Von Dario Herzog

Wer in den vergangenen Wochen das Verhalten von Noch-Bundeskanzler Scholz betrachtete, wunderte sich mitunter: Der SPD-Bundeskanzler, der am heutigen Sonntag vermutlich abgewählt wird, trat recht selbstsicher und nicht selten selbstverliebt, wenn nicht sogar besonders siegessicher auf. Woran mag das gelegen haben? Auch ihm dürfte dämmern, dass er längste Zeit Bundeskanzler gewesen sein wird. Ihm nachfolgen im Amt wird jemand, der noch nicht einmal Bürgermeister einer 100-Seelen-Gemeinde war. Das muss eigentlich am Ego kratzen. Dagegen hat Scholz eine Millionen-Metropole geführt. Und nach Aussagen so mancher Beamter in Hamburg sogar halbwegs erfolgreich, zumindest mit harter Hand und einem Geschick für Verwaltungsaufgaben. All das, was seine Kanzlerschaft indes nicht ausmachte. Warum macht Scholz trotzdem einen so sicheren Eindruck?

Ist die große Koalition bereits eingetütet?
Stimmt es, dass er Außenminister werden wird? Das wäre kein Abstieg mit Gesichtsverlust, beispielsweise war der Ex-Premier des Vereinigten Königsreichs David Cameron im späteren Sunak-Kabinett auch Außenminister. Heutzutage ist alles möglich – und Scholz hat stets betont, dass die FDP die Schuldige des Auseinanderbrechens der Ampel-Koalition war. Einsicht sieht anders aus. Auf jeden Fall scheint Scholz sich sicher zu sein, dass seine Cum-Ex-Verstrickungen nicht mehr zur Sprache kommen. Da kommen neue Erkenntnisse des STERN zur – für ihn – unrichtigen Zeit.

Der STERN wartet mit neuen Erkenntnissen auf
Nachdem die AfD durch eine parlamentarische Anfrage herausfand, dass die E-Mails und Kalendereinträge von Olaf Scholz beim Bundesfinanzministerium wider der öffentlichen und medialen „Erkenntnis“ doch nicht gelöscht wurden, sondern noch vorliegen, sollen nun dem STERN interne Korrespondenzen des Ersten Bürgermeisters von Hamburg, Peter Tschentscher (SPD) und dessen Finanzsenator, Andreas Dressel (SPD), mit Olaf Scholz im Zusammenhang mit den verschwiegenen Terminen von Scholz mit dem Bankhaus-Warburg-Mitinhaber Olearius vorliegen. Aus diesen soll hervorgehen, dass die engen Vertrauten von Scholz, Bürgermeister Tschentscher und Finanzsenator Dressel, unter anderem in einer E-Mail explizit beim damaligen Bundesfinanzminister Scholz nachgefragt haben, ob es „wirklich safe“ sei, die Frage nach Treffen mit Olearius mit „Nein“ zu beantworten. Die Antwort von Scholz sei bislang auch dem STERN nicht bekannt gewesen.

Interessante Antwort auf AfD-Anfrage
Pikanterweise antwortete die Bundesregierung auf eine parlamentarische Einzelfrage von Kay Gottschalk, in seiner Funktion als Mitglied des Deutschen Bundestages, zu mögliche Löschungen der E-Mails und Kalendereinträge von Scholz vor kurzem:

„Hinsichtlich der noch nicht gelöschten Postfächer wird die rechtliche Lage zu gegebener Zeit geprüft und im Anschluss über den weiteren Umgang entschieden.“

Das ist äußerst unbefriedigend. Für die Öffentlichkeit, für die Bürger und auch den insistierenden AfD-Vertreter Kay Gottschalk, stellvertretender Bundessprecher der AfD. Dieser kommentierte die Antwort erbost:

„Pünktlich zur Wahl kommen nun weitere Indizien für das anscheinend direkte Wissen von Olaf Scholz über die Verschleierung seiner Termine mit Olearius ans Licht. Noch ist nicht bekannt, wie er auf die E-Mails und SMS seiner Hamburger Vertrauten, die die skandalöse Beantwortung der Kleinen Anfrage, die den Ball später ins Rollen brachte, steuerten, antwortete. Da liegt es nahe, die E-Mails und Kalendereinträge von Scholz, die dem Bundesfinanzministerium zum Glück – wie ich herausfand – noch vorliegen, gegebenenfalls im bald neuen Bundestag über einen neuen Untersuchungsausschuss auszuwerten. In diesem Zusammenhang besteht aber ein neues Problem, wie eine neuerliche Einzelanfrage von mir an die Bundesregierung kürzlich zutage brachte. Das Bundesfinanzministerium kann oder will nicht bestätigen, dass die E-Mails auch nach der anstehenden Bundestagswahl nicht gelöscht werden.“

Kein Wunder also, dass Gottschalk die noch amtierende und die vermutlich bald neue, unter Friedrich Merz amtierende, Bundesregierung daher nachdrücklich auffordert, verbindlich sicherzustellen, dass die E-Mails und Kalendereinträge von Scholz definitiv nicht gelöscht werden, um einem neuen Cum-Ex-Untersuchungsausschuss oder gegebenfalls strafrechtlichen Ermittlungen zur Verfügung zu stehen. Alles andere käme einer Beweismittelvernichtung gleich. Aber dass das Löschen von Korrespondenzen politisch keine Konsequenzen nach sich zieht, konnte bereits mehrfach Ursula von der Leyen erfahren. Womit ist also in diesem Fall zu rechnen? Gerade wenn die Personalie Scholz auch weiterhin staatstragend sein soll, beispielsweise künftig als Minister oder sogar Außenminister fungieren soll.  Es wird sich also zeigen, ob das bisherige Aufklärungsinteresse der Union auch nach der voraussichtlichen Anbandelung einer rot-schwarzen Koalition erhalten bleibt oder ob sie wiedermal zu dem altbekannten Prinzip ,Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus‘ übergeht.

Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: Juergen Nowak / Shutterstock.com

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