Von Dario Herzog

Es könnte zum Bumerang werden: In Rheinland-Pfalz plant der Landtag ein Gesetz, das den Ausschluss sogenannter „verfassungsfeindlicher“ Mitarbeiter aus der öffentlichen Finanzierung ermöglichen soll. Künftig soll für alle Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen eine verpflichtende Zuverlässigkeitsprüfung Pflicht sein. Grundlage der Überprüfung sind Datenabfragen beim Bundeszentralregister, dem Landeskriminalamt sowie dem Verfassungsschutz. Ziel sei es, jene Personen auszuschließen, die beispielsweise wegen Staatsschutzdelikten wie Volksverhetzung verurteilt wurden oder Verbindungen zu verbotenen extremistischen Gruppen hatten. Auch wer sich einer Überprüfung verweigert, soll automatisch als unzuverlässig gelten – mit der Konsequenz, dass kein öffentliches Geld mehr für diese Mitarbeiter fließt. Ob solche Regelungen aber vor Gericht halten werden, darf bezweifelt werden. Und selbst wenn, dann könnten auch grüne und sozialdemokratische Mitarbeiter in Erklärungsnöte geraten.

Breite Kritik an fragwürdiger Gesetzesinitiative
Die Befürworter des Vorhabens, allen voran der Landtagspräsident Hendrik Hering von der SPD, rechtfertigen den Schritt – wie sollte es anders sein – mit dem angeblichen Schutz der Demokratie. Der Landtag wolle verhindern, dass demokratiefeindliche Kräfte mit Steuergeldern finanziert werden. Tatsächlich handelt es sich um ein bundesweit bislang einmaliges Vorhaben, das bereits für Aufmerksamkeit in anderen Bundesländern sorgt. Denn obwohl die AfD nicht verboten ist, agieren die Regierenden mit Regelungen, Gesetzen und Handlungen, um die ungeliebte Opposition zu bekämpfen.

Mit der Verfassung vereinbar?
Doch die geplante Regelung wirft verfassungsrechtlich erhebliche Bedenken auf. Kritiker sehen in dem Vorhaben einen Angriff auf grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien. Zum einen stellt sich die Frage, ob die pauschale Einstufung von Menschen als „unzuverlässig“ auf bloßen Verdachtsmomenten oder der Ablehnung einer Überprüfung überhaupt mit der Unschuldsvermutung und dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Allein die Tatsache, dass jemand einem Verbotsverfahren nicht widersprochen oder aus Datenschutzgründen keine Auskünfte erteilt hat, soll künftig ausreichen, um ihn von Beschäftigungsmöglichkeiten im Umfeld der Parlamente auszuschließen. Darüber hinaus könnte der Gesetzentwurf in Konflikt mit dem Grundsatz der freien Mandatsausübung stehen. Abgeordnete haben nach Artikel 38 des Grundgesetzes nämlich das Recht, ihre Tätigkeit frei und unabhängig auszuüben. Dazu gehörte bislang auch, ihr Personal selbst zu wählen. Eine staatlich erzwungene Auswahlbeschränkung, basierend auf Sicherheitsprüfungen, kann als Eingriff in dieses freie Mandat gewertet werden.

Wenn der Datenschutz mal sinnvoll sein könnte
Auch datenschutzrechtlich sind die geplanten Maßnahmen heikel: Die massenhafte Abfrage sensibler personenbezogener Daten durch Polizei- und Verfassungsschutzbehörden ohne konkreten Anlass könnte gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht verstoßen, das durch das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung geschützt wird. Politisch bedenklich ist zudem, dass sich die Definition von „Verfassungsfeindlichkeit“ bekannterweise schnell politisch instrumentalisieren lässt. Was heute einvernehmlich als „extremistisch“ gilt, kann morgen bereits unter eine dehnbarere Auslegung fallen, oder natürlich auch umgekehrt – insbesondere in politisch aufgeheizten Zeiten wie diesen. Ein Beispiel: Ein AfD-Mitglied aus einem Landesverband, das als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird, könnte nach der geplanten Neuregelung nicht bei einem AfD-Abgeordneten arbeiten, denn der Mitarbeiter sei ja Verfassungsfeind. Das ist absurd! Das erklärte Ziel der Landesregierung Rheinland-Pfalz ist durchschaubar: missliebige Mitarbeiter sollen verhindert werden. Demokratisch ist das sicher nicht.

Einigkeit auf breiter Front – bis auf AfD
Dass sich die Regierungskoalition gemeinsam mit der CDU für dieses Gesetz stark macht, weist auf eine breite politische Einigkeit hin – doch gerade das sollte alarmieren. Wo kritische Stimmen fehlen, droht das Gleichgewicht zwischen Sicherheit und Freiheit aus dem Lot zu geraten. Vor dem Hintergrund all dieser Bedenken stellt sich die Frage, ob es dem demokratischen Rechtsstaat tatsächlich hilft, seine Wehrhaftigkeit durch rigide Einschränkungen demokratischer Grundrechte zu beweisen – oder ob er dabei nicht selbst Schaden nimmt, sich die Herrschenden als undemokratisch erweisen, indem sie die Opposition gängeln. So kritisiert die AfD zurecht die geplanten Neuregelungen. Anlässlich der Veröffentlichung des Gutachtens des Wissenschaftlichen Dienstes sowie des Gesetzesvorhabens der Fraktionen von SPD, FDP, Grünen und CDU äußert sich Damian Lohr, parlamentarischer Geschäftsführer der AfD im Landtag Rheinland-Pfalz:

„Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes ist ein Gefälligkeits-Genossenstück. Der wissenschaftliche Dienst verkommt unter Präsident Hering zu einem parteipolitischen Machtinstrument. Hering ist eine Schande für dieses Amt. Er verfolgt bereits seit Jahren eine politische Agenda, die sich ganz fernab der Überparteilichkeit und der politischen Neutralität befindet. Mit diesem Vorstoß, der nichts anderes im Sinn hat, als die Opposition kalt zu stellen, offenbart Hering seine verfassungsfeindliche Gesinnung. Unsere Mitarbeiter haben nichts zu befürchten. Wenn jemand ein Demokratieproblem hat, dann ist es der Landtagspräsident. Dass die Grünen mitsamt ihrem linksradikalen Vorfeld von der CDU als ‚Partei der Mitte‘ bezeichnet werden, zeigt deutlich: Die AfD ist die einzige vernünftige und wirklich demokratische Kraft im rheinland-pfälzischen Landtag. Dieses neue Gesetz öffnet der politischen Willkür Tür und Tor und ist bestens geeignet, unsere Demokratie nachhaltig zu beschädigen.“

Und da sticht der AfD-Abgeordnete Damian Lohr ins Wespennest: Denn die Abgeordnetenmitarbeiter der Grünen und auch der SPD sind häufig in verfassungsfeindlichen Gruppen wie etwa der Roten Hilfe oder militanten Antifa-Gruppen aktiv. Sollte das Gesetz in Kraft treten, müssten auch alle anderen Mitarbeiter dem Gesinnungstest unterzogen werden. Das könnte für die Partei des Landtagspräsidenten Henrik Hering, der SPD, peinlich werden…

Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: LarichD / Shutterstock.com; Bild darunter: Meme der AfD Rheinland-Pfalz/Damian Lohr

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