzt „vom radikalen Rand“, haben wir gestern gelernt.
„Pestizidmaschinen“
Und es ist auch faszinierend, dass wir jetzt ein neues Wort haben, nämlich „Pestizidmaschinen“ seien wir, oder wie auch immer er das gemeint hat. „Pestizidmaschinen“. Der wissenschaftlich begleitete Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, der uns allen diesen Wohlstand mit ermöglicht, der uns Erträge sichert, sind also jetzt „Pestizidmaschinen“.
Hier wird wirklich die Landwirtschaft platt geklopft in ihren ureigensten Errungenschaften der letzten Jahrzehnte, wie es gelingen kann, so viele Menschen zu ernähren. Und das von einem Minister, der dort ganz bewusst sich hinstellt, und um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken, die glatte Unwahrheit behauptet hat gestern, die glatte Unwahrheit.
Anbau auf ökologischen Vorrangflächen?
Er hat gestern gesagt – und das ist bewusst falsch gesagt worden – dass er ja auf den ökologischen Vorrangflächen den Anbau zugelassen hätte von Futter. Das ist die glatte Unwahrheit – und das weiß er auch.
Er hat es eben nicht getan. Das hat die EU von ihm gefordert. Das haben Sie alle von ihm gefordert. Wir Bauern haben es von ihm gefordert, aber er hat es eben nicht gemacht. Er hat nur erlaubt, dass wir das, was dort aufwächst, das heißt also nicht so schön wie hinter mir so ne schöne Wiese, die man hier noch nachher nehmen wird, um die Beweidung mit Schafen zu machen, sondern das ist dann eher Disteln und Unkräuter, die dort aufwachsen. Die dürfen wir mähen und den verdutzten Tieren vorlegen. Wir werden sehen, wie die sich bedanken werden bei uns für diesen Schrott, den wir da ihnen in den Trog werfen sollen.
Wir dürfen eben nichts anbauen auf dieser ökologischen Vorrangfläche. Anbau heißt Aussaat, heißt Düngung, heißt Pflanzenschutz. Das ist Anbau. Das hat er uns untersagt. Da ist die glatte Fehlinformation.
Und wenn ich jetzt sehe, dass dieses Triumphirat aus Baerbock, Ödzemir und Schulze – ausgerechnet die drei – jetzt auf dem Standpunkt angekommen sind, zusammen mit den deutschen Medien in den letzten Tagen, den ich andere bereits zwei, drei Tage nach Kriegsbeginn genau so vorhergesagt haben, haben wir jetzt 6, 7 Wochen lang verloren. Brutal verloren, verschlafen.
Wertvolle Zeit verloren!
Dieser Minister hat diese Zeit lang nicht genutzt, um noch etwas zu ändern. Wir hätten in den letzten Wochen etwas ändern können auf den Feldern. Wir hätten noch düngen können, wir hätten noch Flächen in die Produktion nehmen können. Jetzt ist das zu spät.
Und alles, was sie jetzt bezüglich der deutschen Landwirtschaft regeln, kommt zum Tragen – hört alle gut zu, dass ihr es nachher nicht sagt, wir haben es ja nicht gewusst – kommt zum Tragen zur Ernte nächsten Jahres. Verfügbar wird dieser Weizen, der vielleicht anders produziert werden darf, im Oktober 2023. Geerntet wird er im Juli/August. Und bis er soweit ist, dass man ihn verwerten kann als Brotgetreide, Oktober 2023.
Das Gleiche gilt gerade für die Schweinehalter, die gerade in diesen Tagen, in diesen Stunden, teilweise massig ihre Sauen entweder reduzieren oder ganz aufgeben. Ich kenne viele Betriebe, die aufgegeben haben. Damit fehlen die Mastschweine, die jetzt nicht mehr produziert werden, im April 2023. Also 11 Monate später.
Lieferkettenabhängigkeit noch verstärkt
Ich hoffe, jedem ist das klar, was hier gerade passiert. In einer solch dramatischen Lage steigt Deutschland in diesen Tagen radikal aus der Erzeugung von eigenen Nahrungsmitteln aus und begibt sich in die Hand der Abhängigkeit anderer Staaten und Lieferketten!
Wie kann man noch verantwortungsloser handeln als diese Bundesregierung es gerade tut, als dieser Minister es gerade tut – naiv, dreist und machtversessen und absolut beratungsresistent, eine Katastrophe, die auf uns zurollt.
Und ich werde diese Dokumente seiner Interviews gut zurücklegen, denn wir werden sie brauchen in ein paar Jahren, um das Historikern vorzulegen, die dann fragen: „Wie konnte es zu dem kommen, was passiert ist?“
Wir steuern auf soziale Unruhen zu, radikal, sehenden Auges und machen dieselben Fehler, die wir vorher – ich dachte eigentlich, die wir gelernt haben bei Masten und Ähnlichem, die wir nicht mehr machen dürfen – bei Energie und anderem.
Wir rennen in die komplette Abhängigkeit von Lieferketten, die einfach nicht mehr bestehen.
Was hatte Herr Özdemir auf dem G7-Treffen in Stuttgart am 13. Mai 2022 gesagt?
Das Interview kann hier ebenfalls mitgelesen werden.
Bundesagrarminister Cem Ödzemir ist uns zugeschaltet. Einen schönen Guten Abend Herr Özdemir. Es ist das erste G7-Agrarministertreffen unter deutschem Vorsitz und ein wichtiges Thema wird die Ernährungssicherheit sein vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges. Getreideknappheit könnte die Folge sein. Macht da nicht Sinn, was Bauern im Land auch fordern, dass man Weizen auch auf geschützten, stillgelegten Flächen anbauen darf?
Guten Abend Frau Heider. Das machen wir ja. Wir geben der Fruchtfolge die Möglichkeit, dass trotz der aktuellen Gap, die übrigens von der Vorgängerregierung beschlossen wurde, setzen wir uns dafür ein, dass Weizen auf Weizen angebaut werden kann. Das entlastet massiv. Aber das, was hier von den Kollegen der Union gefordert wird, dass ökologische Vorrangflächen, die extrem wichtig sind für Bestäuber, dass da alles gespritzt werden kann, das macht keinen Sinn. Biodiversität ist wichtig, Klimaschutz ist wichtig und Ernährungssicherheit. Das eine gegen das andere ausspielen ist keine Lösung.
Mehrwertsteuer null bei Lebensmitteln – sehr eingeschränkt
Auch in Baden-Württemberg sind die Lebensmittelpreise ja jetzt schon stark angestiegen. Sie selber haben auch gesagt, also man kann nicht versprechen, dass alles billig bleibt. Was ist mit der Mehrwertsteuer. Wann kommt denn die Mehrwertsteuer null bei Lebensmitteln?
Lassen Sie uns erst mal über die Ursache reden. Die Ursache ist der feige Angriffskrieg von Wladimir Putin auf die Ukraine und auch der deutsche Agrarminister kann das nicht ungeschehen machen. Wir können helfen. Das machen wir. Mein ukrainischer Amtskollege kommt auch nach Stuttgart. Da sind wir sehr dankbar dafür und wollen ein starkes Zeichen der Solidarität senden.
Ansonsten: Ich hab den Vorschlag gemacht mit der Mehrwertsteuer, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte Mehrwertsteuer auf null. Aber am Ende des Tages kann ich das ja nicht allein entscheiden. Da brauche ich auch meine Kollegen dafür. Wir arbeiten dran.
Im Elfenbeinturm gibt es weder Maß noch Mitte
Grade in Stuttgart fordern die Bauern, Sie sollten sich mit Ihren Kollegen jetzt auf ihren Höfen der Bauern umsehen anstatt im Botanischen Garten sich wissenschaftliche Projekte der Uni Hohenheim anzugucken. Was entgegnen Sie dieser Kritik, das ist ja so ein bisschen dieser Elfenbeinturmkritik?
Das ist einfach Blödsinn, weil ich ständig auf Höfen bin. Ich bin vielleicht nicht gerade auf den Höfen von den Bauern, die das sagen. Aber das ist halt so, ich mein, jeder, der da jetzt kritisiert, glaubt, dass er die Weisheit mit Löffeln gefressen hat. Ich bin sehr oft auf Höfen und erfahr dort sehr viel Zustimmung.
Aber ich sehe natürlich auch, dass es Kritik an den radikalen Rändern gibt. Die einen, die Deutsche Umwelthilfe wirft mir vor, dass ich für die ökologischen Vorrangflächen zugelassen hab, Futtermittel anzubauen. Die anderen werfen mir vor, dass ich jetzt nicht die Pestizidmaschine angeworfen hab. Damit muss man leben. Meine Politik ist mit Maß und Mitte. Ich vertrete die Mitte. An den radikalen Rändern gibt es Kritik. Das muss man aushalten.
Die Universität Hohenheim
Sie kommen ja aus dem Land Stuttgart, das ist ihr Wahlkreis. Und trotzdem Frage, was hat denn eigentlich den Ausschlag gegeben für diese wichtige Konferenz, als Standort Stuttgart zu wählen?
Es ist der schönste Wahlkreis Deutschlands, aber abgesehen davon ist hier auch eine der angesehendsten Hochschulen, die wir haben, nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa: die Universität Hohenheim. Insofern sind wir da sehr froh. Da geht es ja genau um die Zukunft. Wie kann man High Tech einsetzen, um beispielsweise auch Ertragssteigerungen im ökologischen Landbau zu erreichen? Wie können wir dafür sorgen, dass wir Technik und Nachhaltigkeit zusammenbringen, was Züchtungen angeht?
All diese Themen werden hier gelehrt. Die sind sehr sehr wichtig und ich will natürlich auch ein bisschen zeigen, wie gut wir hier in Deutschland und vor allem hier aufgestellt sind meinen Amtskollegen aus den anderen Ländern, die wir hier willkommen heißen.
Also die Agrarministerkonferenz heute und morgen. Wir sind gespannt auf die Ergebnisse. Vielen Danke Cem Özdemir.
Sehr gerne.
Man beachte, dass der Minister in allen seinen Interviews den Begriff Versorgungssicherheit vermeidet! Hier hat er ein einziges Mal von Ernährungssicherheit gesprochen, ein Begriff, der keinesfalls identisch ist mit dem Begriff „Versorgungssicherheit“. Mit „Ernährungssicherheit“ beschreibt Özdemir vielmehr die Sicherheit des einzelnen Lebensmittelsproduktes, das auf den Markt kommt.
Eine kleine Rückblende auf ein Tagesschau-Interview mit Özdemir vom 31. März 2022
Es ist erstaunlich, wie der Herr Minister es schafft, das tatsächliche Problem der Versorgungssicherheit zu umgehen. Lieber stichelt er Richtung Putin* und Bolsonaro**, um von der eigenen Verantwortlichkeit abzulenken.
Dazu begrüße ich jetzt in Berlin den Bundeslandwirtschaftsminister Cem Ödzemir. Guten Abend, Herr Özdemir.
Guten Abend, Herr Zamparoni.
Verständnis für Hamsterkäufe?
Mit Russland und der Ukraine drohen uns zwei der wichtigsten Weizenlieferanten auszufallen. Haben Sie Verständnis, dass es hier bei uns da nun zu Hamsterkäufen beim Mehl kommt?
Nein, weil die braucht es nicht. In der Bundesrepublik Deutschland haben wir Gott sei Dank einen hohen Eigenversorgungsgrad. Es braucht die Hamsterkäufe nicht – im Gegenteil sie sind unsolidarisch, weil sie führen dazu, dass Waren verknappt werden und andere dann, die Nachbarn, nicht zu kommen und dann im Zweifelsfall die Produkte sogar noch rationiert werden müssen. Wir haben Gott sei Dank in Deutschland und im Wesentlichen nicht nur im Deutschen, auch in Europa, die Lebensmittelversorgung sichergestellt.
Anderswo in der Welt siehts allerdings anders aus. Die Ukraine, die Kornkammer der Welt, die wir ja kennen, ist jetzt selber auf Lebensmittellieferungen angewiesen. Wir helfen ihr. Da bin ich auch unserer Wirtschaft sehr dankbar. Es wird bei mir im Haus koordiniert.
Und wir müssen da wieder aufpassen, dass es nicht nochmal zu der bestehenden Hungerkrise, die wir bereits haben, durch die Klimakrise nochmal dazukommt, weil viele Länder auch von dort auch ihr Getreide beziehen.
Krieg – Preisexplosion – ökologische Vorrangflächen
Brotweizen, also Mehl, haben wir genug jetzt im Lande, aber das Problem ist ja auch: der dafür nötige Kunstdünger, der ist auch extrem teuer geworden. Kommt größtenteils auch noch aus Russland. Müssen wir also wegen des Krieges nicht auf eine Preisexplosion uns einstellen?
Also ich will erst mal vorweg was sagen. Es gehört einfach auch zur Ehrlichkeit in diesen Tagen. Wir haben jetzt viel gemacht in der Regierung, wir haben soziale Ausgleichsmaßnahmen – Sie haben das angesprochen – die Preise steigen ja auch für alle Konsumentinnen und Konsumenten. Sie steigen für die Bauern. Den Kunstdünger, die Energiepreise treffen alle. Deshalb müssen wir das versuchen, da wo wir können, zu kompensieren. Ich mach das in meinem Bereich auch.
Ich hab ökologische Vorrangflächen freigegeben für das Thema, um Futtermittel herzustellen. Ich helf beim Umstieg von fossilen Energieträgern und viele andere Maßnahmen.
Also wir können den Krieg nicht ungeschehen machen, um es mal sehr klar zu sagen. Mit welchen Maßnahmen sollte das denn passieren? Was wir aber tun sollten, ist, dass wir endlich realisieren: ein Teil der Probleme, die hatten wir ja auch schon vor dem schrecklichen Angriffskrieg von Putin in der Ukraine. Nehmen Sie den Hunger in der Welt, den gab es auch schon vorher. Das hat was zu tun mit Starkregen, das hat was zu tun mit Dürren, das hat was zu tun mit dramatischen Ernteausfällen, das alles hängt mit der Klimakrise zusammen.
Jetzt gibt’s grad ne Menge Leute, die empfehlen mir, ich soll doch die Klimakrise vergessen, ich soll das Artensterben vergessen. Das soll man mal ne Pause machen. Wie soll das eigentlich gehen? Also jede ausgestorbene Art, die ist weg. Die kann ich ja nicht irgendwann wieder herstellen. Also ich rat dringend dazu, dass wir die eine Krise nicht gegen die andere Krise ausspielen, sondern wir sollten das jetzt nutzen, so wie es mein Kollege Robert Habeck macht bei erneuerbaren Energien, endlich beschleunigt raus aus den fossilen Energieträgern. Dahin, wo wir schon früher hätten hin müssen, in die erneuerbaren Energien. Und genauso machen wir es bitteschön auch in der Landwirtschaftspolitik.
Reporter und Özdemir sprechen gleichzeitig. Schwer zu verstehen…
Keine Pflanzenschutzmittel, kein Kunstdünger – lieber ablenken und diskutieren statt handeln
Bleiben wir mal bei der Landwirtschaftspolitik… Herr Özdemir, weil Sie gerade die ökologische Vorrangsflächenbestellung angesprochen haben. Da will die EU ja Futterengpässen vorbeugen und Sie sollen die wieder freigeben. Sie bestehen aber darauf – wir haben gerade in dem Beitrag gehört – keine Pflanzenschutzmittel dabei, kein Kunstdünger. Herr… hat grad gesagt, das ist wie halb schwanger. Was sagen Sie dazu?
Der muss seine Interessen vertreten. Das ist auch ok. Aber dann diskutieren wir mal wirklich über die Flächen. Dann diskutieren wir mal drüber, dass bei uns 60% in den Futtertrögen landet. Global gesehen 47% in den Futtertrögen landet. Dann diskutieren wir mal drüber, also Fleischkonsum.
Da kann man übrigens aktiv mithelfen, Herrn Putin* zu ärgern. Übrigens auch Herrn Bolsonaro**, der Regenwälder abholzen lässt für uns. Also das wär ein Beitrag. Wir können drüber reden.
Agrosprit, dass wir einen großen Teil der Fläche nutzen in der ganzen Welt, um es anschließend zu Tanken. Absurd. Da geht uns wertvolle Fläche verloren. Es ersetzt das Zigfache von dem, um das es da geht. Oder wir diskutieren über den Flächenverbrauch, den wir haben. Die landwirtschaftlichen Flächen sind überbucht, weil wir da bauen wie die Irren, weil wir dort Gewerbegebiete etc. ausweisen. Also das sind die Dinge, wenn man wirklich was grundlegend ändern.
War eines dieser Dinge, dass man…
Die Klimakrise, die wird noch dramatischer zuschlagen mit noch viel mehr Hunger, wenn wir jetzt nicht gegensteuern. Und dafür brauchen wir ne andere Landwirtschaftspolitik. Das will ich voranbringen. Dafür gibt es ja auch gesellschaftliche Mehrheiten. Und eigentlich (?) auch einen Konsens. Aber jetzt gibt’s natürlich wieder viele, die wittern Morgenluft und wollen gern die alten Rezepte von vorgestern nochmal durchsetzen. Auf dem Rücken des Fleisches…
Der Minister spielt Tierschutz gegen Versorgungssicherheit aus
Was Sie gerade angesprochen haben. Die Deutschen essen doch schon immer weniger Fleisch. In den letzten drei Jahren ist der Prokopfkonsum um 10% zurückgegangen. Was wollen Sie denn da tun, dass es noch weiter zurückgeht?
Ja, man kann es so machen. Klar, man kann sagen, ich überlasse es dem Markt. Das Ergebnis ist dann, dass von den Schweinebauern, von denen die Hälfte nicht mehr am Markt sind, die Zahl der Schweine aber ungefähr gleich geblieben ist. Das heißt, wir haben doch ein dramatisches Höfesterben. Es müssen die, die jetzt sagen, wir müssen zurückziehn zu den Konzepten von gestern, auch mal beantworten. Ihre Politik hat dazu geführt, dass es immer weniger Bäuerinnen und Bauern gibt, also das hilft ja auch den Bäuerinnen und Bauern nicht.
Was ich vorschlage, ist, weniger Tiere. Gleichzeitig aber, wenn es dafür aber mehr Tierschutz gibt. Dass die Tiere mehr Platz bekommen. Dann sollen auch die Bäuerinnen Geld dafür bekommen. Da arbeit ich grad an dem Konzept. Das ist ja auch das, was die Koalition sich in der Koalitionsvereinbarung vorgenommen hat. Gleichzeitig will ich ein Tierhaltungskennzeichen. Das heißt, Sie oder wir alle als Verbraucherinnen und Verbraucher sollen beim Einkaufen Fleisch sehen, wie dieses Tier gehalten wurde. Das Geld, das wir für höhere Haltungsformen bezahlen, das soll bei den Bauern landen.
Also win-win. Der Tierschutz gewinnt, der Klimaschutz gewinnt und die Bauern haben nachhaltige Einnahmequellen. Stichwort Hofweitergaben für die nächste Generation können darüber gesichert werden. Da kann man mich z. B. dabei unterstützen. Das wär mein Appell an diejenigen, die sich jetzt gerade Gedanken darüber machen, wie wir die Lage verbessern können.
Verspricht der Bundeslandwirtschaftsminister Herr Özdemir. Vielen Dank für das Gespräch.
Sehr gerne.
Und ein letztes Interview, das Herr Özdemir am 13. Mai 2022 dem heute-journal gegeben hat
Özdemir will keinen Dünger und Pestizide „verschwenden“. Es könnte ja zu viel Ertrag herauskommen… Wird hier vom grünen Landwirtschaftsminister bewusst eine Lebensmittelverknappung in der Zukunft einkalkuliert oder sogar geplant?
Und darüber wollen wir mit dem Bundeslandwirtschaftsminister noch sprechen. Guten Abend, Herr Özdemir.
Guten Abend, Frau Slomka.
Mehr Getreideflächen zu Lasten der Schlachtviehproduktion?
Wir haben so’n kleinen Hänger in der Leitung, dauert immer so ein Moment, bis wir uns hören. Aber davon lassen wir uns nicht irritieren. Herr Özdemir, ich würde gerne mit dem letzten Punkt, der im Beitrag genannt wurde, gleich anfangen. Den Fleischkonsum senken. Klar, da wird man bei einem grünen Landwirtschaftsminister offene Türen einlaufen. Aber es hilft ja jetzt realistischer Weise nicht jetzt, die einbrechenden Exporte aus der Ukraine zu kompensieren.
Das ist richtig, aber es gibt kurzfristige Maßnahmen, mittelfristige und langfristige Maßnahmen. Das gehört wahrscheinlich in den Bereich mittelfristig, was uns da hilft, Fläche zu gewinnen, in dem Beitrag konnte man das ja hören, Frau Slomka.
Wenn wir weniger Tiere haben, die Tiere mehr Platz haben, wir leisten einen Beitrag zum Klimaschutz, wir leisten einen Beitrag zum Tierschutz. Aber, ganz wichtig, die Bäuerinnen und Bauern müssen auch Geld dafür bekommen, denn sie haben dann weniger Einnahmen. Da arbeiten wir grade. Ich hoffe, dass ich da bald da was dazu präsentieren kann.
Wir gewinnen dann Fläche, die wir direkt nutzen können für menschliche Ernährung, für mehr Getreide. Ähnliches gilt für das Thema Beimischung bei Kraftstoffen. Da könnten wir kurzfristig Fläche gewinnen. Meine Kollegin, Umweltministerin, ist da initiativ. Der Bundeswirtschaftsminister und ich unterstützen es. Auch das hilft. Und jetzt kurzfristig müssen wir unseren Bäuerinnen und Bauern helfen.
Wir haben 180 Millionen aufgelegt von der Bundesregierung, die Mittel aus Brüssel nochmal kräftig erhöht. Also machen müsste man jetzt, das Allerwichtigste.
„Verschwendung“ von Düngemitteln und Pestiziden?
Also es sind nicht unsere Bauern, die jetzt direkt leiden, sondern es geht ja vor allem um Staaten in Afrika oder auch um die Türkei, die sehr sehr viel Weizen aus der Ukraine beziehen. Also da müsste man doch eigentlich gucken, wie kriegt man dort jetzt mehr hin und macht diese Ausfälle aus der Ukraine wett.
Deshalb hab ich mich dafür eingesetzt – und der EU-Kommissar ist ja auch hier in Stuttgart, Wolschikowski – und habe ihm das auch nochmal gesagt, und die Signale sind positiv aus Brüssel, dass Weizen noch weiter angebaut werden kann. Das erhöht die Weizenerträge nochmal ganz ganz kräftig. Ich habe mich gegen den Vorschlag entschieden, was manche Unionskollegen wollten, dass man wertvolle ökologische Flächen, Vielfaltsflächen, dass man da Pestizide, Dünger, die gerade kostbar und knapp sind, dass man die dort verschwendet. Und mein Vorschlag, glaube ich, ist der bessere, und ich krieg da gerade sehr viel Zustimmung.
Radikale Ökopolitik verweigert dringendes Handeln
Da geht’s um diese Fruchtfolge, wo die EU eigentlich dafür sorgen wollte, dass jetzt nicht zweimal hintereinander der gleiche Weizen in den Boden getragen wird. Da sagt aber jetzt sogar die Welthungerhilfe: aber Vorsicht. Das ist jetzt so ökologisch unsinnig und damit werden die Böden so geschädigt. Also das ist auch nicht der richtige Weg. Scheint so…, dass man das eine und andere, also das ökologische mit dem dringend notwendigen schlecht verbinden kann im Moment in dieser Notlage.
Schauen Sie, wir sind in dieser Situation, weil wir leider in der Vergangenheit zu wenig getan haben für Klimaschutz. Wir haben zu wenig getan für den Schutz der Biodiversität. Jeden Tag verschwinden Arten. Die wechseln, die kommen nicht wieder und die haben ja einen Sinn. Es ist ja nicht umsonst so. Die haben eine wichtige Funktion im natürlichen Kreislauf.
Und jetzt haben wir den schrecklichen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die den bestehenden Hunger in der Welt mit 800 Millionen Menschen nochmal verschärft. Da kommen neue dazu.
Also müssen wir schauen, wie steigen wir aus den fossilen Energieträgern? Wie reduzieren wir die Abhängigkeit von mineralischem Dünger? Das alles nicht über Nacht. Das braucht Zeit. Wir müssen schwierige Entscheidungen treffen. Ich mache das auch in der Landwirtschaftspolitik.
Sie haben Recht mit Ihrer Kritik. Dafür zahlt man auch einen Preis, wenn man Weizen auf Weizen anbaut, aber was ist denn die Alternative? Nichts tun kann nicht die Alternative sein. Das Wichtigste ist: der Krieg muss enden in der Ukraine. Deshalb ist ja auch die Solidarität mit der Ukraine so wichtig.
Getreideimport aus dem gelobten Land China?
Ganz interessant ist ja, es geht ja um die Exportzahlen vor allen Dingen, wenn gesagt wird, 25-30% des Weizens kommen aus der Ukraine oder aus Russland. Da geht es nicht um die gesamte Weizenproduktion in der Welt, sondern da geht es um den Export. Dann bricht man das runter. Das ist bei der Ukraine ungefähr ein Anteil von 10%.
Da hat jetzt zum Beispiel ein Riese wie Indien gesagt, wir würden gerne sehr viel mehr exportieren. Wäre nicht das ne Lösung zu sagen, man versucht jetzt erst mal Lieferketten zu verlegen? Anstatt jetzt hier mit Fruchtfolgen zu operieren oder Brachflächen in Deutschland zu bepflanzen?
Nee, das eine schließt das andere ja nicht aus. Wir müssen unseren Beitrag leisten, aber Sie haben natürlich Recht. Es gibt große Länder auf der Welt. Da hätten wir gerne, dass sie keine Exportbeschränkungen machen würden, sondern aktiv sich einsetzen. Wir sind da auch im Gespräch mit China. Das ist hier auch ein Thema.
Und wir appellieren natürlich als G7-Staaten, dass die Märkte offen bleiben. Wenn jetzt jeder nur an sich denkt, verschärft man die Hungerkrise, da schießen die Preise noch mehr durch die Decke.
Aber ich will nochmal sagen, bei der Ukraine geht es jetzt auch zum Beispiel drum, kriegen wir wenigstens ein Teil dessen, was Russland blockiert an den Häfen, über die Straßen, über die Schiene, über die Donau, über alternative Wege raus. Der ukrainische Minister, der auch hier anwesend ist, dankenswerterweise, hat uns gesagt: 25 Tonnen sind da. Die sind abgeerntet. Die sind in den Silos.
Jetzt kommt möglicherweise die neue Ernte dazu. Man muss da wirklich großen Respekt haben für die Bäuerinnen und Bauern dort. Die kämpfen tagsüber gegen den russischen Aggressor, nachts säen sie. Da kann man wirklich nur den Hut ziehen vor dem Mut der ukrainischen Bäuerinnen und Bauern.
Herr Özdemir. Vielen Dank für das Gespräch.
Sehr gerne.
Fazit
Wer die Versorgungssicherheit Deutschlands dermaßen gefährdet, sollte dringend zurücktreten. Herr Özdemir, folgen Sie bitte recht bald dem Beispiel Ihrer Kollegin Anne Spiegel!
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Bild: Peggychoucair Getreide Getreidehalme
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