Von Sven Müller

Es ist noch nicht allzu lange her, da kannte man die heute weitgehend synonym verwendeten Begriffe „Islamismus“ oder „Politischer Islam“ nicht. Gängige Auffassung war, dass es nur einen Islam, allerdings mit einer großen Bandbreite vom moderaten Islam-Anhänger bis zum radikalen Islam-Fanatiker geben würde. Für die Erfindung neuer Begriffe bestand keine Notwendigkeit. Auch bei islamischen Organisationen oder Staaten mit islamischer Bevölkerung gab es ein breites Spektrum in der Umsetzung von islamischen Inhalten, das mit der einfachen Steigerung „radikal“ oder auch „fundamentalistisch“ ausreichend beschrieben erschien.

Absichtliche Wortneuschöpfungen
Seit einiger Zeit jedoch versucht man mit aller Macht die zunehmend wahrgenommenen gewalttätigen Aktivitäten im Namen des Islams von einer an sich „positiven“ Religion abzugrenzen: Verirrte Minderheiten oder Einzelaktivisten würden den Islam fälschlicherweise für sich reklamieren und in Verruf bringen. Es stellt sich dabei allerdings die Frage, ob hiermit nicht ganz offensichtlich eine Verharmlosung beabsichtigt ist, mit der der Islam als Religion an sich als unhinterfragbar akzeptabel dargestellt werden kann, während die in seinem Namen begangenen Verbrechen und Terrorakte davon abgekoppelt werden können. Um dies zu erreichen, musste der „Islamismus“ oder der „Politische Islam“ erfunden werden.

Das Innenministerium „klärt auf“
Das BRD-Innenministerium übernimmt die neue, künstliche Unterscheidung in „Islam“ und „Islamismus“ auf seiner Internetseite:

„In Abgrenzung zur Religion Islam bezeichnet der Begriff Islamismus eine religiös verbrämte Form des politischen Extremismus. Unter Berufung auf den Islam zielt der Islamismus auf die teilweise oder vollständige Abschaffung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. […] Der Islamismus basiert auf der Überzeugung, dass der Islam nicht nur eine persönliche, private Angelegenheit ist, sondern auch das gesellschaftliche Leben und die politische Ordnung bestimmt oder zumindest teilweise regelt. Der Islamismus postuliert die Existenz einer gottgewollten und daher wahren und absoluten Ordnung. Sie steht über den von Menschen gemachten Ordnungen. […] Mit ihrer Auslegung des Islam stehen Islamisten im Widerspruch insbesondere zu den im Grundgesetz verankerten Grundsätzen der Volkssouveränität, der Trennung von Staat und Religion, der freien Meinungsäußerung und der allgemeinen Gleichberechtigung. Ein wesentliches ideologisches Element des Islamismus ist außerdem der Antisemitismus.“

Eine Wissenschaftlerin sekundiert
Die Ethnologin und Islam-Expertin Susanne Schröter schreibt in ihrem Buch „Politischer Islam“ vergleichbar:

„Der politische Islam ist ein Gegenentwurf zur säkularen Moderne und den Freiheitsrechten des Individuums. Seine Wurzeln gehen weit in die islamische Geistesgeschichte zurück und stehen häufig in Zusammenhang mit Enttäuschungen muslimischer Akteure über misslungene politische Expansionen oder den Verlust von Herrschaftsgebieten. Seine gegenwärtige Spielart stellt eine Reaktion auf den Zusammenbruch des osmanischen Kalifats und die weltweite Dominanz des Westens dar.“ (Seite 10)

„Ingesamt handelt es sich beim politischen Islam um ein komplexes Gebilde religiös begründeter Normen, die die Grundlage einer alle Bereiche des Lebens umfassenden sozialen Ordnung darstellen.“ (Seite 15)

„Es sei betont, dass es […] nicht um „den“ Islam an sich geht, den es im Singular gar nicht gibt, sondern um eine spezifische Ausprägung dieser Religion, die auf die totale Umgestaltung des Politischen und auf eine Unterwerfung von Gesellschaft, Kultur, Politik und Recht unter islamische Normen zielt.“ (Seite 15)

„Der politische Islam stellt eine Sonderform des Islam dar.“ (Seite 8)

Hierbei ergeben sich eine Reihe von Fragen: Ist die Ausübung von Gewalt durch Islamanhänger seit der Gründung des Islams bis in die jüngste Zeit nicht konstant? Ist mit dem Beginn der Moderne wirklich das Aufkommen einer „neuen Spielart“ des sogenannten „Politischen“ Islams verbunden? Wenn Schröter von dessen „gegenwärtiger Spielart“ schreibt – welche anderen hat es davor gegeben? Es ist bezeichnend, wie hier die Kontinuität der islamischen Gewalt und dessen Ursache im Koran verwässert werden. Man mag jedenfalls nicht glauben, dass Schröter dies aus Angst vor einer rigiden BRD-Justiz tut, die eine Kritik am Islam tatsächlich immer schwieriger macht.

Der „Politische Islam“ muss noch weiter differenziert werden?
Der Soziologe Imad Mustafa beteiligt sich an der künstlichen Trennung von „Islam“ und „Politischem Islam“, wobei er selbst den Politischen Islam noch einmal aufspaltet:

„So wie es einen Islam nicht gibt, sondern verschiedene raum-zeitliche Konfigurationen des „Islam“, so gibt es auch nicht den einen politischen Islam. Je nach regionaler und konfessioneller Ausprägung, unterscheiden sich die Bewegungen zum Teil erheblich in ihrer religiös-politischen Positionierung.“ (Imad Mustafa: „Der Politische Islam“, Seite 11)

Ist es nicht eine Islam-inhärente Gewalt, die alle Islamanhänger, allerdings in unterschiedlicher Intensität, letztlich als Gemeinsamkeit ihres Glaubens auf der Basis des Korans haben? Dabei ist der Koran selbst unveränderbar. Der Trick der Islam-Verharmloser besteht darin, die ideologisch-religiösen Inhalte, einschließlich der unantastbaren Fundamente, als angeblich flexibel, unverbindlich oder variabel zu bezeichnen. So, als ob der Kern des Islams mit unseren westlichen Werten grundsätzlich kompatibel wäre. In der Realität würde jedoch nur ein wirklicher Verzicht der Gläubigen auf die Ausübung von wesentlichen Kernbestandteilen ihrer Religion den Islam einigermaßen kompatibel machen. Das wäre dann aber kein Islam mehr.

Politischer Buddhismus?
Es kommt auf die Worte an, die man wählt. Von einem „Unpolitischen Islam“ spricht niemand, im Gegensatz zum „Politischen Islam“. Von einem „Politischen Judentum“, einem „Politischen Christentum“ oder einem „Politischen Buddhismus“, hört man bis heute nichts. Das Gegensatzpaar „islamisch-islamistisch“, vergleichsweise: „katholisch-katholistisch“, ergibt keinen Sinn. Verdächtig ist allein schon, dass lediglich beim Islam derartiges propagiert wird. Er muss somit etwas Besonderes an sich haben.

„Islam“ und „Islamismus“ nicht abgrenzbar
Die Islamanhänger unterscheiden selbst nicht in „Politischen Islam“ und „Islam“, sondern in „echte/richtige“ und „unechte/falsche“ Moslems. Hans-Peter Raddatz beschreibt vor der Erfindung des verharmlosenden Begriffs „politischer Islam“ vor mehr als zwei Jahrzehnten in „Von Allah zum Terror?“, wie die Grenzen beim „Islam“ und „Islamismus“ verschwimmen:

„…betonen die Lobbyisten des Islam, dass dieser selbst kein „Monolith“ sei, sondern sich in so viele Facetten und Aspekte teile, dass von „dem Islam“ eigentlich keine Rede sein könne und daher vom Islamismus strikt zu trennen sei. Ab dem 11. September sah man sich allerdings genötigt, diese „Methode“ auf den Islamismus auszuweiten. Nun hieß es auch hier, dass es innerhalb des Islamismus eine Vielzahl z.T. überaus friedlicher Strömungen gebe, die es unmöglich machten, von „dem Islamismus“ zu sprechen.“

„Welche Aspekte es nun „eigentlich“ sind, die „den Islam“ und „den Islamismus“ so vielfältig, friedlich und bereichernd sein lassen, blieb indessen weiterhin undiskutiert. Ebenso blieb ungeklärt, wieso eine Religion – im Gegensatz zu beispielsweise Buddhismus und Hinduismus – einer eigens für sie eingerichteten Lobby und deren umfassender Fürsprache bedarf, wenn ihr hervorstechendes Merkmal eine ebenso umfangreiche Friedensfähigkeit und Toleranz ist, die sie „eigentlich“ zum Selbstläufer, zum moralischen Renner der westlichen Moderne machen müßte.“  („Von Allah zum Terror?“, Seite 10).

Kein Wunder, dass man mittlerweile den abgrenzenden Begriff eines sogenannten „politischen Islams“ erfand.

Das Wort „politisch“ ist überflüssig und irreführend
Die ansonsten äußerst verdienstvolle Ethnologin Susanne Schröter erklärt noch 2019 in ihrem Buch:

„Der politische Islam ist ein Gegenentwurf zur säkularen Moderne und den Freiheitsrechten des Individuums.“ (Seite 10)

Wenn man das Wort „politisch“ streichen würde, käme man der Realität nicht viel näher? Der Islam ist offensichtlich über alle Zeiten hinweg schon ein radikaler „Gegenentwurf“ gewesen, der schon immer auch eine politische Dimension hatte. Offensichtlich verwendet Schröter den unzutreffenden, verharmlosenden Begriff, um nicht grundsätzlich als Gegner des Islams dazustehen. Sie verharmlost entweder aus Angst oder aus Unwissenheit. Wie würde sich der Umkehrschluß „Der unpolitische Islam ist kein Gegenentwurf zur säkularen Moderne und den Freiheitsrechten des Individuums“ anhören? Noch deutlicher kann man den Unsinn des Gegensatzpaares von „politisch“ und „unpolitisch“ hier nicht darstellen.

Nur ein Islam
Die Islam-Apologeten behaupten, es gäbe beliebig viele Varianten des Islams, während Kritiker behaupten der Islam sei mit einem unverzichtbaren Kernbestand an Inhalten – vor allem der Scharia – ausgestattet, die unverhandelbar und ewig gültig für jeden Islamanhänger seien. Der Islam-Wissenschaftler Tilman Nagel bringt es auf den Punkt:

 „Mit der Fiktion eines zu bekämpfenden „politischen Islams“ und dem Glauben an einen unpolitischen Islam […] wird man sich nicht aus der Problematik der Unverträglichkeit eines islamischen Glaubenslebens mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung herausmogeln können.“ („Das islamische Pflichtgebet“, Seite 111).

Fragen, die gestellt werden müssen
Kann man den Islam, gemessen an westlichen Demokratievorstellungen, auf einer Skala, von „gut“ bis „böse“, abbilden? Wird bei Extremisten jeglicher Abstufung lediglich ein religionstheoretisch unzulässiger Missbrauch mit dem Islam getrieben, der mit der Religion des Islams eigentlich nichts zu tun hat? Wer hat hier die Deutungshoheit, wer legt die Unterschiede fest und wer entscheidet wonach über eine Akzeptanz? Politik, Wissenschaft und die Medien spielen in einem unglaublichen Ausmaß die negativen Aspekte des Islams herunter.

Warum ändert man die Begriffe?
Die Verwendung der neuen gegensätzlichen Begriffe „Islamismus“/ „normaler Islam“ sowie „Politischer Islam“ / „nichtpolitischer Islam“ stellt die gleiche Verharmlosung dar wie einst „radikaler Islam“/ „nichtradikaler Islam“. Indem man sie verwendet, verschleiert man die wahre Ursache für deren negative Erscheinungen. Gäbe es nur einen Islam, müsste man gegen ihn generell und präventiv vorgehen, da er mit westlichen Werten und westlichem Rechtsverständnis inkompatibel ist. Gibt es aber lediglich negative Abweichungen, kann man den in den Westen eingewanderten Islam grundsätzlich tolerieren. Die mehrheitlich mit Islam-Anhängern erfolgende Umvolkung per Masseneinwanderung wäre dann im Rahmen der Aufrechterhaltung der demokratischen Werte des Westens grundsätzlich kein Problem. Der demokratische Westen bliebe bestehen – nur mit anderen Menschen.

Linke Metapolitik
Die Schaffung neuer Wörter, die Deutungshoheit über Begriffe, ist Metapolitik von links. Man sollte sich generell hüten, neue Begriffssetzungen mitzumachen. So wurden aus dem Fremdarbeiter und dem Gastarbeiter heute in einem langen Prozeß neuer Wortkreationen schließlich „Schutzsuchende“, „Flüchtende“ oder „Migranten“, obwohl die Mehrzahl der Illegalen keinerlei Anspruch auf Einwanderung oder Asyl hat und weniger verharmlosende, drastischere Ausdrücke angebracht wären. Die Verwendung der Begriffe „Politischer Islam“ und „Islamismus“ sind genau solche Versuche, die Realität vermittelts Worten zu verschleiern und die Bevölkerung in einer falschen Sicherheit zu wiegen. Das Problem wird hier nicht an der Wurzel angepackt, sondern künstlich minimiert und als beherrschbar ausgegeben.

Zeit für klare Worte und klare Positionen
Der Islam in seinem Erscheinungsbild und seinem Wesen ist heute umstritten, wie keine andere Religion. Er stellt weltweit eine potentielle oder tatsächliche Bedrohung dar. Es besteht der begründete Verdacht, dass der Islam grundsätzlich eine verfassungsfeindliche „politische Ideologie“ und keine Religion ist. Die Verantwortlichen für den Großen Austausch im Westen sind daher gezwungen, eine Rechtfertigung dafür finden, dass sie dessen Import in den Westen fördern. Dazu dienen die neuen Begriffe, auch wenn man sich nicht einig ist, welchem davon man den Vorzug geben soll. Dem muss man mit exakten Begriffen und klaren Positionen entgegentreten.

Fazit
Das Grundgesetz garantiert zurecht die freie Religionsausübung – sofern es sich bei der Weltanschauung tatsächlich um eine friedliche Religion und nicht um eine verfassungsfeindliche, religiös getarnte Ideologie handelt. Der Islam, als eine Weltreligion, verdient in seinem Herrschaftsgebiet Respekt, genauso wie das Recht im Westen bestehen bleiben muss, ihn in jeglicher Hinsicht kritisieren zu dürfen. Eine Einmischung in dessen innere Angelegenheiten im Ausland verbietet sich. Möge er dort herrschen, wie es sich seine Anhänger wünschen. Was jedoch inakzeptabel ist, sind sowohl der Massenimport seiner Glaubensanhänger in unser Land, wie auch der Versuch, uns aus seinem Herrschaftsbereich heraus zu islamisieren oder mit Terror zu überziehen. Die Anwesenheit von Moslems in der Bundesrepublik ist nur zu gestatten, soweit sie sich bedingungslos an die bestehenden Gesetze halten. Ob dies mit ihrem Glauben vereinbar ist, ist nicht nur eine individuelle Frage, die sie selbst entscheiden. Der Islam muss sich generell einer Prüfung unterwerfen, ob er mit den westlichen Werten und Rechtsvorstellungen kompatibel ist. Es gibt starke Anzeichen dafür, dass er dies nicht ist.

Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: Getmilitaryphotos / Shutterstock.com; Bild in der Mitte: Netzfund auf X, Urheber unbekannt; Bild unten: Privat

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