Von Redaktion

Schopfheim/Waldshut-Tiengen – Am vergangenen Freitag, 28. April, hieß es für einen Montagsspaziergänger nochmals vor Gericht zu erscheinen. Der eigentlich selbst durch Polizeigewalt verletzte 32-jährige Tobias F., dem man zuvor fälschlicherweise die Rolle eines Rädelsführers unterstellt hatte, war in Berufung gegangen. Der Beschuldigte, der Vorwurf des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz stand im Raum, soll am 17. Januar 2022 in Schopfheim an einer nicht angemeldeten Versammlung gegen die Corona-Maßnahmen teilgenommen haben.

Die vorherige Verhandlung
Nachdem er sich im Rahmen des zurückliegenden ersten Verhandlungstages selbst vertreten hatte, hatte er für den zweiten Verhandlungstag des erstinstanzlichen Verfahrens die Lörracher Rechtsanwältin Anette Scharfenberg verpflichtet. Die auf der Gegenseite agierende Staatsanwältin beantragte an jenem Tag im vergangenen November im Schopfheimer Gerichtssaal in ihrem Plädoyer eine Erhöhung der zuvor ausgesprochenen Strafe von 900 auf 1200 Euro – also 40 Tagessätze zu á 30 Euro. Richter Götz kam allerdings zu folgendem Ergebnis: der Beweis konnte nicht erbracht werden, dass Tobias F. der Rädelsführer, der nicht angemeldeten Versammlung gewesen sei. Das Verfahren wurde folglich eingestellt. Trotzdem sollten die Gerichtskosten und weitere Auslagen vom Beschuldigten getragen werden. Immerhin sei er Teilnehmer einer nicht angemeldeten Demonstration gewesen, so das Gericht. Nachdem seine bisherige Anwältin den Beschuldigten aus seiner Sicht nicht zufriedenstellend verteidigt hatte und ihr Mandat schließlich niederlegte, da Tobis F. auf einen vorgeschlagenen Deal nicht eingehen wollte, suchte sich Tobias F. einen neuen Verteidiger.

Die Berufsverhandlung am vergangenen Freitag
Im Berufungsverfahren nahm sich der Beklagte den aus Funk und Fernsehen bekannten Freiburger Fachanwalt für Strafrecht Dubravko Mandic, welcher den Ausgang der ersten Instanz für einen Skandal hält, „weil sein Mandant erheblich verletzt wurde.“ Dies war vor Gericht indes kein Thema. So etwas sei laut RA Mandic häufig der Fall, da seiner Erfahrung nach, der Spieß oftmals umgedreht werde. Die Polizei hatte seinen Mandanten damals wüst zu Boden geworfen, in die Kniekehlen getreten und über den Asphalt geschleift. Die Polizeibeamten hatten dann unmittelbar nach ihrem Einsatz bei Tobias F. um Entschuldigung gebeten und gesagt, sie hätten ja „den falschen“ erwischt. RA Mandic fragt sich zurecht, ob man den „richtigen“ Rädelsführer also aus Sicht der Polizei hätte verprügeln dürfen. Tobias F. hatte seinerzeit auf eine Anzeige verzichtet, ging davon aus, dass auch die Polizei die Sache auf sich beruhen lassen würde. Stattdessen wurde gegen ihn Anzeige erstattet.

Keine kurze Verhandlung
Während der zweieinhalbstündigen Verhandlung am vergangenen Freitag wechselte man wegen technischer Probleme vom Sitzungsaal 25 zu Nummer 26, um den Livestream von dem ursprünglichen Ereignis und eine ausführliche Reportage über diesen Fall, der auf dem YouTube-Kanal „Schwarzwald TV“ online abrufbar ist, in Augenschein zu nehmen. Nach einer halbstündigen Unterbrechung zur Urteilsfindung kam es dann um 12 Uhr zur Urteilsverkündung. „Letztendlich haben wir hier auch gewonnen“, bewertete RA Mandic das Urteil. Es ging eigentlich nur noch um die Kosten, weil Tobias F. zuvor die Verfahrenskosten auferlegt worden waren. So bekommt er die Gerichtskosten für die erste Instanz erstattet. Für die zweite Instanz bekommt er Kosten ebenfalls erstattet, zumindest teilweise in der Höhe, in der er im Beschwerdeverfahren obsiegt hat. Die 300 Euro Geldbuße sind jedoch geblieben.

Bewertung durch den Verteidiger
Strafverteidiger Mandic bezeichnete den Ausgang des Berufungsverfahrens als quasi gewonnen. In seinen Augen sei Tobias F. zudem ein Held und moralisch im Recht. Ziviler Ungehorsam sei in unserer Gesellschaft unverzichtbar. Der Rechtsanwalt argumentiert dabei nicht nur juristisch, sondern auch politisch.
„Die Justiz arbeitet hier Verfahren ab, die damals sozusagen die Regierungspolitik flankieren sollten, insbesondere auch die Impfpflicht und dergleichen, wogegen man auch demonstriert hat. Jetzt rudern alle zurück, insbesondere die Bauernopfer der Weltpolitik“, befand der Verteidiger. Er meinte beispielsweise Lauterbach und Kollegen, die sich heute eigentlich nur noch im Rückwärtsgang befänden und um Entschuldigung bitten müssten, da sie erheblich übertrieben haben, so beispielsweise mit der Maskenpflicht. Die Richterin in der Berufungsinstanz wollte sich hierzu nicht äußern. Zur finalen Kostenentscheidung wollte sich der Freiburger Anwalt Mandic noch nicht äußern, diese „sei komplex“ und man müsse sie erst einmal genau prüfen.

RA Dubravko Mandic berichtet hier im Video über das Berufungsverfahren vom Schopfheimer Montagsspaziergänger.

Beitragsbild / Symbolbild: icedmocha/ Shutterstock.com und Beitragsbild im Text: corgarashu / Shutterstock.com

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