Von Jan Ackermeier

Seit dem 11. Dezember 1957 wird in der „DDR“ das ungenehmigte Verlassen ihres Territoriums als „ungesetzlicher Grenzübertritt“ bestraft. Der „ungesetzliche Grenzübertritt“ (auch Republikflucht) war in der „DDR“ eine Straftat gegen die staatliche und öffentliche Ordnung nach § 213 des Strafgesetzbuchs. Die Strafbewehrung diente in erster Linie dazu, Einwohner der „DDR“ aufgrund des Versuchs der Flucht aus der „DDR“ in die Bundesrepublik Deutschland zu bestrafen.

650 Tote
Die Grenze durfte nur mit gültigen Dokumenten über die geöffneten Grenzübergangsstellen (Kontrollpassierpunkte) passiert werden. Nach § 27 des Gesetzes über die Staatsgrenze der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. März 1982 (Grenzgesetz) waren die Grenztruppen der „DDR“ für den Grenzschutz zuständig und auch zur Anwendung von Schußwaffen befugt, „um die unmittelbar bevorstehende Ausführung oder die Fortsetzung einer Straftat zu verhindern, die sich den Umständen nach als ein Verbrechen darstellt“. Insgesamt gab es aufgrund dieses Grenzregimes in den Jahren 1957 bis 1989 über 650 Tote bei Versuchen, aus der „DDR“ zu fliehen.

Endlich: es wird nicht mehr kontrolliert
Erst mit dem Beschluß des Ministerrats vom 9. November 1989 im Zuge der politischen Wende konnten Privatreisen in das Ausland ohne Vorliegen von besonderen Voraussetzungen wie Verwandtschaftsbesuchen beantragt werden. Die Genehmigungen sollten kurzfristig erteilt, Versagungsgründe nur in besonderen Ausnahmefällen angewandt werden. Das daraufhin erlassene Gesetz über Reisen von Bürgern der „Deutschen Demokratischen Republik“ in das Ausland (Reisegesetz), das auch den Erwerb von Devisen regelte, trat am 1. Februar 1990 in Kraft. Danach hatte jeder Bürger der „Deutschen Demokratischen Republik“ das Recht, jederzeit in das Ausland zu reisen und zu diesem Zweck einen Reisepaß der „Deutschen Demokratischen Republik“ zu erhalten. In der Praxis war diese Regelung aber schnell überholt, weil kaum jemand Anträge auf Ausreise stellte, sondern einfach mit seinem „DDR“-Paß die Grenze überschritt. Die Grenztruppen sahen sich aufgrund der chaotischen Zustände außerstande (und waren auch nicht mehr gewillt) das Überschreiten der Grenze zu kontrollieren.

Beitragsbild / Symbolbild: Zwei Angehörige der „DDR“-Grenztruppen in den 1980er-Jahren. Urheber unbekannt.

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