Von Achim Baumann
Wenn es nach Annalena Baerbock und Claudia Roth geht, haben die europäischen Völker schlimmstes Leid verursacht – nämlich auf dem schwarzen Kontinent. Wir erinnern uns: Sie kennt Länder, die „Hunderttausende von Kilometern“ entfernt liegen, empfiehlt Putin eine „360-Grad-Wende“ und spricht beim Besuch von Nigeria über die dunkle Kolonialgeschichte zwischen dem westafrikanischen Land und Deutschland, obwohl Nigeria nie eine der wenigen deutschen Kolonien war. Aber egal, das Narrativ steht fest, wir sind den Opfern etwas schuldig, auch wenn es nicht die eigenen sind, was man mit reichlich Entwicklungshilfe und der Rückgabe von angeblich geraubten Schätzen wieder gutmachen könne.
Rückgabe der Benin-Bronzen
Erst im vergangenen Dezember ging es für Claudia Roth, der reisewütigen Kulturstaatsministern, mit der ebenfalls reiselustigen Annalena Baerbock nach Nigeria. „Nach 125 Jahren sind die ersten Benin-Bronzen jetzt in ihre Heimat zurückgekehrt. Kulturstaatsministerin Roth hat gemeinsam mit Außenministerin Baerbock 20 der wertvollen Kunstwerke bei einer feierlichen Zeremonie in Abuja an Nigeria übergeben. Es sei ein historischer Moment, sagte die Staatsministerin“, so eine vollmundige Verlautbarung der Bundesregierung und zitiert ergänzend Claudia Roth: „Wir geben heute Nigeria und den Menschen in diesem Land ihr kulturelles Erbe zurück“. Angekündigt wurde zugleich, dass die Übergabe der 20 Benin-Bronzen erst der Auftakt für weitere Rückgaben sei. Roth versprach: „Bald werden mehr dieser wunderbaren Bronzen wieder in ihre Heimat zurückkehren“. Als Leihgaben werden ausgewählte Benin-Bronzen weiterhin in deutschen Museen zu sehen sein. Das haben die Museen der Benin Dialogue Group mit den nigerianischen Partnern vereinbart.
Hätten Baerbock und Roth warten sollen?
Nun, rund vier Monate später kommt ein Detail ans Licht, das zumindest überaus interessant ist und die voreilige Rückgabe kritisieren lässt. Denn ein Forscherteam aus Bochum konnte nun wissenschaftlich nachweisen, dass das Material für die Benin-Bronzen aus dem Rheinland kam. „Lange Zeit war unklar, woraus genau die Bronzen hergestellt wurden. Es wurde vermutet, dass sie ursprünglich aus Manillen, also Armreifen aus Messing, bestanden, die eingeschmolzen zum Material für die Benin-Bronzen wurden. Die Armreife seien ab dem 16. Jahrhundert in Westafrika als Währung im Sklavenhandel eingesetzt worden“, klärt uns die Tagesschau auf. Und die Süddeutsche weiß: „Die Gießer am Königshaus in Benin wollten offenbar ausschließlich das rheinische Metall haben, um die Bronzen herzustellen“. Das Bochumer Forschungsteam konnte nämlich nachweisen, dass das Messing im Raum Köln und Aachen abgebaut wurde. Und der Spiegel schreibt erklärend: „Das hat eine Untersuchung von Bleiisotopen in Manillen ergeben, Armreife aus Messing, von denen viele früher für die Herstellung der Benin-Bronzen eingeschmolzen wurden. Ein Vertrag der deutschen Kaufmannsfamilie Fugger mit dem portugiesischen König aus dem Jahr 1548 über die Lieferung von Manillen macht die Analyseergebnisse plausibel.“ Wo ist also die Heimat dieser Gegenstände genau?
Rückgabe an völlig andere Vertragspartner
Sogenannte „Beutekunst“ aus Afrika ist überwiegend Stämmen zuzuordnen, deren Nachfahren sich heute oft auf verschiedene Länder verteilen. Ein direktes Zurückgeben an den eigentlichen Kunstproduzenten oder seine Nachfahren ist gar nicht möglich. Ofizielle Ansprechpartner? gibt es gar nicht. Die Staaten, denen die Kunst nun zurückgegeben wird, existierten damals nicht und die Behauptung, es würde sich um „geraubte“ Kunst handeln, stimmt in den seltensten Fällen. Zumeist wurde die afrikanische Kunst von Antiquitätenjägern rechtmäßig erworben und an europäische Museen weiter veräußert. Zugrunde lagen Kaufverträge. „Auch wollen manche Regierungen nur bestimmte Objekte zurückhaben, die ihrer parteiischen Sicht auf die Nationalgeschichte entsprechen; dem sollte man nicht Vorschub leisten. Und dann gibt es Länder mit Bürgerkriegen, in denen die Gefahr besteht, dass Kulturgüter des Gegners bewusst zerstört werden“, heißt es zutreffend sogar in der WELT. Und in der Tat, die vorschnelle Rückgabe an wesentlich später konstituierte Staaten könnte dem dauerhaften Erhalt der afrikanischen Kunst nicht guttun. Aber das dürfte unsere Regierenden nicht interssieren, so zog Bundespräsident Steinmeier kürzlich sogar den Bogen zum „bösen“ Rechtsextremismus, indem er sagte: „Das Unrecht, das Deutsche in der Kolonialzeit begangen haben, geht uns als ganze Gesellschaft etwas an“. Mit Blick auf angeblich aktuellen Rassismus bis hin zu Gewalttaten unterstrich der Bundespräsident, dass Menschen aus allen Teilen der Welt „Teil unserer nationalen Identität“ seien. Noch Fragen?
Beitragsbild / Symbolbild: Mltz / Shutterstock.com
Danke für diesen informativen Artikel. Ich konnte daraus schöpfen und habe ihn hier verlinkt:
http://www.noth.net/lueginsland/speicher2023/06-02-schuldkult-in-freiburg.htm
http://www.noth.net/lueginsland/blog.htm