Von Dario Herzog

Da sind sich zahlreiche völlig unterschiedliche Beobachter einig: Dass die Personalie „Frauke Brosius-Gersdorf“ im Zusammenhang mit der Nominierung fürs Bundesverfassungsgericht umstritten ist. AfD-Anhänger befürchten, dass die erklärte AfD-Kritikerin ein mögliches AfD-Verbot beim Bundesverfassungsgericht durchwinken könnte. Lebensschützer sind entsetzt über die Auffassung der Uni-Professorin zur Abtreibung und Corona-Maßnahmen-Kritiker erinnern sich an die zum Teil abstrusen rechtlichen Rechtfertigungen der 54-jährigen Juristin zur möglichen Impfpflicht. Die Nominierung von Frauke Brosius‑Gersdorf, immerhin Staatsrechtsprofessorin an der Universität Potsdam, für das höchste deutsche Gericht sorgt selbst in der Mainstreampresse für ungewöhnlich scharfe Kritik. Von „radikaler Juristin“ wird gesprochen oder dass sie „im Geiste von Margot Honnecker unterwegs“ sei. Von Teilen der SPD unterstützt, gilt sie manchen indes als Hoffnungsträgerin für anti-konservative Reformen – doch gerade alles, was rechts der SPD ist, hält die Dame für völlig ungeeignet. Die Vorwürfe reichen von „ultralinks“ bis hin zu Verfassungsfeindlichkeit. Was ist dran an den Vorwürfen?

Politische Ausrichtung als Stein des Anstoßes
Nicht nur Kritiker aus dem Unionslager bezeichnen Brosius‑Gersdorf als „unwählbar“ und verorten sie politisch am äußersten linken Rand. Ihre Haltung wird als Gegenmodell zu bisherigen Kandidaten verstanden, die oft aus dem bürgerlichen oder moderat liberalen Spektrum kamen. Selbst Stimmen aus der Fachöffentlichkeit werfen der Jurisatin mit Doppelnamen vor, weniger ausgleichend als spaltend zu wirken, was besonders bei einer Richterin für das Bundesverfassungsgericht problematisch sein sollte. Denn dort gilt das Gebot höchster Neutralität und Überparteilichkeit.

Brisante Position zur Abtreibung
Einer der zentralen Streitpunkte ist ihre Haltung zum Lebensschutz und zur Reform des Paragrafen 218 StGB. Brosius‑Gersdorf fordert nicht nur die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, sondern betrachtet sie als grundsätzlich rechtmäßig; „Mein Bauch gehört mir“-Phantasien eben juristisch unterfüttert. Für Aufsehen sorgte auch ihre Aussage in einer öffentlichen Anhörung, wonach die Menschenwürde aus juristischer Sicht erst ab der Geburt gelte. Diese Position steht in offenem Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die dem ungeborenen Leben einen eigenen Schutzwert zuspricht. Kritiker warnen davor, eine Richterin mit dieser Haltung könnte ein jahrzehntelang gefestigtes Grundrecht auf Leben relativieren und so den gesellschaftlichen Frieden gefährden.

Aktivistische Haltung auch in anderen politischen Fragen
Auch in anderen Feldern eckt Brosius‑Gersdorf mächtig an: So plädierte sie während der Corona‑Pandemie öffentlich für eine allgemeine Impfpflicht, die sie als rechtlich geboten ansah. Zudem sprach sie sich für ein Verbot der AfD aus und hielt es für denkbar, deren Anhängern bestimmte Grundrechte zu entziehen. Ihre Befürwortung gendergerechter Formulierungen im Grundgesetz und die Forderung nach verbindlichen Geschlechterquoten in politischen Gremien runden das Bild einer klar linksradikalen Reformagenda ab. Aus Sicht der Kritiker überschreitet sie damit die Grenze zwischen juristischer Expertise und politischem Aktivismus. Dass eine solche Aktivistin überhaupt von der SPD vorgeschlagen wird, ist für viele bereits ein Skandal!

Neutralitätsgebot und Vertrauensverlust
Medienkommentatoren und Verfassungsexperten warnen, dass eine so deutlich politisch positionierte Person dem Selbstverständnis des Bundesverfassungsgerichts schade. Dort gilt traditionell die Maxime, dass Richter zwar eine weltanschauliche Haltung haben dürfen, diese aber nicht in der Rechtsprechung dominieren darf. Die Sorge in diesem Fall: Brosius‑Gersdorf könnte die Autorität des Gerichts schwächen, da ihre bekannten politischen Überzeugungen Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit wecken würden.

Widerstand aus vielen Kreisen – aber wird die Union trotzdem zustimmen?
Besonders heftig fällt die Ablehnung aus dem Umfeld von Lebensschutzorganisationen, kirchlichen Initiativen, rechten und bürgerlich-konservativen Medien aus. Brosius‑Gersdorf als Symbol steht eindeutig für eine radikale Abkehr vom bisherigen Lebensschutz. Auch in der Union wird befürchtet, dass mit ihr eine grundsätzliche Verschiebung der Rechtsprechung droht, die tief in gesellschaftliche Konflikte eingreifen könnte – von der Abtreibungsdebatte bis hin zu Fragen wie Genderpolitik oder Parteienverboten. Aber die Gretchenfrage lautet: werden die Abgeordneten der Union trotzdem zustimmen, damit auch sie ihre Kandidaten durchbekommt? Wird die Union – wie immer in Zweifelsfällen – umkippen?

Petition
Damit die Bundestagsabgeordneten der Union daran „erinnert“ werden, wofür die zweifellos unfreiheitliche Kandidatin eigentlich steht, versucht die Online-Petition „Keine radikale Lebensfeindin ins Bundesverfassungsgericht: Stimmen Sie gegen Frauke Brosius-Gersdorf!“ die untragbare Kandidatin der SPD fürs höchste deutsche Gericht zu verhindern. Wer das unterstützt, sollte die Petition ebenfalls unterzeichnen!

Kandidatin mit Sprengkraft
Die Nominierung von Frauke Brosius‑Gersdorf zeigt abschließend ziemlich deutlich, wie politisch aufgeladen Richterwahlen inzwischen geworden sind. Die Parteien machen das mittlerweile schamlos untereinander aus. Während ihre Unterstützer in ihr eine angebliche Modernisiererin sehen, sprechen Kritiker von einer Gefahr für das Vertrauen in die Verfassungsgerichtsbarkeit. Zurecht! Ob Brosius-Gersdorf letztlich ins Amt kommt, hängt an einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag – die hoffentlich aufgrund des Widerstands etlicher Unionsabgeordneter noch nicht sicher ist. Sicher ist aber schon jetzt: Ihre Kandidatur hat eine Debatte ausgelöst, die weit über ihre Person hinausreicht und zentrale Fragen berührt, wie politisch Richter an Deutschlands höchstem Gericht sein dürfen. Und ob das System der Berufung der Richter für das höchste deutsche Gericht vielleicht einmal geändert werden sollte. Zeit wäre es…

Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: nitpicker; Bild darunter: Christin-Klose / alle Shutterstock.com

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