Von Philipp Arnold Fuchs
Das Jahr neigt sich dem Ende zu, die Weihnachtsfeiern stehen an und gerade noch rechtzeitig wird die brennende Frage aufgeworfen, wie denn jetzt eigentlich mit den mutmaßlich ebenfalls anwesenden Verschwörungsgläubigen zu verfahren sei. „Darf man befreundeten Verschwörungstheoretikern für die Feier absagen?“ diskutiert man im Lifestyle-Portal der NZZ. Ratgeber dieser Art sind sehr hilfreich, wenngleich die Redaktion es auch in diesem Jahr wieder versäumt hat, nützliche Ratschläge für die Abende zu erarbeiten, an denen man auf regierungsmythengläubige Normies treffen könnte.
Normie versus Gutmensch
Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, denn jeder kennt einen, oder hat zumindest schon mal einen gesehen. Der spätbundesrepublikanische Normie ist nicht zu verwechseln mit einer ähnlich häufig anzutreffenden Erscheinung, dem Gutmenschen. Der Gutmensch denkt in den Kategorien „Gut“ und „Böse“, „Liebe“ und „Hass“ und wählt daher die Grünen, wohingegen der Normie in einem Akt der Rebellion auch schon mal die FDP wählt, um Grün zu verhindern. Beiden gemein ist, dass sie dem Staat, seinen Institutionen, seinen Selektionsprozessen, den damit verbundenen Hierarchien und einer „freien und unabhängigen Presse“ unterstellen, einigermaßen ordnungsgemäß zu funktionieren. Für sie gibt es also keinen Anlass, grundsätzlich an den Erzählungen des Systems zu zweifeln.
Mit zweierlei Mass
Auch der allgegenwärtige Doppelstandard ist nur bedingt dazu geeignet ausreichend Misstrauen zu säen, da es menschlich ist, die eigenen Leute und deren Handlungen etwas nachsichtiger zu beurteilen, als die des weltanschaulichen Gegners. Es ist also verständlich, dass die Tatsache, dass Berichterstattung ebenso wie Äußerungen von Politikern hinter einem utopischen Ideal der Fairness zurückbleiben, nicht als besonders problematisch angesehen wird, zumal sich in der Praxis ohnehin kein Regime den Luxus uneingeschränkter Neutralität erlauben kann. Jedes Herrschaftssystem steht auf einem ideologischen Fundament, das durch die prominente Platzierung der eigenen Interpretation der Wirklichkeit verteidigt werden will. Systempropaganda ist also notwendig und für diejenigen, die sich mit dem System assoziieren, auch kein Grund sich darüber aufzuregen. Manchmal und immer häufiger nimmt diese Art der Narrativkontrolle aber solche grotesken Formen an, dass man sich fragt, ob nicht auch beim Normie irgendwann ein Punkt erreicht ist, an dem er die sich widersprechenden Textbausteine und Phrasen auch mit größter Mühe nicht mehr in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen vermag.
Scheinrealität?
Um in die eigens für ihn konstruierte Scheinrealität einzutauchen, reicht es aus, die Schlagzeilen der letzten Wochen durchzugehen. So titelt man auf der Seite der Tagesschau, dass es schwere Krawalle in belgischen Großstädten nach der 0:2-Niederlage der belgischen Nationalmannschaft geben habe, was offenbar demjenigen, der Artikel nur überfliegt, suggerieren soll, dass hier enttäuschte Belgier gewütet hätten. Weiter im Text erfährt man: „Die Krawalle ereigneten sich am Rande friedlicher Versammlungen von Marokkanern“ und „Auch in Antwerpen feierten marokkanische Fans ebenfalls den überraschenden Erfolg ihres Teams und schlugen dabei vereinzelt über die Stränge […] Wie in Brüssel hätte die Polizei auch in Antwerpen Wasserwerfer eingesetzt.“ Ah ja, um den Freudentaumel von vereinzelt über die Stränge schlagenden jugendlichen Fußballfans zu bremsen, waren Großaufgebote der Polizei und Wasserwerfer nötig. Das will zwar nicht so recht zusammenpassen, aber gut, es geht hier schließlich darum, fetischisierte Minderheiten zu protegieren. Aus Sicht des Normies ist das ein legitimes Anliegen.
Das „Wording“ der Medien
Stärker strapaziert wird der Glaube an einen tieferen Sinn der Berichterstattung in einem Artikel der Kronenzeitung über eine identitäre Aktion vor dem größten Asylzentrum Österreichs in Traiskirchen. Zitat:
„Aus Protest gegen die Migrationspolitik errichteten sie [identitäre Aktivisten] symbolisch einen Grenzzaun, fackelten Bengalische Feuer ab und verteilten Flugblätter mit rechtsradikalem Inhalt. Darin wird etwa die Schließung der Außengrenze sowie die sofortige Abschiebung von illegalen Asylbewerbern gefordert. Ungeachtet dessen bastelt die EU mit den Staaten entlang der Balkanroute aktuell an einem Aktionsplan, um der illegalen Migration endlich einen Riegel vorzuschieben.“
Das Wort „illegal“ scheint hier keinerlei Bedeutung zu haben. Ohne einen Widerspruch zu erkennen, behaupten die Krone-Journalisten, illegale Migration zu problematisieren sei rechtsradikal, nur um im nächsten Satz darauf hinzuweisen, dass die EU einen Aktionsplan schmiedet, um der illegalen Migration endlich einen Riegel vorzuschieben. Vollends ins journalistische Paralleluniversum abgedriftet sind die Kollegen von OE24, die sich bezugnehmend auf obige Aktion folgenden Titel ausgedacht hatten: „Neonazi-Attacke auf Asyl-Quartier – 10 Anzeigen gegen rechte Paramilitärs“. Da der Begriff des Rechtsextremisten im Titel offenbar nicht mehr die gewünschte Schockwirkung erzielt, werden ein paar Jungs, die ein Banner hängen und Flugblätter verteilen, zu Neonazi-Paramilitärs umetikettiert. Damit befinden sie sich begrifflich in unmittelbarer Nachbarschaft der russischen Gruppe Wagner oder der Kassam-Brigaden. Das ist kein Messen mit zweierlei Maß, sondern die Abwesenheit des Maßbandes.
Von „Neonazis“ umzingelt?
Der regierungsgläubige Normie lebt in einer Welt, die buchstäblich von Neonazi-Milizen umstellt ist, in der eine Handvoll Senioren mit Luftgewehren kurz davor ist, „die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen“, in der Omas Politiker entführen, in der das Gesundheitssystem zusammenbricht und Killerviren ganze Landstriche entvölkern, in der man sich über den „Virus der Freiheit“ in China freut, nachdem Freiheit hierzulande als asozialer Egoismus denunziert wurde, in der man den wöchentlichen Einzelfall bedauert und in der das kleinste Problem darin besteht, dass „jugendliche Fans“ etwas zu ausgelassen feiern.
Der polit-mediale Komplex lügt!
Wenn die Coronakrise zu irgendetwas gut war, dann dazu, in ganzen Bevölkerungsschichten ein Bewusstsein dafür zu wecken, dass der polit-mediale Komplex weniger aufrichtig agiert als zunächst angenommen. Aber es reichen einige wenige impfkritische Beiträge in ÖR-Medien und Äußerungen von CDU-Politikern, die sich nach mehr als zwei Jahren Einseitigkeit nun auf Kosten von Lauterbach sanieren wollen, um die Normies wieder einzufangen. Zum Glück gibt es noch normale Leute in der Politik, die Presse macht ja doch ihren Job, alles gut, Entwarnung! Wie soll man sich also verhalten, wenn man auf einer Weihnachtsfeier auf medienhörige Staatsbürger trifft, die sich so weit von der Realität entfernt haben, dass man sie kaum noch erreichen kann? Hoffentlich erscheinen bald die entsprechenden Ratgeber.
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