Von Achim Baumann
Was gibt es eigentlich Neues über den größten Prozess gegen Linksextreme seit RAF-Tagen um die mumaßliche Rädelsführerin Lina Engel zu berichten? Würde es sich um einen Prozess gegen Rechtsextreme handeln, wäre die Frage leicht zu beantworten, denn rund um die Uhr – man erinnere sich an den NSU-Prozess – würde es Sondersendungen geben. „Homestories“ von den Opfern würden sich mit Sendungen zum politischen Umfeld, mit Themenabenden über den politischen Kontext abwechseln. Natürlich würde die Frage diskutiert, wer die Täter ideologisch „verführt“ hätte – und natürlich würden Parteien und Organisationen „überführt“, die die eigentlichen Schuldigen seien. Ebenso würde es auch Berichte über die Verteidiger geben, in denen diesen unterstellt würde, heimlich mit den Beschuldigten zu sympathisieren. Behörden wie der Verfassungsschutz oder die Innenminister der Länder sowie Polizeigewerkschaften würden die Gunst der Stunde nutzen und vor der Gefahr des Rechtsextremismus warnen. Aber es handelt sich ja um linksextreme Täter. Da ist das Interesse überschaubar. Lediglich die BILD-Zeitung berichtet regelmäßig über den Prozess. Aber was ist mit den anderen Mainstream-Medien? Die einen berichten erst gar nicht und die anderen betreiben sogar unverhohlene Sympathiebekundungen.
t-online auf hartem Antifa-Kurs?
Ein Beispiel gefällig? Einfach einmal den Artikel von Tobias Eßer auf t-online lesen. Gut, der Artikel „Das Vorgehen der Justiz ist eine Schande“ ist klar als Kommentar und somit persönliche Meinungsäußerung gekennzeichnet. Trotzdem darf man sich fragen, wieso eines der größten Nachrichtenportale der Republik einen solchen Kommentar zulässt. Denn darin behauptet der Autor, der Journalist sein will, allerlei Verschwörungstheoretisches. Man könnte den Verdacht haben, Tobis Eßer habe den Prozess gar nicht verfolgt. Die Beweislage ist immerhin erdrückend. Zahlreiche Indizien, klare Beweise und sogar die Aussage eines Mittäters werden einfach damit abgetan, dass „die Beweislast extrem gewichtslos“ sei, so Eßer. Nun scheint Tobias Eßer kein Jurist zu sein. Das muss er auch nicht, aber selbst bei einem Kommentar sollte er sich bei der Bewertung des Verfahrens auf das beziehen, was Fakt ist. Die Bewertung, die Bundesanwaltschaft, die acht Jahre Haft für die mutmaßliche mehrfache Täterin von schwersten Gewalttaten fordert, „zeigt damit, wes Geistes Kind sie ist“, folgt dem üblichen Schema, der Rechtsstaat würde Antifaschisten übereifrig und zu unrecht verfolgen. Das liest man so oder so ähnlich in allerlei linksextremistischen Antifa-Postillen, aber im Nachrichtenportal von t-online?
Dokumentationsstelle klärt über Autor auf
Interessant wird es, wenn man sich die Vita des Kommentators genauer betrachtet. Das hat die „Dokumentation Linksextremismus“ auf Twitter getan. Dort hat sie ein im Internet kursierendes Bild des Autors Tobias Eßer veröffentlicht. Ob das echt ist, wissen wir jedoch nicht. Das zeigt Eßer in einem T-Shirt mit dem Schriftzug und dem Symbol der militanten „Antifaschistischen Aktion“. Die Dokumentationsstelle kritisiert den Autor ebenfalls scharf, so schreibt die regelmäßig lesenswerte Initiative über den Eßer-Kommentar zutreffend: „ Es wird vom „Feindstrafrecht“ geschwurbelt, so als hätte der Staat den kriminellen Antifaschisten willkürlich und grundlos jegliche Bürgerrechte entzogen. Dieses billige Narrativ wird aktuell von der extremen Linken gepusht“. Ist Eßer also ein Linksextremist? Zumindest sympathisiert er mit Linksextremisten, das ist mehrfach belegt.
Aufgewachsen in ehemaliger Bundeshauptstadt
Tobias Eßer soll laut eigenen Aussagen in Bonn aufgewachsen sein. Dortige Antifaaktivitäten umfassen auch den Rhein-Sieg-Kreis, wozu auch das Örtchen Troisdorf gehört. Und dort ist, was für ein Zufall, zur gleichen Zeit wiederum Tobias E. aufgewachsen, der im Umfeld der Hammerbande von Lina E. wirkte und nun in Ungarn wegen ebensolcher gewalttätiger Übergriffe mit Hammern inhaftiert ist, die Bürgerbewegung „Ein Prozent“ berichtete ausführlich (wir berichteten ebenfalls). Ob man sich aus dem überschaubaren Antifa-Milieu vor Ort her kennt? Wie dem auch sei, Tobias Eßer hat eine klare linkslinke Vita, immerhin schrieb er auch schon für die Jungle World und ist nach eigenen Aussagen „Journalist auf der Suche nach guten Geschichten und mit Leidenschaft für Social Media. Themenschwerpunkte: Antifa, HipHop und Politik.“ Wer „Antifa“ also ohnehin nicht unter der „Politik“ subsummiert, scheint es vielleicht als Lifestyle zu verstehen – das würde seinen Kommentar erklären.
Der T-Konzern auf Abwegen?
Man muss sich fragen, wie solche Autoren zu t-online kommen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass t-online nicht mehr zum magentafarbenen Konzern gehört. Ein bekanntes Internetlexikon schreibt: „Von 1995 bis 2015 war es ein Online-Portal der Deutschen Telekom. Seit November 2015 gehört es Ströer Media, einem Vermarkter von Online- und Außenwerbung, und wird von diesem als Newswebsite betrieben und ausgebaut.“ Warum lässt Ströer Media solche Kommentatoren zu, die vielleicht nicht über die nötige Distanz zum kommentierten Sachverhalt verfügen?
Beitragsbild / Symbolbild: TheVisualsYouNeed / Shutterstock.com
[…] den Medien, die Taten von Lina Engel und Co. wurden beispielsweise in zahlreichen Mainstream-Medien verharmlost, halten nach einer aktuellen Umfrage 59 Prozent der Bundesbürger Linksextremisten für gefährlich. […]