Von Dario Herzog

Nun war es endlich soweit: Am vergangenen Samstag gründete sich in Bonn die aus dem Verein WerteUnion hervorgehende Partei gleichen Namens. Und der ausgewählte Gründungsort triefte vor Symbolismus. Man wolle zurück zur Bonner Republik, wurden Teilnehmer der Veranstaltung genüßlich zitiert. Apropos Symbolismus: Da in der Bundesstadt am Rhein keine Gaststätte für die Veranstaltung ihre Räumlichkeiten hergeben wollte, fand der hochfeierliche Akt der Parteigründung auf einem Schiff, der „Godesia“ statt. Man schipperte von Ufer zu Ufer, um dem roten Mob zu entkommen, was zwar gelang, aber die Gründung fand dann doch vor den Toren Bonns in Remagen statt. Ein ausgesuchter Teilnehmerkreis kürte dann erwartungsgemäß den Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen zum Parteivorsitzenden.

Anknüpfungspunkt Bonner Republik
In der Pressekonferenz stellte Maaßen dann klar, dass man keine rechte Partei sein wolle und strenggenommen auch keine konservative Partei sein werde. Man sei eine Partei, die der Freiheit verpflichtet sei und bezog sich auf Konrad Adenauer, der die Bonner Republik wie kein anderer prägte und aus dem nahegelegenen Rhöndorf stammte. So trägt das Gründungsprotokoll auf dem Einband das Adenauerzitat „Wir wählen die Freiheit“. Ein Seitenhierb auf die Union, versteht sich. Offenbar soll es eine Partei wie die CDU zu Zeiten Kohls sein – schön retro, um es neudeutsch zu sagen. „Die WerteUnion steht dafür, dass die Menschen frei entscheiden können, wie sie leben wollen. Das ist genau das Gegenteil dessen, was die Merz-Union will. Diese steht für die Massenzuwanderung nach Deutschland, für die Wegnahme der nationalen Identität und dafür, dass den Menschen bis ins Letzte vorgeschrieben wird, wie sie leben sollen“, umriss Maaßen die Bruchlinien zur aktuellen Politik der CDU.

Bekannte Gesichter – aber auch Macher?
Den Vorstand komplettieren Alexander Mitsch (Gründer des Vereins WerteUnion), Albert Weiler (Ex-CDU-MdB), Dr. Sylvia Kaufhold (Ex-FDP-Bundestagskandidatin) und Kay-Achim Schönbach (Vizeadmiral a. D.); Parteisprecher ist Martin Lohmann (kaholischer Journalist, nicht auf dem Bild). Wie Maaßen gehörten sie bislang zum System der Etablierten, aus dem sie nun sukzessive ausgegrenzt werden. Fraglich ist jedoch, ob halbwegs prominente Namen beim Wähler einen nachhaltigen Widerhall bewirken werden oder die Truppe dort endet, wo ähnliche Formationen auch gelandet sind, nämlich auf dem politischen Friedhof. Man erinnere sich beispielsweise an den Bund freier Bürger (BfB), der zwar eine stattliche Anzahl von Honorationen ansammeln konnte, aber daran scheiterte, 4.000 Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Von solchen Exoten wie der DM-Partei etc. ganz zu schweigen.

Angeblich auf dem Sprung zu 10.000 Mitgliedern
Der Verein WeteUnion verfügt derzeit über rund 4.000 Mitglieder. Ob alle den Schritt machen werden, sich der neuen Partei anzuschließen, ist fraglich. Ein großer Teil der Vereinsmitglieder sind noch Mitglied bei CDU oder CSU. Allerdings verkündete man auf der Pressekonferenz im Nachgang der Parteigründung, dass es innerhalb kürzester Zeit über 10.000 Mitglieder sein könnten, in etwa so viele Aufnahmeanträge lägen vor. Dass diese genau geprüft werden, ist indes klar. Das heißt, es wird kräftig gesiebt. Ob Ex-AfDler eine Chance haben werden, wird sich zeigen. Auf Veranstaltungen, auf denen auch WerteUnions-Vertreter referierten, waren in der Vergangenheit auch namhafte Ex-AfDler wie Joana Cotar zu sehen. 10.000 Mitglieder wären natürlich bereits ein Viertel der aktuellen AfD-Stärke. So ist es kein Wunder, dass angekündigt wurde, zu den drei mitteldeutschen Landtagswahlen im Laufe des Jahres in Brandenburg, Sachsen und Thüringen zu kandidieren. An der Europawahl, obwohl die Hürden dafür vergleichsweise gering sind, will die WerteUnion nicht antreten, dafür bei der Bundestagswahl Ende des kommenden Jahres.

Platz an der Sonne oder zerrieben von CDU/CSU und AfD?
Das Parteiensystem wird diverser. Eine Diversitätr, die man ausnahmsweise begrüßen darf. Von italienischen Verhältnissen ist man aber noch weit entfernt, vor allem wegen der Fünf-Prozent-Hürde. Aber es liegt in der Luft, dass es Bürger gibt, die die Schnauze von den etablierten Parteien voll haben, auch von den Unionsparteien, aber aufgrund des politisch aufgeheizten Klimas sich nicht trauen, AfD zu wählen. So verortet sich die WerteUnion zwischen der CDU/CSU und der AfD. Dass man vom „Wunschpartner“ CDU spricht, deutet allerdings darauf hin, dass man meint, die CDU nochmals nach rechts rücken zu können. So lehnt die neue Partei erklärtermaßen politische Ideologien und totalitäre Weltanschauungen ab. Sie will die Gewaltenteilung und den Rechtsstaat stärken. Die Qualität von Gesetzen müsse verbessert werden; der Dschungel undurchschaubarer Vorschriften gelichtet werden. In Fragen der Migration fordert die WerteUnion die konsequente Anwendung geltenden Rechts. Ausreisepflichtige Ausländer müssten ausgewiesen werden. Wer das durchsetzen will, wird das allerdings nicht mit einer linksmittigen CDU schaffen – und vom Mainstream als böse „rechts“ stigmatisiert.

Themen, mit denen man durchaus punkten kann
„Es darf nicht sein, dass der Staat Angehörige von kriminellen Clans über das Bürgergeld mitfinanziert, aber für die Deutschen nichts übrig hat, sodass diese Leute, die brav und im Vertrauen auf die Regierung Steuern und Beiträge zahlten, zum Schluss ein Almosen als Rente bekommen. Dieses zutiefst unsoziale Sozialsystem, für das die Merkel-Regierungen mitverantwortlich waren, muss verändert werden“, so Maaßen, dabei zeigend, dass man vor allem ein von der CDU-Politik enttäuschter Kreis nun ehemaliger Unionsanhänger ist. Ob das reicht? Denn man beötigt auch ausreichend Fußtruppen – und die verfügen meist nicht über einen akademischen Hintergrund oder die Zugehörigkeit zu einer Elite. Da kann die WerteUnion wenigstens mit Michael Kuhr trumpfen, den ehemaligen sechsfachen Kickbox-Weltmeister aus Berlin, der mit seiner typischen Berliner Schnauze und einem Leben als Sicherheitsdiensteigentümer in Berlin für so manchen Youtube-Lacher gesorgt hat, wenn arabischstämmige Kraftprotze vergeblich versuchten, an ihm vorbeizukommen. Kuhr sitzt im Vorstand des Vereins WerteUnion, dürfte aber nach eigenen Angaben auf X auch zur Partei wechseln. Zumindest spricht er Klartext, wenn er sagt, für die WerteUnion gäbe es keine Brandmauer. Der AfD erwächst zwar somit ein Mitbewerber, aber (noch) kein ernsthafter Konkurrent – aber das Spektrum der Union verliert erfreulicherweise ihren rechten Zweig. Was will man (derzeit) mehr?

Beitragsbild / Symbolbild: Dihetbo; Bild unten: photocosmos1 / beide Shutterstock.com; ganz oben: Screenshot

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