Von Dario Herzog
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat auf Antrag der Landtagsfraktion der CDU und eines Abgeordneten der CDU-Fraktion den Alterspräsidenten des Thüringer Landtags insbesondere dazu verpflichtet, in der konstituierenden Sitzung des neu gewählten Thüringer Landtags bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten die Neufassung der Tagesordnung vom 19. September 2024 im Plenum zur Abstimmung zu stellen; einen Teil der anderen Anträge hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof abgelehnt. Damit hat der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen die Rechtsauffassung der CDU bestätigt – was aufgrund der Besetzung des Gerichts auch zu erwarten war.
Die konkrete Begründung
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat zur Begründung insbesondere ausgeführt: Die Thüringer Verfassung trifft keine Regelung zur Reihenfolge der einzelnen Konstituierungshandlungen. Sie gibt insbesondere nicht vor, dass die Wahl des Landtagspräsidenten noch vor dem Beschluss einer Geschäftsordnung zu erfolgen hat. Konkret heißt es im Urteil:
„Die Abgeordneten haben aus der verfassungsrechtlich gewährleisteten Parlaments- und Geschäftsautonomie das Recht, auch in der konstituierenden Sitzung über die Tagesordnung zu bestimmen und dabei sowohl die Gegenstände als auch die Reihenfolge der Tagesordnung fest-zulegen. Damit ist auch eine Debatte und Beschlussfassung über eine Änderung der Geschäftsordnung bereits vor der Wahl des Landtagspräsidenten zulässig.“
Weiter heißt es:
„Die beabsichtigte Regelung, die vorsieht, dass sämtliche Fraktionen – und nicht allein die stärkste Fraktion – bereits für den ersten Wahlgang Wahlvorschläge für die Wahl des Landtagspräsidenten unterbreiten dürfen, verletzt Verfassungsrecht nicht. Sie verstößt weder gegen Bestimmungen der Thüringer Verfassung noch gegen verfassungsrechtliches Gewohnheitsrecht. Eine Nichtbehandlung des auf die Änderung der Wahlmodalitäten des Landtagspräsidenten gerichteten Antrags durch den Alterspräsidenten kommt deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.“
Keine Überraschung, aber böser Verdacht
Diese Entscheidung des Thüringern Landesverfassungsgerichts ist keine Überraschung. Immerhin sind alle der dortigen Verfassungsrichter Angehörige oder Nahestehende der klagenden Parteien oder sind auf deren Vorschlag oder dem Vorschlag der Linkspartei oder sogar der Grünen in ihr Amt gekommen. Eine neutrale Entscheidung war hier nicht zu erwarten. Auch die Thüringer AfD dürfte eine wirklich objektive Entscheidung nicht erwartet haben. Ein Gericht, welches über Parteienproporz bestellt wurde, ist niemals unabhängig. Die Unabhängigkeit der Gerichte und das System eines sogenannten freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat korrespondieren miteinander. Ohne das eine, ist das andere nicht denkbar. Interessant ist aber auch, was das AfD-Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, der Jurist Krzysztof Walczak, zu dem Vorgang schreibt:
„Warum hat das Gericht sich nicht mit dem konkreten Ablauf der Landtagssitzung auseinandergesetzt? Offenbar hat sich das Gericht eine Woche lang auf eine Rechtsfrage vorbereitet, die am Ende gar nicht Streitgegenstand war: Was bei einem dritten Wahlgang bei der Präsidentenwahl passiert. Doch durch das Schmierentheater der CDU ist diese Frage gar nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden. Es sind viel fundamentalere Fragen zur Geschäftsordnungsautonimie des Landtags aufgeworfen geworden. Man merkt förmlich, wie man trotzdem die vorher vorbereiten Textbausteine abladen wollte, und zwar ohne auf die neue, durch die CDU geschaffene Chaos-Situation konkret einzugehen.“
Hat der Verfassungsgerichtshof Thüringen sich etwa schon länger auf eine andere Sachfrage vorbereitet, die am Donnerstag überhaupt noch nicht akut wurde, aber im Verlauf des heutigen Samstags akut wird? Ein Indiz dafür könnte die Beauftragung eines Professors und Rechtsanwalts durch den CDU-Fraktionsvorsitzenden Mario Voigt sein, der für alle kommenden verfassungsrechtlichen Streitfragen am Verfassungsgericht Thüringen verpflichtet wurde – einen Tag vor der Sitzung am vergangenen Donnerstag. Wusste die CDU also, dass es zum Streit kommt? War alles geplant, um die Diskussion eines Verbots der AfD wieder auf die Tagesordnung bringen zu können? Zahlreiche Stimme, die ein Verbot fordern, wurden nämlich wieder genüßlich in den Mainstreammedien zitiert. Ein weiteres Indiz dafür könnte sein, wie vehement die Vorgänge am vergangenen Donnerstag der AfD angelastet wurden, obwohl die plötzlich zu ändernde jahrzehntelange parlamentarische Verfahrenspraxis von den Systemparteien gefordert wurde. Der Verdacht erhärtet sich: Das war ein richtiges Schmierentheater!
Quelle des Urteils: Thüringer Verfassungsgerichtshof
Beitragsbild / Symbolbild: Pusteflower9024; Bild oben: fizkes / alle Shutterstock.com
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