Von Peter Snorkel
Früher gehörten sie zum Stadtbild aller Universitätsstädte im deutschsprachigen Raum: Die Mitglieder der Studentenverbindungen mit ihren traditionellen farbigen Mützen und Bändern. Seit den 1960er Jahren sind sie aber nicht mehr en vogue, fristen eher ein Schattendasein, sind im Universitätsalltag allenfalls geduldet, wenn nicht sogar bekämpft. Klar, sie stehen eher für ein konservatives Weltbild, pflegen zum Teil jahrhundertealte Traditionen. Besonders die schlagenden Verbindungen und unter ihnen die Burschenschaften werden gerne als angeblich rechts bis rechtsradikal gebrandmarkt. Dabei haben wir gerade den Burschenschaften unseren heutigen Staat zu verdanken, ohne Burschenschaft wäre das Wartburgfest, das Hambacher Fest, die Frankfurter Paulskirche, der Frankfurter Wachensturm nicht denkbar, die 1871 zum ersten deutschen Nationalstaat führten. Das vergessen ihre Gegner gerne. Und auch jetzt stehen Burschenschafter erneut im Fadenkreuz der staatsnahen Presse.
Wenn ein Titel alles über die Sendung sagt
Der Titel gibt die Richtung vor: “Braune Burschenschaften – Das rechtsextreme Netzwerk der AfD” heißt die Dokumentation, die am kommenden Dienstag, 14. Mai, in der ARD, hergestellt vom SWR, von 21.45 bis 22.15 Uhr ausgestrahlt werden soll und sich dem Thema Burschenschaften widmen möchte. Und der Titel gibt die Stoßrichtung unzweideutig vor. Es geht um die AfD, die man treffen will. Konnte ein angeblich ominöses Geheimtreffen in Potsdam medial derartig aufgebauscht werden, dass man sogar von einer “Wannseekonferenz 2.0” schwafelte, kann man das vielleicht noch potenzieren, immerhin kommen die Wahlen zum EU-Parlament immer näher, dachten sich vielleicht die Verantwortlichen der Sendung. Denn wochenlang hieß es, in Potsdam hätte sich das Böse verschworen, also nach Lesart des politisch-medialen Komplexes natürlich Rechtsstehende, um die Deportation, die Ausweisung aller in der BRD befindlichen Ausländer oder sogar Deutsche mit Migrationshintergrund zu verabreden. Dass das nicht ansatzweise stimmte, weiß man mittlerweile, zum Teil sogar gerichtsfest. Trotzdem wird die Grundaussage der Correctiv-Recherchen immer noch verbreitet. Während die Folgeberichte über das Potsdam-Treffen groß aufgemacht wurden, fanden sich Korrekturen, wenn überhaupt, meist nur auf hinteren Seiten unseres Blätterwaldes, und dann zumeist auch eher kurz und knapp. Aber Correctiv ist genauso staatsnah wie der Öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) auch, aber vermutlich hat man sich beim ÖRR im Zuge der Potsdam-Berichterstattung gedacht, dass man ja auch selbst etwas in der Richtung bringen könnte. Und da die rote Nancy vor ein paar Wochen ankündigte, sich näher mit Mitarbeitern der AfD beschäftigen zu wollen, lag das Thema förmlich auf dem Tisch. Und so machte sich ein Team von Report/MAINZ vom SWR emsig an die Arbeit.
Fleißig und einseitig
Den Journalisten Eric Beres und Philipp Reichert kann man zumindest nicht vorwerfen, faul zu sein. Mehrere Dutzend Burschenschafter haben sie in den vergangenen Wochen kontaktiert. Nicht irgendwelche, denn es gibt etwa 10.000 bis 12.000 Burschenschafter in der BRD und Österreich. Nein, es sind entweder AfD-Abgeordnete oder Mitarbeiter von Abgeordneten oder Mitarbeiter von AfD-Fraktionen gewesen, die “nette” E-Mails erhielten, in denen inquisitorisch gefragt wurde, bei welcher Burschenschaft man sei oder seit wann man in der einen oder anderen Burschenschaft sein Band hätte. Auch wurden einige zu früheren oder anderen politischen Aktivitäten gefragt, selbst wenn diese 30 Jahre zurücklagen. Die meisten Angeschriebenen antworteten einfach gar nicht, einige wenige schrieben sich von der Seele, was sie von der staatsnahen Presse halten. Eine Landtagsfraktion eines westlichen Bundeslandes machte darauf aufmerksam, dass man darüber keine Auskunft erteilen könne, da die Mitgliedschaft in Studentenverbindungen Privatsache der Mitarbeiter sei. Ein Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten teilte dem SWR jedoch das mit, was sich zahlreiche der Angschriebenen auch im Stillen gedacht haben werden:
“Wofür ich nicht zur Verfügung stehe, das ist dieser gewisse Schmutzjournalismus im Stile antifaschistischer Zeilenmarkierer und Berufsdenunzianten, der ohne jegliches aufrichtiges Interesse auskommt und dessen alleiniges Motiv die plumpe und (wahlkampf)politisch motivierte Propaganda gegen Andersdenkende und Oppositionelle ist. […] Und nun los, basteln Sie den nächsten dieser armseligen ÖRR-Berichte von und für geistig arme Geländerdenker zusammen. Vergessen Sie bitte die üblichen Stilmittel wie den Hitchcock-Soundtrack und die weinerlichen linken “Experten” nicht, die das auch nochmal richtig “einordnen”. Nicht, dass einer Ihrer Zuseher nachher noch eigenständig denkt! Diese Form von Journalismus ist jedenfalls so erbärmlich und würdelos, so derart langweilig, spießig und vorhersehbar.”
Kritik berechtigt?
Nun mag man denken, dass diese Kritik sehr deutlich ist, aber ist sie auch zutreffend? Ja, denn die Methoden, die das Report/Mainz-Team an den Tag legt, ist bereits ohne Kenntnis der genauen Sendung als fragwürdig zu werten. Warum? Die Frage ist berechtigt, wie der SWR an alle Mitarbeiterinfos gelangt ist, denn so mancher Mitarbeiter arbeitet still und leise im Kämmerlein Zuhause, tritt nicht öffentlich auf. Lediglich die Landtagsverwaltungen und die Bundestagsverwaltung, über die die Abgeordnetenmitarbeiter beschäftigt sind, haben alle Daten vorliegen. Haben diese die Daten etwa an den SWR herausgegeben? Oder war es vielleicht ein Nachrichtendienst wie etwa der Verfassungsschutz, der dem SWR die Daten zukommen lassen hat? Auch hat Monitor/MAINZ Abgeordnetenmitarbeiter nach Sachverhalten gefragt, die erst im Rahmen eines Datendiebstahls in den Besitz von Linksextremisten gelangt sind. Um nichts Falsches zu behaupten, fragten wir den SWR daher folgendes:
“Sie haben zumindest einen Burschenschafter mit Informationen konfrontiert, die illegal durch Linkextreme „abgeschöpft“ wurden. Stehen Sie mit Organisationen in Verbindung, die sich als antifaschistisch oder durchaus linksextremistisch erachten? Wenn ja, mit welchen?”
“Arbeiten Sie bei diesem Thema mit staatlichen Einrichtungen, Institutionen oder Ämtern zusammen? Wenn ja, mit welchen?”
“Wer hat Ihnen die Mitarbeiterlisten zukommen lassen? Und wer hat Ihnen mitgeteilt, welche Person bei welcher Burschenschaft Mitglied ist? Können Sie hierbei ausschließen, dass die Datenweitergaben nicht gegen geltende Datenschutzbestimmungen und -Gesetze verstoßen haben?”
“Arbeiten Sie bei diesem Thema mit anderen Recherchegruppen zusammen, beispielsweise mit selbsternannten Faktenscheckern oder dem Correctiv-Team? Wenn ja, mit welchen und wenn ja, stehen diese alle auf dem Boden des Grundgesetzes?”
Bedauerlicherweise teilte uns eine Kommunikationsverantwortliche zu unseren Fragen recht einsilbig mit:
“Zu laufenden Recherchen machen wir grundsätzlich keine Angaben. Dafür bitten wir um Verständnis.”
Gab es einen oder mehrere Undercover-Einsätze?
Nun ist eine Interviewanfrage, deren Beantwortung man ja ablehnen kann, per se noch kein fragwürdiges journalistisches Vorgehen. Aber was ist mit dem Einsatz von Undercover-Personen? So wurde eine Burschenschaft, die derzeit in Nordrhein-Westfalen beheimatet ist, von Report/MAINZ nach konkreten Aussagen eines Vortragsreferenten gefragt und wie sie dazu steht. Besonders perfide: Der Referent hatte kürzlich bei einem Vortrag aus einer Sammlung von fiktiven Texten vorgelesen. In der Report/MAINZ-Anfrage wird jedoch der Eindruck erweckt, der Referent hätte sich die fiktiven Aussagen zu eigen gemacht und es wären seine persönlichen Ansichten. Der somit durchaus getätigte Text liegt den Journalisten indes wortwörtlich vor. Seltsam? Denn ein Gast des Vortrages hatte sich in die nichtöffentliche Veranstaltung reingeschmuggelt. Die Person, die sich ordnungsgemäß anmeldete, hatte – dies ergaben unsere Recherchen – seine E-Mailadresse erst sieben Minuten vor dem Abschicken der Anmeldung eingerichtet. Und bei einem weiteren Vortrag bei der gleichen Burschenschaft hatte sich ein anderer Gast zwar ebenfalls ordentlich angemeldet, aber wurde noch auf der Veranstaltung als U-Boot lokalisiert. Ergebnis: Er hatte eine Kamera bei sich. Natürlich ist ihm nichts geschehen, man verhält sich in den Kreisen eben nicht wie die Antifa. Und ob sich die fiktiven Gäste im Auftrag des SWR in die Veranstaltungen reinschmuggelten, oder er lediglich von Aufzeichnungen der U-Boote profitiert, weiß man nicht. Denn auch zu dieser Frage vom Freiburger Standard wollte man sich beim SWR nicht äußern.
Was zu erwarten ist
Die Potsdam-Erfahrung zeigt: Medien nutzen derzeit jeden Ansatz, um der AfD zu schaden, die Wahlen sind nun einmal nicht fern. Das Thema “Burschenschaften” ist in diesem Kontext lediglich ein Instrument, um die AfD nachhaltig zu beschädigen. Oder haben Sie, lieber Leser, schon einmal eine ähnliche Sendung gesehen, wo Mitarbeiter der SPD, der Grünen oder der Linkspartei kritisch beäugt wurden? Dass selbst ein Ex-RAF-Terrorist in einem Bundestagsbüro arbeitete, ist den meisten Medien indes keine Zeile wert gewesen. Zudem gibt es kein burschenschaftliches Netzwerk innerhalb der AfD, wie uns etliche Insider versichert haben. Wie denn auch? Die Mitarbeiter sind oftmals gar kein AfD-Mitglied. Meist erledigen sie lediglich Auftragsdienste wie das Verfassen von Reden, Texten oder ähnliches, haben aber gar keinen Einfluß auf die Partei selbst. Und die AfD-Landes- und Bundestagsabgeordneten, die Burschenschafter sind, gehören oftmals völlig unterschiedlichen Lagern oder – im negativen Sinne – Beutegemeinschaften innerhalb der Partei an. Das ist selbst Nicht-Burschenschaftern in der Partei hinlänglich bekannt. Und außerdem gibt es selbst unter Burschenschaftern – wie im deutschen Vereinsleben üblich – Animositäten, Rivalitäten, manchmal sogar Streit, der verhindert, dass es ein einiges burschenschaftliches Netzwerk gibt. Fazit: Hier wird etwas suggeriert, was es nicht gibt. Das ist durchschaubar – und ein Grund mehr, für die Abschaffung des ÖRR einzutreten.
Die Sendetermine des Report/MAINZ-Beitrages in der ARD finden sich hier!
Beitragsbild / Symbolbild: Ollyy; Bild oben: Branko-Devic / beide Shutterstock.com
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[…] und berichtete am Dienstagabend über ein angebliches Netzwerk von Burschenschaftern in der AfD (wir berichteten im Vorfeld). Der Bericht krankte aber an echten Vorwürfen, die man der AfD hätte machen können. Peinlich, […]