Von Achim Baumann

Wer hätte das gedacht? Die Republik steht innenpolitisch still, da eine demokratische Mehrheit innerhalb eines Landkreises doch glatt den AfD-Kandidaten gewählt hat. Forderungen nach einem Rückgängigmachen der Wahl waren anfangs noch spaßeshalber gemeint. Nun folgt der Hammer, man will den bislang untadeligen neuen Landrat Robert Sesselmann aus dem Amt verbannen, indem man ihm die Verfassungstreue abspricht. So will das Landesverwaltungsamt Sesselmann nachträglich auf Verfassungstreue prüfen.

Demokratischer “Super-Gau”?
“Sollte das Landesverwaltungsamt zu einem solchen Ergebnis kommen, würde es die Wahl für ungültig erklären. Denn dann hätten die Voraussetzungen für die Wählbarkeit des AfD-Kandidaten von vornherein nicht vorgelegen. Dagegen könnte bei den Verwaltungsgerichten geklagt werden. Sollte es soweit kommen, könnte es also ein langes Nachspiel werden. Alles in allem demokratisch gesehen ein ziemlicher Super-GAU” heißt es bei der Legal Tribune Online (LTO) recht offen und ziemlich ehrlich. Denn damit würde für jeden sichtbar sein, dass die Herrschenden sich des demokratischen Systems nur bedienen. Man könnte damit rechnen, dass bei einer erneuten Wahl die Stimmanteile für die AfD noch größer ausfallen würden. Besonders Bürger im Gebiet der ehemaligen DDR haben so ihre leidvollen Erfahrungen mit Demokratien, die keine sind. Ob sich die polit-mediale Kaste mit einem solchen Vorgehen nicht eher den letzten Zuspruch vergrault, ist Spekulation – aber sehr wahrscheinlich.

VS-Bundeschef Haldenweg fällt aus der Rolle
Apropos Verfassung: Thomas Haldenwang hat ein CDU-Parteibuch und war lange Vize seiner Behörde. Kollegen bezeichnen ihn als jemand, der nicht gerade die hellste Kerze auf der VS-Torte sein soll. Diesem Ruf wurde er vergangenen Woche mehr als gerecht, als er auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen VS-Berichtes sagte: “Nicht allein der Verfassungsschutz ist dafür zuständig, die Umfragewerte der AfD zu senken.” Nicht allein? Soso, aber mit dafür verantwortlich ist er schon? Damit gab er indirekt zu, was die VS-Kritiker um Josef Schüßlburner* und andere schon seit Jahren nachweisen, nämlich dass der Verfassungsschutz nichts als eine Institution ist, die Kritiker der Herrschenden zu “Verfassungsfeinden” stempelt. Immerhin gibt es eine solche Behörde in keinem anderen Staat westlicher Prägung. Der Verfassungsschutz dient offenkundig, und nun sogar zugegeben von offizieller Seite, dazu, die Opposition zu unterdrücken, während wirkliche Bestrebungen unser System zu verändern, Stichworte “Umvolkung”, “Klimahysterie” etc., nicht verfolgt werden. Auf den Extremismus der Mitte wird überhaupt kein Auge geworfen. Übrigens auch nicht auf unsere allierten “Freunde”, die genauso wie Russland oder China Spionage in der Bundesrepublik betreiben.

VS-Chef von Thüringen ebenfalls mit grotesker Aussage
Derweil hat sich der VS-Chef von Thüringen ebenfalls mächtig verplappert. Man müsse von 20 Prozent braunem Bodensatz ausgehen, so Stephan Kramer gegenüber dem NDR. Ein Beamter, der so eine Sprache pflegt, verletzt nicht nur das Mäßigungsgebot, sondern entmenschlicht”, bewertete Björn Höcke die Aussage zurecht sehr kritisch. Und in der Tat, hier werden 20 Prozent der Wähler schwerstens beleidigt. Was ist das eigentlich anderes als Volksverhetzung? Ob eine Staatsanwaltschaft von selbst darauf kommen wird?

VS Hamburg “findet” neues Beobachtungsobjekt
Ein wenig medial untergegangen ist dagegen das neue Beobachtungsobjekt des Hamburger Verfassungsschutzes. Vergangene Woche kam heraus, dass die Hamburger Schlapphüte künftig ein neues Beobachtungsgebiet pflegen: “Der Hamburger Verfassungsschutz hat den Verein »Staats- und Wirtschaftspolitische Gesellschaft« (SWG) als “gesichert rechtsextremistisch” eingestuft und zum Beobachtungsobjekt erhoben”, berichtet der SPIEGEL. Was? Die seit 1962 bestehende SWG** soll “gesichert rechtsextremistisch” sein? Es heißt, es hätten sich Hinweise auf “geschichtsrevisionistische und die parlamentarische Demokratie verächtlich” machende Aktivitäten verdichtet. “Der Verein verbreite antisemitische Chiffren und gebe vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs russische Propaganda wieder”, zitiert das linkslastige Hamburger Nachrichtenmagazin den Behördensprecher. Das gibt aber zu denken, denn worin besteht das Verfassungsfeindliche, wenn man im Rahmen des russisch-ukrainischen Konflikts auch die russische Seite hört? Ist es nicht mehr zulässig, eine andere Auffassung als die Meinung der Herrschenden zu haben? Ist man bei der Berwertung historischer Ereignisse gleich verfassungsfeindlich, wenn man zu anderen Schlüssen kommt als der Mainstream? Auch hier zeigt der Verfassungsschutz, wes Geistes Kind er ist. Und was sind “antisemitische Chiffren”? Woran erkennt man diese? Man kann nur hoffen, dass die SWG klagt, denn die Begründung klingt mehr als dünn.

Nach 61 Jahren nun beobachtet
Sind die vom VS nun völlig verrückt geworden? Man muss sich nur die Referentenliste der SWG auf Wikipedia anschauen, um festzustellen, dass die Mehrheit der Referenten zwar durchaus als konservativ, aber nicht als Verfassungsfeinde zu bezeichnen sind. Und zahlreiche der SWG-Mitglieder sowie Vorständler kommen aus dem Staatsapparat, insbesondere aus dem Militär. Die sollen plötzlich Verfassungsfeinde sein? Das ist in 61 Jahren noch niemandem aufgefallen? Der Fall zeigt erneut exemplarisch, dass man die Einschätzungen des Verfassungsschutzes am besten nicht beachtet und sich nicht einschüchtern lässt. Offensichtlich kann es jeden Kritiker rechts der Union betreffen, irgendwann einmal als “Verfassungsfeind” eingestuft zu werden. Es wird immer mehr zum Gütezeichen für ein normales konservatives Systemverständnis.

* Einen kritischen Blick auf den Verfassungsschutz bietet die Internetseite links-enttarnt.de. Dort wird mehrfach und detailliert nachgewiesen, dass der Verfassungsschutz lediglich ein Schutz der Herrschenden und ein undemokratisches Instrument ist, um die rechte Opposition zu behindern, zu stigmatisieren und letztlich zu bekämpfen.

**Die Internetseite der SWG findet sich hier!

Beitragsbild / Symbolbild: Sergii Gnatiuk / Shutterstock.com. Bild oben: Screenshot der BILD-Zeitung.

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