Von Jan Ackermeier
Am 11. November 1917 verstarb Hans Kudlich in Hoboken, New Jersey. Kudlich ist als „Bauernbefreier“ in die österreichische Geschichte eingegangen und verkörpert einen herausragenden politischen Akteur des 19. Jahrhunderts, der sich durch seinen Kampf für die Freiheit der Bauern und gegen die Feudalherrschaft einen bleibenden Namen gemacht hat. Er wurde am 25. Oktober 1823 als jüngstes von elf Kindern einer wohlhabenden Bauernfamilie im schlesischen Lobenstein geboren. Die Familie besaß zwei Höfe, und sein Vater, Johann Kudlich, galt als Sprecher der örtlichen Bauernschaft. Seine Bildung begann er am Gymnasium in Troppau, wo er unter anderem Gregor Mendel, dem späteren Entdecker der Vererbungslehre, begegnete.
Das Studium folgte, dann der Reichstag
Nach dem Gymnasium studierte Kudlich Philosophie und Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Die politischen Umstände der 1840er-Jahre beeinflußten ihn stark. Besonders die revolutionären Bewegungen von 1848 prägten sein politisches Denken und Handeln. Kudlich schloß sich der Akademischen Legion an, einer studentischen Miliz, die sich für Freiheitsrechte und Demokratie einsetzte. Am 13. März 1848 wurde er bei einer Demonstration in Wien verletzt, was seine Rückkehr in seine Heimatstadt notwendig machte. Hier wurde er zur Kandidatur für den Österreichischen Reichstag gedrängt und schließlich gewählt. Im Reichstag, dessen jüngstes Mitglied er war, erlangte Kudlich große Berühmtheit durch seinen Antrag zur Abschaffung der Untertänigkeitsverhältnisse der Bauern. Am 24. Juli 1848 stellte er den folgenschweren Antrag, der die Aufhebung aller feudalen Rechte und Pflichten, wie Robot und Zehent, forderte. Dieser Antrag fand große Unterstützung und wurde in der Sitzung vom 1. September 1848 beschlossen. Am 7. September 1848 trat das sogenannte Grundentlastungspatent in Kraft, das als Meilenstein für die Bauernbefreiung in Österreich gilt.
Die politische Lage verschärfte sich jedoch, und nach dem Scheitern des Wiener Oktoberaufstands 1848 sowie der Auflösung des Reichstags in Kremsier sah sich Kudlich gezwungen, ins Exil zu gehen. Über Stationen in Preußen und der Schweiz wanderte er schließlich in die Vereinigten Staaten aus, wo er in Hoboken, New Jersey, eine neue Heimat fand. Dort legte er 1853 sein Doktorexamen ab und eröffnete eine eigene Arztpraxis. Kudlich engagierte sich auch in seiner neuen Heimat politisch, vor allem für die Rechte der deutschen Einwanderer und gegen die Sklaverei. Er setzte sich für die Wahl Abraham Lincolns ein und unterstützte zahlreiche deutsche Vereine und Schulen.
Auch in Burschenschaft aktiv
Kudlich war Burschenschafter (Ehrenmitglied der Prager Burschenschaft Markomannia und der Wiener Burschenschaften Germania, braune Arminia, Freya, Cheruskia und Eisen sowie Mitglied der Vereinigung Alter Burschenschafter New York). Trotz seiner amerikanischen Staatsbürgerschaft blieb Kudlich seiner deutschen Herkunft tief verbunden. Nach seiner Begnadigung durch Kaiser Franz Joseph im Jahr 1867 kehrte er mehrmals in seine alte Heimat zurück. Kudlich starb am 10. November 1917 in Hoboken im Alter von 94 Jahren. Er war der letzte noch lebende Abgeordnete des ersten Österreichischen Reichstags. Sein letzter Wunsch „Ich möchte heim“ wurde 1925 erfüllt, als seine Urne in der Hans-Kudlich-Warte in Lobenstein (heute Úvalno) feierlich beigesetzt wurde. Bis heute wird Hans Kudlich für seinen politischen Einsatz für die Bauernschaft geehrt.
Beitragsbild / Symbolbild: Hans Kudlich, Lithographie von Eduard Kaiser, 1848. Urheber unbekannt.
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