Von Achim Baumann
Daniel Halemba dürfte mittlerweile deutschlandweit bekannt sein. Der bayerische AfD-Landtagsabgeordnete erlebte in den vergangenen vier Tagen, was es im Jahre 2023 in der Bundesrepublik Deutschland heißt, ein Abgeordneter einer ausgegrenzten Partei zu sein (wir berichteten). Nachdem am Freitag ein Haftbefehl erlassen wurde, stellte er sich am Montagmorgen und musste bangen, ob er es noch zur konstituierenden Sitzung des bayerischen Landtages schafft oder nicht. Die Hoffnung zerschlug sich, als klar wurde, dass sich die örtlichen Behörden in Würzburg lange Zeit ließen, um über den Haftbefehl beziehungsweise die Haftprüfungsbeschwerde zu entscheiden. Der Rechtsanwalt des Beschuldigten, Dubravko Mandić, veröffentliche regelmäßig Sachstandsmeldungen zu den Geschehnissen vor Gericht.
Halemba ist wieder frei
Gestern am frühen Abend kam dann die erhoffte Nachricht: Daniel Halemba ist wieder frei. Eine Verdunklungsgefahr wurde vom Richter nicht bejaht. Dennoch wurde Halemba der Kontakt zu den Mitgliedern seiner Burschenschaft verboten, zudem muss er sich für die Dauer des Verfahrens einmal wöchentlich bei der Polizei melden – wie ein schwerer Straftäter. Dabei wird Halemba nun sein Landtagsmandat wahrnehmen. Eine Flucht ist mehr als unwahrscheinlich. Wozu solche Schikanen?
Politische Justiz oder ging alles rechtsstaatlich zu?
Gegen den 22-Jährigen wird also weiterhin wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt. Die AfD, ihr Vorfeld und zahlreiche Beobachter des politischen Geschehens gehen dabei von einer politischen Intrige aus. Immerhin geht es um zwei Aufkleber und eine Weinflasche, die nicht etwa bei Halemba selbst, sondern in den gemeinschaftlich genutzten Räumlichkeiten seiner Burschenschaft in Würzburg gesehen worden sein sollen, gefunden wurden sie bislang aber nicht. Eine strafrechtliche Petitesse, könnte man meinen. Selbst wenn es zu einer Verurteilung käme, wäre Haft – zumindest derzeit – unwahrscheinlich. Trotzdem scheint es mehr als deutlich, dass hier ein Exemplel statuiert werden sollte. Wollte man etwa verhindern, dass der jüngste Landtagsabgeordnete Bayerns die erste Sitzung an prominenter Stelle miteröffnet? Oder hatte die Politik nichts, auch rein gar nichts mit dem Haftbefehl zu tun?
Merkwürdigkeiten vor Gericht
Die regelmäßigen Statusmeldungen des Halemba-Anwaltes lassen indes vermuten, dass es in der Tat besondere Umstände waren, die verhandelt wurden. Beispielsweise erwähnt er drei hochrangige Staatsanwälte, die bei der gestrigen Verhandlung die Gegenpositionen vertraten. Drei hochrangige Staatsanwälte? Reicht nicht einer? Und wäre das nicht eher ein Nachwuchsjurist, denn Kapitalverbrechen werden Halemba nicht gerade vorgeworfen. Hätten zwei der drei Staatsanwälte nicht wichtigere Straftaten verfolgen sollen, echte schwere Straftaten, von denen es auch in Würzburg etliche gibt? In der Tat läßt das aufgefahrene Trio der Staatsanwälte vermuten, dass es hier um Politisches ging und nicht die Verfolgung relativ harmloser Vorwürfe. Unabhängig vom konkreten Vorwurf droht für einen Verstoß wegen Volksverhetzung nämlich in aller Regel eine Geldstrafe, es ist ein Straftatbestand mit niedrigen Sanktionen. Und warum wurde die Verhandlung von 15 auf 17 Uhr verlegt und warum war der Ermittlungsrichter in der Zwischenzeit zum Termin beim Direktor des Gerichtes? Erinnert sei daran, dass deutsche Staatsanwaltschaften nicht unabhängig agieren, sondern weisungsgebunden sind. Sie sind letztlich verpflichtet, das zu tun, was ihnen der jeweilige Justizminister vorgibt. Dies wird regelmäßig kritisiert, zuletzt vor einigen Jahren vom Europäischen Gerichtshof (EuGH). So schreibt die internationale Antikorruptiuons-NGO „Transparency International“ zutreffend:
„Der Europäische Gerichtshof (EuGH) stellt in seinen Urteilen vom 27. Mai 2019 fest, dass deutsche Staatsanwaltschaften nicht hinreichend unabhängig gegenüber der Exekutive sind.“
Was? Und was wurde seit dem Jahr 2019 daran geändert? Nichts! Der politische Wille ist eben nicht vorhanden.
Der Landtag reagierte parteiisch
So passt das Verhalten der anderen bayerischen Parlamentarier ins Bild: Grünen-Alterspräsident Paul Knoblach hatte sich bei der Eröffnung der gestrigen Sitzung gegen Populismus und die Spaltung der Gesellschaft ausgesprochen und meinte natürlich die AfD. Aber wer spaltet mit seinem Bevölkerungsaustausch und der ungezügelten Überfremdung die Gesellschaft wirklich? Und auch Ilse Aigner, die zuvor erneut zur Präsidentin des bayerischen Landtags gewählt worden war, stichelte in ihrerAntrittsrede gegen die AfD, wohl vergessend, dass sie als Landtagspräsidentin zur Neutralität verpflichtet sein sollte. So sprach sie bezüglich Daniel Halemba von einer „Täter-Opfer-Umkehr“ bei der AfD, die zum Ziel habe, das Vertrauen in die demokratischen Institutionen zu zerstören. Dass für einen Beschuldigten zudem die Unschuldsvermutung gilt, scheint ihr nicht geläufig zu sein. Eine solche Präsidentin ist offensichtlich nicht geeignet, ein solches Amt in der gebotenen neutralen Form zu führen. Aber nicht ihre Wahl war deshalb gefährdet, nein, der AfD wurde erneut das ihr zustehende Amt eines Vizepräsidenten verwehrt. So funktioniert die bundesrepublikanische Demokratie eben…
Vorfeld, Parteibasis und Landtagsfraktion stehen zu Halemba
Erfreulich war das Verhalten der Landtagsfraktion der AfD, die sich offensiv für Halemba einsetzte. Der AfD-Abgeordnete Christoph Maier sprach im Parlament von einem „absoluten Skandal“. Die Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion, Katrin Ebner-Steiner, schrieb zuvor auf X: „Mit einem herbei konstruierten Haftgrund wird erheblich und unter fadenscheinigen Gründen in die Rechte der Opposition eingegriffen.“ Von den AfD-Parteigranden indes hörte man nichts, was peinlich aussieht. Dabei könnte die Causa Daniel Halemba auch bei anderen AfD-Abgeordneten als Vorbild dienen. Von Björn Höcke weiß man, dass die Immunität bereits zum siebten Mal aufgehoben wurde. Auch das Vorfeld hat sich sehr solidarisch gezeigt, der Fall Halemba war am gestrigen Tag in den sozialen Medien vorherrschend. Die NGO „Ein Prozent“ hat mittlerweile mitgeteilt, sich mit seinem Soli-Fonds an entstandenen Kosten zu beteiligen. Müsste nur noch der AfD-Bundesvorstand verstehen, dass ein geschlossenes Vorgehen gegen solche Gängelungen ihrer Abgeordneten unbedingt erforderlich ist!
Beitragsbild / Symbolbild: FooTToo / Shutterstock.com; oben: Daniel Halemba / Privat.
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