Von Brutus Crombie

Früher gab es mal einen konservativen Flügel innerhalb der Unionsparteien. Das ist lange her. Dennoch betont Friedrich Merz regelmäßig, dass die CDU auch konservative Wurzeln habe. Aber heute ist – bekanntermaßen – nichts mehr konservativ an der CDU oder ihrer bayerischen Variante CSU. Aber früher tummelten sich etliche Gruppen, Organisationen und Vereine im konservativen Bereich, darunter Vertriebenenverbände, Verbände von Studentenverbindungen oder vorpolitische Gruppen wie die SWG. SWG? Das steht für Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft e.V. Die Organisation, die in Hannover und Kiel über Zweigstellen verfügt, ist in Hamburg beheimatet, hat rund 300 Mitglieder und kann als NGO bezeichnet werden. Nun hat sie den Verfassungsschutz verklagt, weil der sie seit dem vergangenen Jahr als „erwiesen rechtsextrem“ führt.

Was war geschehen?
Die gemeinnützige „Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft in Hamburg, die sich seit über 60 Jahren der politischen Bildung aus konservativer und rechtsliberaler Sicht widmet, wurde von der Hamburger Innenbehörde im vergangenen Jahr als „erwiesen rechtsextremistisch“ eingestuft. Die SWG wurde vorher weder informiert, noch hat ein rechtliches Gehör stattgefunden: so wird in Hamburg unmissverständlich die Objektstellung von Bürgern demonstriert! Inzwischen wurde durch Äußerungen des Verfassungsschutzes bekannt, dass die SWG bereits seit 2019 als „Prüffall“ und seit 2021 als „Verdachtsfall“ geführt wird: Also fand innerhalb von nur vier Jahren eine ziemlich schnelle „Hochstufung“ in drei Schritten statt! Während so manche Gruppe oder Organisation eine solche Einstufung für gewöhnlich hinnimmt, läßt sich die SWG das Verhalten des hinlänglich bekannt als scharf urteilenden Hamburger Verfassungsschutzes nicht gefallen. Der SWG-Vorsitzende Stephan Ehmke weist diese Einstufung im Namen seiner traditionsreichen Bildungsinstitution indes als ungerechtfertigt zurück. In der vergangenen Woche stellte er im Rahmen einer Pressekonferenz ein juristisches  Gutachten in Hamburg vor. Dieses wurde von Regierungsdirektor a.D. Josef Schüßlburner verfasst, einem Experten zum Komplex Innere Sicherheit und Verfassungsschutz. Der Autor kommt im Gutachten zum Schluß, dass die Einstufung des seit 1962 bestehenden Vereins nicht gerechtfertigt ist.

Die Begründung des Gutachtens
Das Gutachten stellt eine fundamentale demokratietheoretische Kritik an der Praxis des unbeliebten Inlandsgeheimdienstes dar. Im Gutahten wird nachgewiesen, dass die freie Meinungsäußerung mit dem illegalen Mittel der Nachzensur eingeschränkt wird und regierungskritische Personen und Organisationen durch konstruierte und willkürliche Interpretationen als „extremistisch“ diffamiert werden. Auf diese Weise ist der „Verfassungsschutz“ selbst zu einer Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat geworden, heißt es im Gutachten überdeutlich. „Offenbar befindet sich der linkspolitisch instrumentalisierte Geheimdienst der Hansestadt mit seiner Ausgrenzungs-Strategie gegen oppositionelle Bürger auf den totalitären Spuren der untergegangenen DDR-Diktatur und ihrer SED-Staatspartei“, befindet der SWG-Vorsitzende Ehmke kritisch. Kritisiert wird ebenfalls am Verfassungsschutz, dass die Vorwürfe, die zu der Einstufung als „gesichert rechtsextrem“ geführt haben, ausschließlich auf willkürlichen Auslegungen von Meinungsäußerungen in Schriften der SWG beruhen. So soll etwa mit dem Gebrauch des Worts „Globalisten“ ein antisemitisches Narrativ zum Vorschein getreten sein und eine Islamkritik wird als Menschenwürdeverstoß ausgemacht, weil nicht hinreichend zwischen Islam und Islamismus unterschieden worden sei. Vor allem wird Geschichtsrevisionismus zum Vorwurf gemacht.Wer also die „falsche“ Meinung zu historischen Vorgängen hat, ist per se ein Verfassungsfeind?

Nächster Schritt: Klage eingereicht
Die SWG hat nun ebenfalls Klage gegen die Hamburger Innenbehörde eingereicht. Gleichzeitig wurde durch den Anwalt der SWG eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichtes beantragt, mit dem Ziel, der Behörde die „Beobachtung“ der SWG bis zu einer Entscheidung im Hauptverfahren zu untersagen. Eine Entscheidung des Gerichts hierzu liegt noch nicht vor.

Widerstand ist nötig
Das Vorgehen der SWG ist zu begrüßen. Denn ansonsten erklären die Verfassungsschutzbehörden weiterhin wilkürlich Vereine oder Organisationen, die nicht der Staatslinie entsprechen, als „gesichert rechtsextrem“. Das haben die Akteure der SWG erkannt, sie sagen völlig zutreffend:

„Das eigentliche Angriffsobjekt ist aus unserer Sicht daher eigentlich gar nicht die SWG, sondern es sind die Grundrechte, insbesondere das Recht auf freie Meinungsäußerung und damit der Kern der Demokratie selbst.“

Dem ist nichts hinzuzufügen. Kein Verein, keine Organisation, keine Partei und auch keine Einzelperson sollte die Stigmatisierung von Medien und Verfassungsschutz unwidersprochen hinnehmen. Opoosition muss möglich bleiben.

Wer das Gutachten lesen möchte, es ist hier abrufbar!

Beitragsbild / Symbolbild: create jobs 51 / Shutterstock.com

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