Von Dario Herzog

Die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt wirft ein grelles Licht auf das Versagen politischer Verantwortungsträger in Kiel – und auf ein System von Politikern, das nicht nur dort, sondern in der gesamten Bundesrepublik leichtfertig Milliardenrisiken eingeht, ohne sich um mögliche Konsequenzen zu scheren. Der Bund der Steuerzahler fordert im Rahmen der Diskussion um das Northvolt-Debakel nun, dass Minister, die massive Fehlentscheidungen treffen, zur Verantwortung gezogen werden müssen. Die AfD applaudiert und schließt sich der Forderung an. Auch CSU-Chef Söder springt auf den Zug auf.

Was für eine Mega-Pleite…
Was als vermeintlicher Leuchtturm einer „klimafreundlichen Industriepolitik“ begann, ist krachend gescheitert. Was war geschehen? Der schwedische Hersteller von Batteriezellen, Northvolt, hat kürzlich bekanntgegeben, dass die Produktion an seinem Hauptstandort im nordschwedischen Skellefteå bis spätestens Ende Juni vollständig eingestellt wird – Northvolt ist insolvent. Mit der Pleite in Schweden stellt sich nun auch die Frage nach der Zukunft des deutschen Northvolt-Standorts in Heide, Schleswig-Holstein. Dort entsteht derzeit eine sogenannte Gigafactory zur Batterieproduktion, die als zentrales Projekt der deutschen Energiewende gilt. Besonders der damalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte das Vorhaben politisch unterstützt. Ende 2023 setzte er sich für einen umfangreichen Staatskredit in Höhe von mehr als 600 Millionen Euro zugunsten von Northvolt ein, der über die staatliche KfW-Bank abgewickelt wurde. Der Merkur schreibt zurückblickend: „Als Northvolt den Bau der Batteriefabrik nahe Heide im Januar 2024 bekannt gab, stellten der Bund und das Land Schleswig-Holstein dem Bau der Gigafactory insgesamt 1,3 Milliarden Euro in Aussicht: 600 Millionen Euro in Form des KfW-Kredits sowie weitere 700 Millionen Euro als Förderung.“ Die aktuellen Entwicklungen zeigen mittlerweile klar in eine andere Richtung: Pleite!

Wer wusste was?
Nun könnte man auf die Idee kommen, dass Pleiten, also Insolvenzen, im Wirtschaftsleben nun einmal vorkommen und auch Wirtschaftsminister keine Hellseher sind. Wenn es denn so einfach wäre! Aloys Altmann, Landeschef des Steuerzahlerbundes in Schleswig-Holstein, spricht nämlich von einer „krassen Fehleinschätzung“ der schwarz-grünen Landesregierung. Es habe offenbar der politische Wille bestanden, das Projekt mit aller Macht durchzudrücken – trotz warnender Stimmen. Northvolt sei ein hochriskanter Partner gewesen, dessen wirtschaftliche Stabilität von verschiedenen Seiten schon früh bezweifelt wurde. Doch statt Vorsicht walten zu lassen, habe man sich von der Hoffnung auf eine grüne Industrierevolution blenden lassen. Zocker im Ministeramt? Klar, das Risiko ist ja für denjenigen gering. Im grünen Wahn wollte man alles:  grünen Erfolg, tolle Schlagzeilen und eine Batterieproduktion epischer Größe. Was sind da schon Risiken…

Wurden wichtige Hinweise ignoriert?
Selbst die Mainstreampresse berichtet darüber, dass Ministerien bereits früh Hinweise auf erhebliche Informationslücken und Risiken vorlagen. Interne E-Mails sollen belegen, dass sowohl das Wirtschafts- als auch das Finanzministerium auf einer schriftlichen Beantwortung von Fragen durch die Prüfungsgesellschaft PwC bestanden – aus Sorge, im Fall eines Scheiterns keinen belastbaren Nachweis sorgfältiger Arbeit zu haben. Das von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck geführte Ministerium hingegen setzte auf mündliche Erläuterungen – aus Zeitgründen, wie es hieß. In Kiel war man alarmiert: Die schriftliche Dokumentation sei unerlässlich, so die Einschätzung aus den Fachabteilungen. Man habe befürchtet, bei einem Misserfolg später zum Sündenbock gemacht zu werden. Am Ende, so lässt sich aus den Akten rekonstruieren, wurde unter massivem Zeitdruck ein 300-Millionen-Euro-Investitionspaket im Nachtragshaushalt durchgewinkt – trotz unklarer Datenlage. Kritische Diskussionen im Parlament hätten das politische Ziel offenbar nur gestört. Zwar kritisiert nun auch die schleswig-holsteinische Opposition, aber der Diskurs darüber, ob eine persönliche Haftung von Ministern dazu geführt hätte, die Pleite zu verhindern, wird natürlich nicht geführt. Doch wer Entscheidungen trifft, muss auch die Verantwortung tragen, oder?

Der Bund der Steuerzahler fordert nun Konsequenzen
Der Präsident des Steuerzahlerbundes Reiner Holznagel bringt es auf den Punkt: „Minister dürfen keine Narrenfreiheit genießen.“ Wer mit öffentlichen Geldern in dieser Größenordnung operiere, müsse im Fall des Scheiterns zur Rechenschaft gezogen werden. Das geltende Ministergesetz sei in dieser Hinsicht viel zu vage – und öffne der politischen Verantwortungslosigkeit Tür und Tor. Der Fall Northvolt steht exemplarisch für ein tiefgreifendes Problem: Wenn politische Ambitionen wichtiger werden als kaufmännische Sorgfalt, wenn Kontrolle durch Eile ersetzt wird, wenn Warnungen ignoriert und Verantwortung delegiert wird – dann ist das nicht nur fahrlässig, sondern gefährlich. Es geht nicht nur um Geld, es geht um das Vertrauen in staatliches Handeln. Und dieses Vertrauen hat in Schleswig-Holstein nun erheblichen Schaden genommen.

Auch die AfD sekundiert
Wie oft hört man in Talkshow-Kungelrunden den Vorwurf, die AfD würde keine ernsthaften politischen Vorschläge machen? Stephan Brandner, stellvertretender Bundessprecher der Alternative für Deutschland, erinnert indes daran, dass die AfD die Forderung nach persönlicher Verantwortung seit Langem erhebt und sie bereits in der vergangenen Legislaturperiode einen entsprechenden Gesetzentwurf (Drucksache 20/13805) in den Deutschen Bundestag eingebracht hatte:

„Angesichts der Skandale um die Maut, die Maskenbeschaffung und zuletzt Northvolt steht für uns fest, dass in einer Zeit, in der Politiker nicht mehr selbst die Konsequenzen ihres Handelns tragen – was früher das politische Aus bedeutet hätte – sie in die persönliche Haftung genommen werden müssen. Den entsprechenden Gesetzentwurf bringen wir selbstverständlich auch zeitnah wieder in den Deutschen Bundestag ein. Uns ist klar, dass eine Ministerhaftung nicht die Milliardenverluste ausgleichen kann, die Fehlentscheidungen von Politikern für den Steuerzahler bedeuten. Sie wird jedoch dazu führen, dass Entscheidungen künftig besser und umfassender durchdacht werden als heute.“

Und mittlerweile fordert auch CSU-Chef Markus Söder eine Northvolt-Aufklärung. Es müsse einen Untersuchungsausschuß im Bundestag geben, forderte er jüngst. Der Haken an der Sache? Grundsätzlich wird auch Markus Söder nichts daran ändern wollen, dass Politiker bei grob fahrlässigem Verhalten auch haftbar gemacht werden können – das träfe mitunter vielleicht in Zukunft auch ihn. Man kann also auch in diesem Fall nur darauf hoffen, dass die AfD einmal zum Zuge kommt. Aber auch der Bund der Steuerzahler ist zu loben – sonst kommen „zivilgesellschaftliche Forderungen“ nur von links.

Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: Alexanderstock23; Bild darunter: penofoto / beide Shutterstock.com

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