Von Dario Herzog

Die Bundesprogrammkommission (BPK) der Alternative für Deutschland hat ihre Arbeit zur Überarbeitung und Aktualisierung des AfD-Grundsatzprogramms aufgenommen, wie die Partei nun mitteilte. Unter Leitung von Prof. Dr. Ingo Hahn, Stellvertreter Dr. Götz Frömming und Programmkoordinator Peter Boehringer wird in enger Abstimmung mit dem Bundesvorstand in den kommenden Monaten überprüft, welche Aspekte des bisherigen Grundsatzprogramms an die aktuelle politische und gesellschaftliche Lage angepasst werden müssen. Hervorzuheben ist, dass die Bundesprogrammkommission eng mit den Bundesfachausschüssen zusammenarbeitet. Das hört man aus den Gremien der Partei. Aber in welche Richtung sich das neue Grundsatzprogramm entwickeln wird, ist derzeit noch völlig offen. Wird die AfD ihr Profil schärfen oder sich – wie beispielsweise regelmäßig aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen gefordert, „bündnisfähig“ aufstellen – und somit ihr Grundsatzprogramm „deradikalisieren“?

Was ist das Programm „draußen“ wert?
Wenn es nach Ansicht der AfD geht, hat das bisherige Grundsatzprogramm – ebenso wie die jeweiligen Bundestagswahlprogramme – maßgeblich zum stetig wachsenden Wählerzuspruch beigetragen. Ist das wirklich richtig? Oder ist das, was man aufgrund der feindlich gesinnten Medienpropaganda mit der AfD verbindet, eher ausschlaggebend für die Wahlerfolge? Die AfD spricht selbst davon, dass naheliegende Themen wie die Rückkehr zu einer bezahlbaren Energieversorgung, eine konsequente Migrationsbegrenzung und eine wachstumsfreundliche Wirtschaftspolitik entscheidend dazu beigetragen haben, dass die AfD heute in Umfragen als stärkste politische Kraft geführt wird – und diese Punkte werden im bisherigen Grundsatprogramm durchaus behandelt. Mit der Überarbeitung des Grundsatzprogramms setzt sich die AfD trotzdem das Ziel, „den Bürgern eine klare, langfristige Orientierung zu geben – für ein Deutschland, das wieder zu Wohlstand, Stabilität und internationalem Ansehen zurückfindet“.

Ein neues Grundsatzprogramm ist nötig 
Die Überarbeitung des Grundsatzprogramms auf Bundesebene signalisiert zwar einerseits, dass die AfD sich nicht länger mit dem Status quo zufrieden geben möchte und eine programmatische Neuausrichtung anstrebt, andererseits aber eine mögliche Regierungsoption zu prüfen hat und sich vorauseilend zurückhaltender geben könnte. Das könnte ein Spagat werden, denn Richtungs- und Profilfragen sind noch nicht ansatzweise abschließend geklärt. Peter Boehringer, stellvertretender Bundessprecher und Programmkoordinator, erklärt dazu dem Spagat aus dem Weg gehend:

„Im Jahr 2016 haben wir mit unserem Grundsatzprogramm einen parteipolitischen Meilenstein gelegt und damit die Grundlage für einen beispiellosen Aufstieg geschaffen. Mit der jetzt beginnenden Tätigkeit der BPK wird dieser erfolgreiche Prozess fortgesetzt. In den letzten zehn Jahren hat sich politische Realität dramatisch verändert: Energiewende, Migrationskrise, EU-Zentralisierung und Deindustrialisierung sind die direkten Folgen falscher politischer Entscheidungen. Daher ist jetzt die Zeit, unsere Positionen im Grundsatz strategisch zu schärfen – etwa mit einem klaren Bekenntnis zur industriellen Wertschöpfung im Inland, zu einer souveränen Finanzpolitik und zur Verteidigung nationaler Interessen in Europa. Unser neues Grundsatzprogramm soll uns durch die kommenden Jahrzehnte leiten.“

Zumindest spricht Peter Boehringer davon „unsere Positionen zu verschärfen“. Dies deutet nicht darauf hin, dass Positionen verwässert werden. Gerade Positionen zu den Themen  Kulturpolitik/Kulturkampf und Remigration müssen heute weitaus klarer und deutlicher formuliert werden, um sich vom Mainstream, insbesondere von der Union abzusetzen, die gerne vor Wahlen hemdsärmelig auftritt, aber nach den Wahlen zum Bettvorleger wird. Aber wird sich der AfD-Flügel durchsetzen, der für eine klare Schärfung, die politischen Gegner werden es „Radikalisierung“ nennen, ausspricht? Boehringers Partner in der Bundesprogrammkommission hört sich demgemäß nämlich schon ganz anders an. Prof. Dr. Ingo Hahn, Vorsitzender der Bundesprogrammkommission, erklärt nämlich frank und frei:

„Die Neukonzeption und Überarbeitung unseres Grundsatzprogramms ist ein strategischer Schritt zur programmatischen Aktualisierung und der inhaltlichen Anpassung an neu entstandene weltpolitische Themenstellungen. Unser Ziel ist ein modernes, inhaltlich geschärftes Programm, das unsere Leitlinien und Werte für die kommenden Jahre festschreibt und unseren Weg zur Regierungsverantwortung flankiert. Für die Bürger und unsere Parteimitglieder schaffen wir so eine transparente Orientierung und verlässlichen Fahrplan, wie wir Deutschland wieder auf Kurs bringen.“

Ingo Hahn gibt zu, dass das Thema „Regierungsverantwortung“ durchaus zu beachten sein wird. Das könnte auf eine Verwässerung des Grundsatzprogramms hinauslaufen – auch und gerade aufgrund der zunehmenden VS-Problematik. Nur wird die AfD von ihren Wählern deshalb gewählt, weil sie eine klare Alternative zum noch herrschenden Parteienspektrum ist, ganz egal, was irgendwo in einem Programm steht. Da Programme auch von Parteitagen abgesegnet werden müssen, ist also noch viel Spielraum. Mal sehen, was die Parteiführung der Parteibasis dann vorlegt – aber das könnte erst in einem Jahr der Fall sein…

Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: nitpicker / Shutterstock.com

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