Von Peter Snorkel

Konnte man in der Vergangenheit immer mal wieder darüber streiten, ob ein Gerichtsurteil politisch oder – wenn auch konstruiert – juristisch begründet gewesen ist, so ist diese Fassade der rechtlichen Begründungen nun am beschaulichen Amtsgericht Offenburg in Baden-Württemberg, zumindest vorerst, gefallen. Ein Urteil, das nichts anderes als ein Skandal-Urteil ist. Was war geschehen?

Gesinnungsjustiz?
Richter am Amtsgericht Patrick Lehmann legte in seiner mündlichen Urteilsbegründung am vergangenen Freitag Taras Maygutiak, Kreissprecher der AfD Ortenau und Fraktionsvorsitzender der AfD im Offenburger Gemeinderat sowie Direktkandidat zur Bundestagswahl des Wahlkreises 284 für die AfD, unverhohlen nahe, er solle die AfD verlassen und seine politische Meinung ändern. Er verwies darauf, dass die AfD-Mitgliedschaft das Strafmaß erhöht habe. Damit wurde – auch – ein Urteil über die AfD gesprochen. Die Botschaft, die nun offenbar vom Amtsgericht Offenburg salonfähig gemacht werden soll, ist, dass jedes AfD-Mitglied, jeder AfD-Stadtrat oder Kreisrat, bis hin zur potenziellen Spitzenkandidatin der AfD, Alice Weidel, bei rechtlichen Auseinandersetzungen mit Sonderstrafen sowie mit Strafschärfungen zu rechnen haben.

Noch Justiz oder schon Willkür?
Die Ausführungen des Richters in der Urteilsbegründung dürften ein eklatanter Eingriff in die verfassungsrechtlich verbriefte Gewaltenteilung sein, man kann zu keiner anderen Bewertung kommen. Die Justiz versucht hier offensichtlich die kommende Bundestagswahl zu beeinflussen. Ein ungeheuerlicher Vorgang, so Beobachter des Verfahrens einhellig.

Taras Maygutiak.

Der Grund des Verfahrens
Beschuldigt wurde Taras Maygutiak in zwei Fällen „Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ wie sie in §86 StGB definiert sind, öffentlich verbreitet zu haben. Konkret ging es um zwei unterschiedliche Facebook-Posts, auf denen zwar Hakenkreuze zu sehen gewesen sind. In beiden Fällen war indes eine Distanzierung von der nationalsozialistischen Ideologie deutlich erkennbar. Wurde Maygutiak im ersten Fall freigesprochen, so ging Richter Lehmann beim zweiten Fall förmlich in die Vollen und überbot noch die Forderung der Staatsanwaltschaft. Bei dem Post, der letztlich zur Verurteilung führte, war ein historisches Bild eines Straßenzuges in den 1930er-Jahren mit Hakenkreuzen zu sehen, rechts daneben ein Bild mit einer durchgängig mit Regenbogen-Fahnen beflaggten Straße. Im Kommentar wurde die Funktionsweise von Ideologien und deren Fahnen, die keine hoheitlichen Fahnen sind oder waren, verglichen. Erkennbar auch hier, dass sich Maygutiak keinesfalls mit beiden Ideolgien gemein macht(e), die hinter den Fahnen standen. Dies hatte er in einem zusätzlichen Kommentar unter dem Post, der auch dem Gericht vorlag, auch noch unmissverständlich geschrieben.

Absurde Konstruktion von NS-Nähe
Dass eine Nähe Maygutiaks zum Nationalsozialismus absurd ist, begründete dieser auch mit der eigenen Familiengeschichte. Seine Großeltern väterlicherseits mussten unter den Nationalsozialisten Zwangsarbeit leisten. Die Staatsanwaltschaft hatte für Maygutiak, der bisher noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, 65 Tagessätze zu 90 Euro gefordert (damit wäre er nicht vorbestraft gewesen), Maygutiaks Rechtsanwalt Dirk Schmitz hatte auf Freispruch plädiert. Richter Lehmann verurteilte Maygutiak zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten, ausgesetzt auf zwei Jahre zur Bewährung und einer Geldstrafe von 5000 Euro sowie zu 50 Sozialstunden bei der Flüchtlingshilfe. Mit seinem Hinweis, er (Maygutiak) solle seine politische Meinung derweil ändern und die AfD verlassen, erinnerte der Urteilsspruch nicht wenige Beobachter an die DDR-Justiz, die einen auf den falschen Pfad gelangten Genossen erzieherisch auf den richtigen politischen Weg bringen soll. Maygutiak ist 51 Jahre alt und in seiner Persönlichkeit durchaus gefestigt.

Widerstand
Taras Maygutiak erklärte nach der Gerichtsverhandlung erwartungsgemäß, dass er das Urteil nicht akzeptieren könne. Sein Rechtsanwalt Dirk Schmitz kündigte noch im Gerichtssaal an, dass man Rechtsmittel gegen das skandalöse Urteil einlegen werde.

Beitragsbild / Symbolbild und hier oben: New Africa / Shutterstock.com; Bild darunter: AfD Offenburg

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