Von Albrecht Künstle
In den frühen 1980er Jahren ging es um die sogenannte „Nachrüstung“, die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen im Deutschland (respektive was davon noch übrig bliebe, drohte der kalte Krieg zwischen den Militärblöcken zu einem heißen zu werden). Und wie auch heute wieder, behauptete die NATO schon damals, der Bedrohung von Osten – damals durch den Warschauer Pakt – lasse dem Westen keine andere Wahl, als taktische und weiterreichende Atomwaffen zu stationieren, gerade in Deutschland als Frontstaat. Jene „nukleare Teilhabe“, von der heute Baerbock, Strack-Zimmermann, Kiesewetter & Co. wieder träumen, sollten wir damals von den USA geschenkt bekommen. Klar war damals (wie auch heute wieder), dass wir dadurch zum vordersten Angriffsziel russischer Atomraketen geworden wären.
1982: „Besuchen Sie Deutschland, solange es das noch gibt“
In jenen Jahren warb ein amerikanischer Reiseveranstalter sarkastisch für „Reisen nach Deutschland, solange es das Land noch gibt“ – denn im Ernstfall wäre nicht mehr viel von unserem Land übriggeblieben. Gegen ein solches Szenario wäre der Ukrainekrieg ein laues Militärmanöver, bei dem man die Opfer sogar noch zählen kann (es sind trotzdem viel zu viele). Doch es kam bekanntlich anders: Der todbringende Ostblock fiel in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Und von der ach so bedrohlichen Volksarmee der DDR wurde weder qualifiziertes Personal noch deren Waffenarsenal in die Bundeswehr eingegliedert, weil es anscheinend zu nichts taugte – was immerhin insofern erstaunlich war, als man im Westen jahrelang jede Hochrüstung damit begründet hatte, infolge der konventionellen Überlegenheit des Ostens würde man andernfalls binnen kürzester Zeit überrannt werden. Schließlich wurde nun das damalig projektierte „Schlachtfeld Deutschland“ in die Ukraine verlegt, dem neuen Frontstaat.
Wozu in die Ferne schweifen?
Jedenfalls kann man heute mit der damaligen Werbekampagne garantiert keine Amis mehr nach Deutschland locken. Aber dafür gibt es ein anderes Zugpferd, das der Journalistenkollege Meinrad Müller vergangene Woche in einer launigen Satire treffend vorstellte: Rundreisen zu den schönsten Moscheen Deutschlands – „ein Urlaub wie in Tausendundeiner Nacht.“ Tatsächlich könnte diese Idee als Reisekonzept fruchten – denn wozu in die Ferne schweifen, was man im näheren Deutschland dasselbe haben kann? Zumal viele Amerikaner sowieso nicht wissen, wo die arabischen Länder oder die Türkei mit ihren vielen Moscheen liegen. Außerdem: Nicht nur die Handelsbilanz ist nicht ausgeglichen, sondern auch die Dienstleistungsbilanz – wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen: Deutsche bereisten bislang gerne die Sehenswürdigkeiten in den USA, und die Amerikaner umgekehrt die Merkwürdigkeiten Deutschlands. Das soll sich nun ändern.
2025: „Besuchen Sie Deutschlands schönste Moscheen“
In der Satire Müllers boomt der Tourismus in Deutschland dank der anhaltenden Ausbreitung des Islam:
„Ein echtes touristisches Highlight für Urlauber aus den USA stellt eine 10-tägige Reise zu den neun prächtigsten Moscheen des künftigen Kalifats Germanistan dar, inklusive der Erkundung multikulturell bereicherter Viertel und bunter Wochenmärkte, auf denen sich das friedliche Zusammenleben der Kulturen hautnah erleben lässt“,
wird dieses Reiseangebot eingangs beschrieben: „Der Nahe Osten beginnt in Köln … dem multikulturellen Herzen am Rhein“. Weiter geht’s nach Duisburg, Essen und Dortmund im Ruhrgebiet – und schließlich über Hamburg nach Berlin. Die Moscheen und ihr kulturelles Umfeld werden im „Reiseprogramm“ schwärmerisch beschrieben – nicht aber die Hintergründe der Moschee-Namen. Dies soll hiermit nachgeholt werden.
Eine kleine Namenskunde
Zunächst zur Imam-Ali-Moschee. Zum Namenspatron Imam Ali auszugsweise folgende Hintergründe:
„Eine dritte Partei in dem Konflikt bildeten Mohammeds Witwe ʿĀ’ischa und die beiden Prophetengefährten Talha ibn ʿUbaidallāh und az-Zubair ibn al-ʿAuwām. Sie begaben sich nach Basra und bauten sich dort eine Widerstandsbasis auf. Am 10. Dschumada th-thaniyya des Jahres 36 (= 4. Dezember 656) kam es zu einer Schlacht zwischen den beiden Lagern, die für die Partei ʿĀ’ischas mit einer vernichtenden Niederlage endete. Talha und az-Zubair fielen, die Verbände ʿAlīs gingen als klare Sieger hervor. Da ʿĀ’ischa dieser Schlacht in einer Kamelsänfte beigewohnt hatte, hat man sie Kamelschlacht genannt. Unter Ali begann sich das politische Zentrum des Kalifats zu verschieben. So befand sich nicht nur seine Residenz Kufa außerhalb der Arabischen Halbinsel, sondern auch seine Feinde Aischa und Muawiya stützten sich auf ihre Anhängerschaft im Irak (Mesopotamien) bzw. in Scham (Syrien)…“
Kurzer Wissenscheck: Haben sich die Apostel Jesu Christi Schlachten geliefert, außer der Redeschlacht auf dem Apostelkonzil im Jahr 48 in Jerusalem?
Dann zur Sehitlik-Moschee. Sehitlik bedeutet „der Märtyrer“. Dazu ist in der deutschsprachigen Literatur vergleichsweise wenig zu finden. Aus dieser Beschreibung der „Welt“ einer nach dem „Märtyer“ benannten Berliner Moschee geht jedoch hervor:
„Zwei Drahtzieher des Genozids an den Armeniern im Ersten Weltkrieg liegen in Ehrengräbern an der Berliner Sehitlik-Moschee. Der Friedhof liegt mitten in der Hauptstadt – gehört aber zur Türkei… Strahlend weiß stehen die Marmorsteine auf zwei Ehrengräbern des Friedhofs der türkischen Sehitlik-Moschee in Berlin-Neukölln […] Begraben sind hier Drahtzieher des Völkermordes an den Armenier. […] Die Sehitlik-Moschee ist der repräsentativste klassisch-osmanische Sakralbau des größten deutschen Islamverbands Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Mit spitz aufragenden Minaretten, Kuppel und reichem Ornament. Sie ist eine beliebte Kulisse für die mediale Inszenierung interreligiösen Dialogs.“
Na, dann ist ja alles in Ordnung! Oder? Nein, die schönsten christlichen Armenierinnen wurden damals auserwählt für was auch immer; alle anderen wurden im Schwarzen Meer ertränkt.
Hinrichtungen, Versklavungen, Vergewaltigungen
Sodann zur Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, der einzig „liberalen“ Moschee Deutschlands (und wohl auch in der Welt). Angesichts dieser Attribuierung wundert man sich einigermaßen über die Person dieses Abū l-Walīd ibn Ruschd, hier beschrieben:
„Ibn Ruschd lebte in einer Zeit großer äußerer Bedrohungen. Während seiner Jugendzeit weitete Alfons I. von Léon-Kastilien seinen Herrschaftsbereich weit über den Duero-Fluss nach Süden aus und eroberte 1085 Toledo. Von 1117 bis 1121, in einer Zeit, als zu den äußeren Bedrohungen auch innere Unruhen kamen, amtierte Ibn Ruschd als Qādī und Leiter des Gebets von Córdoba. In einem Fatwa […] urteilte Ibn Ruschd, dass aufgrund der ständigen Überfälle von christlicher Seite auf islamisches Gebiet eine Schutzpflicht gegenüber christlichen Händlern […] nicht mehr bestände. Nach dem großen Feldzug des christlichen Herrschers Alfons I. nach Andalusien im Jahre 1125 sprach er am 30. März 1126 in Marrakesch bei ʿAlī ibn Yūsuf ibn Tāschufīn vor, um ihn vor der seiner Ansicht nach weiter bestehenden Gefahr zu warnen. Ibn Ruschd wird auch mit der Entscheidung des almoravidischen Herrschers von 1126 in Zusammenhang gebracht, einige von den christlichen Bewohnern von Córdoba, Sevilla und Granada zu deportieren.“
Hier muss die Frage erlaubt sein, wie der Islam auf der iberischen Halbinsel wohl Fuß gefasst hat – durch Gebete oder durch das Schwert? Und wer hier eher im Recht gewesen wäre, „Überfälle“ und Feldzüge zu unternehmen? Und was hat um Himmels Willen Johann Wolfgang von Goethe in einem Moschee-Namen zu suchen?
Zur Fatih-Mosche, von den denen es unzählige in Deutschland gibt: Fatih alias Mehmed II. war der wohl größte der Eroberer im Dienste Muhammads und wurde auch „der Christenschlächter“ genannt. Zu seinen „Verdiensten“ gehörte die Eroberung Konstantinopels, der Hauptstadt des oströmischen Reiches. Daraus nur die folgende kurze Episode der Vernichtungspolitik dieses islamischen „Helden“:
„Um eine Zerstörung Konstantinopels zu verhindern, hatte Mehmed II. die freiwillige Übergabe durch Übereinkunft angestrebt, doch eine Kapitulationsaufforderung an Kaiser Konstantin XI. war ohne Erfolg geblieben. Unterdessen hatte ihn sein Berater Akşemseddin gedrängt, die Stadt im Kampf zu nehmen. Als Konstantinopel 1453 gefallen war, wurde die durch Gewalt eingenommene Stadt geplündert. Die ohnehin schon geschwächte Wirtschaft der Stadt wurde zerstört und die Bevölkerung teilweise versklavt, getötet oder vertrieben. In der Chronik des Aschikpaschazade heißt es dazu: Da gab es gute Beute. Gold und Silber und Juwelen und kostbare Stoffe wurden auf den Markt im Heerlager gebracht und in Haufen aufgestapelt; all dieses wurde nun feilgeboten. Die Giauren (Christen) von İstanbul wurden zu Sklaven gemacht, und die schönen Mädchen wurden von den Gazi in die Arme genommen.“
Selbstredend handelte es sich bei Letztgenannten um Christinnen, die brutal vergewaltigt wurden. Alles vorbei und vergessen? Man stelle sich vor, eine Kirche wäre nach einem Muslimschlächter benannt worden – zum Beispiel „Türkenlouis-Kirche“.
Fragwürdige historische Figuren
Diese kurze Auswahl an Namen zeigt auf frappierende Weise, wie die „kritische Aufarbeitung“ der eigenen Geschichte im Islam bis heute aussieht: Leider im Verklären und Verherrlichen selbst von blutrünstigen Massenmördern. Und das gilt offensichtlich auch für den Großteil der „weltoffenen“ Muslime in Deutschland, die in Moscheen predigen, die nach diesen fragwürdigen historischen Figuren benannt sind. Auf meinen zahlreichen Reisen auch in islamische Länder wurde ich oft von örtlichen Reiseleitern angelogen, wer dies und das angeblich erbaut und wer dieses und jenes Land eigentlich erobert habe. Ich empfahl ihnen stets, sich einmal – analog zu Bertolt Brechts „Fragen eines lesenden Arbeiters“ – kritische Fragen zu stellen, die sich einem des Lesens mächtigen Besucher zwangsläufig aufdrängen. Dies gilt auch für Besucher der Moscheen in Deutschland, nicht nur um Rahmen von Rundreisen, sondern zum Beispiel auch beim – sinnfälligerweise alljährlich ausgerechnet am deutschen Nationalfeiertag 3. Oktober begangenen – „Tag der Offenen Moschee“, der sich dafür hervorragend anbietet. Meine blutige, pardon: blumige Präsentation des Islams in Germanistan, wie sie Reiseveranstalter vielleicht bald schon auch nicht-satirisch im Programm führen, möchte ich mit einer ketzerischen Frage schließen: Hat Deutschland eigentlich keine bessere Kultur zu bieten als die muslimische?
Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: Achim Wagner / Shutterstock.com
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