Von Jan Ackermeier

Am 12. Mai 919 wird Heinrich der Vogler in Fritzlar durch die Stämme der Franken und Sachsen als Heinrich I. zum ostfränkischen König gewählt. Eberhard, der Bruder des im Dezember verstorbenen Königs Konrad I., überreicht ihm die Reichsinsignien. Damit ist erstmals ein Sachse König des Ostfrankenreichs.

„Königsherrschaft ohne Staat“
Heinrich trat die Königsherrschaft unter äußerst schwierigen Umständen an. Innere und äußere Bedrohungen des Reichs und eine gleichzeitig schwache karolingische Königsgewalt förderten zu Beginn des 10. Jahrhunderts deutlich das Bestreben der Großen, ihre Macht in den einzelnen regna (Herrschaftsbereich) zu verfestigen und die Führung innerhalb des „Stammes“ zu beanspruchen. Heinrich musste seine Königsherrschaft mit anderen Mitteln als seine karolingischen Vorgänger ausüben. Zur administrativen Durchdringung seiner Königsherrschaft standen Heinrich die Verwaltungsmechanismen aus der Karolingerzeit nicht mehr zur Verfügung. Der Stellenwert von Schriftlichkeit, Amt und Zentralität ging zurück. Das Fehlen von Elementen moderner Staatlichkeit wie Gesetzgebung, Verwaltung, Ämterorganisation, Gerichtswesen und Gewaltmonopol wird oft überspitzt als Übergang von der „karolingischen Staatlichkeit“ zur ottonischen „Königsherrschaft ohne Staat“ aufgefasst.Kaum Quellen

Die Zeit Heinrichs I. gehört zu den quellenärmsten des gesamten europäischen Mittelalters. Die erst Jahrzehnte nach seinem Tod verfaßten ottonischen Geschichtswerke würdigen insbesondere Heinrichs Einung und Befriedung des Reiches nach innen und außen. Lange Zeit galt Heinrich als erster „deutscher“ König im „deutschen Reich“. Erst in der modernen Forschung setzte sich die Auffassung durch, daß das Deutsche Reich nicht durch einen Akt, sondern in einem lange währenden Prozeß entstanden ist. Gleichwohl wird Heinrich darin weiterhin eine entscheidende Rolle zugemessen.

Beitragsbild: Heinrich I. kämpft gegen die Ungarn, Illustration aus der Sächsischen Weltchronik, um 1270. Urheber unbekannt.

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