Ein Kommentar zum Artikel in der Badischen Zeitung: Russland – Ukraine – Krieg. Kriegsflüchtlinge scheitern in Baden-Württemberg an 3G, zu finden unter https://www.badische-zeitung.de/kriegsfluechtlinge-scheitern-in-baden-wuerttemberg-an-3g–210253741.html

Man kann diesen kurzen BZ-Artikel kaum lesen, ohne an sprachlichen und inhaltlichen Stolpersteinen hängen zu bleiben. Lautet doch der erste Satz: „In ihrer Heimat mussten viele ukrainische Flüchtlinge vor russischen Bomben und Raketen fliehen. In Baden-Württemberg kämpfen sie nun nun – Corona sei dank – auch gegen die deutsche Bürokratie.“

Schwächen im Lektorat einer Zeitung kann es ja mal geben. Nachsicht ist eine Tugend. Allerdings gleich zwei Stolpersteine bereits im ersten Abschnitt des Textes? Ein „nun“ hat sich an das erste „nun“ gefügt – als ob gewissermaßen eine neue Zeit angebrochen sei, ein neues „nun“. Das lag sicher nicht in der Absicht des Autors, doch es ist nun einmal passiert und ein interessanter Zufall. Der zweite Fehler liegt in der Wendung „Corona sei dank“, denn der Dank müsste laut Duden großgeschrieben werden. Oder gibt es da doch nichts zu danken, fällt der Dank etwa kleiner aus als von der Badischen Zeitung gewünscht? Offensichtlich. Denn der Artikel ist an Sarkasmus nicht zu überbieten.

Schon der Titel deutet einen neuen Fahrplan in unserem flüchtlingsfreundlichen Germany an: „Kriegsflüchtlinge scheitern in Baden-Württemberg an 3G“. Wie bitte?

Ist aus dem seit sieben Jahren überaus großzügigen, deutschen Herbergsstaat zwischenzeitlich ein gestrenger Herr geworden, der nun die Impfapartheid konsequent auch auf die ärmsten und schwächsten Menschen, die Flüchtlinge aus der Ukraine, anwenden wird?

Der Artikel benennt das ach so ungeheuerliche Verschulden, das sich diese neuen Flüchtlinge „geleistet“ haben: „die meisten Flüchtlinge waren nicht geimpft“. Und wenn sie geimpft waren, dann nur „mit einem in der EU nicht zugelassenen Vakzin […] Impfungen mit dem russischen Vakzin Sputnik V etwa […]“

Da ist es natürlich eine bürokratische Katastrophe, dass die heilbringenden Testzentren „in der Nacht nicht mehr geöffnet“ waren. Wann wird endlich ein Testzentrennachtschichtdienst eingeführt?

Nicht nötig, denn es „würden Mobile Impfteams [sic!] derzeit an den Landeserstaufnahmeeinrichtungen aktiv“, damit auch bald alle „problemlos die gesamte Impfinfrastruktur im Land in Anspruch nehmen.“ All das garniert mit einem weiteren orthographischen Stolperstein, diesmal aus dem Land der Eigenwörter: Wer kennt es mittlerweile nicht – Impfteam das Mobile – schließlich weiß ja auch jeder, wer Karl der Große ist.

Lassen wir das Ganze mal absacken: Eine Friedensdemo jagt die andere, eine Spendenaktion folgt der nächsten, verstörende Kriegsbilder aus der Ukraine in den Nachrichten – und da hat das Land Baden-Württemberg nichts Besseres zu tun, als seine Impfinfrastruktur auszubauen?

Was für ein schäbiger Umgang mit den ukrainischen Flüchtlingen! Aus dem altruistischen Gastgeber ist leider ein sehr hässlicher Impfprinzipienreiter geworden, dem die Not der Flüchtlinge egal ist, Hauptsache geimpft. Was ist nur aus Baden-Württemberg, aus Deutschland geworden!

m_

 

Beitragsbild von rottonara via Pixabay

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