Von Achim Baumann

Die CDU ist eine tolle Partei. Zumindest meinen das ihre führenden Funktionäre. Denn die CDU ist besonders demokratisch: “Die Partei lebt, diskutiert und denkt mit”, tönte Parteichef Friedrich Merz vor zwei Tagen bei der Tagesschau. Die Partei möchte aus den vorherigen Schlappen auf Bundesebene Lehren ziehen und sich deshalb ein neues Grundsatzprogramm geben. Dafür befragte sie ihre Mitglieder. Und stolz wie Oskar – oder Angela? – präsentierte der Unionschef nun die Ergebnisse.

Tagesschau berichtet über Medien-Lieblingsthema
Menschenrechte hier, Menschenrechte da. Es ist das Lieblingsthema der Mainstreampresse. Kein Wunder also, dass die Tagesschau als erstes vermeldet: „Die CDU-Basis sieht Freiheit und den Schutz der Menschenwürde als wichtigste politische Ziele für ihre Partei an.“ Das hört sich doch toll an. Damit gehören die CDU und ihre Mitglieder unzweifelhaft zu den Guten, oder?

Weniger als 400.000 Mitglieder
Rund 66.000 Mitglieder von insgesamt 362.000 Mitgliedern haben an der Umfrage teilgenommen. Das ging nur via Internet, also online. Die CDU hat also nicht einmal 400.000 Mitglieder? Und nur etwas mehr als ein Sechstel hat an der Umfrage teilgenommen, die zur künftigen Ausrichtung der Christdemokraten genutzt werden soll? Haben also so viele CDU-Mitglieder gar kein Interesse an ihrer Partei? Oder haben sie vielleicht kein Internet, weil sie zu alt sind? In beiden Fällen wäre das schlecht für die Partei. Denn Desinteresse kann zu Austritten führen, zu alte Mitglieder zu Verlusten. Merz spricht dennoch von einem „guten Ergebnis“. Naja, Endsieg-Parolen verkaufen kann jeder Politiker ganz gut. Zur Ehrenrettung: Nur 240.000 Mitglieder wurden zur Online-Umfrage eingeladen, vom Rest lag keine E-Mailanschrift vor. Aber es bleibt dabei, auch dann haben nur rund ein Viertel der Kontaktierten an der Umfrage teilgenommen. Das ist und bleibt ein mageres Ergebnis!

Die Umfrage
17 Fragen wurden den Teilnehmern vorgelegt. Wer schnell lesen kann und weiß, was er will, konnte in einer Viertelstunde mit dem Fragebogen durch sein. Wer erst alles abwägen musste, benötigte natürlich länger. Es ging kreuz und quer durch alle politischen Themengebiete. Interessant ist natürlich, was dabei herauskam, aber in den Medien nicht erwähnt wird.

Die Ergebnisse
Die Ergebnisse der Umfrage wurden zwar auf einer langweiligen Pressekonferenz vorgestellt, aber einige konkrete Ergebnisse sind noch einmal genau zu nennen:
83,6 Prozent fordern Abgelehnte Asylsuchende konsequenter zurückzuführen;
72,2 Prozent fordern die Aufnahme von Flüchtlingen stärker zu steuern und zu begrenzen;
74,9 Prozent fordern den verpflichtenden Besuch zur Vorschule bei mangelnden Sprachkenntnissen;
82,3 Prozent fordern, dass das Prinzip „Fördern und Fordern“ bei Arbeitslosigkeit vom Staat stärker eingefordert wird;
83,8 Prozent fordern stärkere Sicherheit;
82,9 Prozent fordern, die Energieversorgung zu sichern.

Theorie und Praxis
Man muss sich ernsthaft fragen, warum es noch so viele CDU-Parteimitglieder gibt. Denn der tatsächliche Kurs der CDU steht für all das, was ihre Mitglieder an der Basis nicht wollen. Sie wollen etwas anderes! Wer hat denn 16 Jahre lang Regierungsverantwortung gehabt? Die CDU! Und wer öffnete die Schleusen zu Deutschland sperrangelweit? Es war die CDU-Bundeskanzlerin! Gut, man mag entgegenhalten, dass Abschiebungen vor allem Ländersache seien, aber wer hatte auf Länderebene fast überall Regierungsverantwortung? Die CDU! Und wer beschloss den Ausstieg aus der Kernkraft? Es war die CDU! Und wer hat eine Ausuferung des Sozialstaates, insbesondere für Fremde, betrieben? Es war die CDU!

CDU-Nibelungentreue
Offenbar gilt bei vielen CDU-Mitgliedern das Prinzip „Hoffnung“. Friedrich Merz ist ja auch nicht Angela Merkel und wird ganz bestimmt, ja gaaaanz bestimmt, wenn er Bundeskanzler würde, alles anders machen. Die Nibelungentreue der Deutschen mag in bestimmten Fällen positiv sein, in diesem Fall sicherlich nicht. Das Personal, das hinter Friedrich Merz steht, stand schon geschlossen hinter Angela Merkel. Die Abgehobenheit der Funktionärskaste wird sich durch die aktuelle parteiinterne Umfrage nicht ändern. Wenn es soweit ist, wird man wieder einknicken. Dann ist es der “zivilgesellschaftliche Druck”, sind es “sachpolitische Zwänge”, “Direktiven aus der EU” etc. Alles Ausreden, weshalb man die Wünsche dann leider nicht umsetzen kann, eben Ausreden, die man schon kennt. Eine wirkliche Veränderung für unser Land ist von dieser CDU nicht zu erwarten. Das ist keine neue Botschaft, aber angesichts so vieler treuer CDU-Anhänger und auch -Wähler ist dies eine notwendige Botschaft. Wer Veränderungen möchte, sollte eher Lotto spielen. Da ist die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns doch höher als ein echter und glaubwürdiger Schwenk der CDU!

Die konkreten Ergebnisse der Umfrage finden sich hier!

Beitragsbild / Symbolbild: Framalicious / Shutterstock.com

Abonnieren Sie auch unseren Telegram-Channel unter: https://t.me/FreiburgerStandard

Treten Sie dem Freiburger Standard bei

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.