Von Dr. Dr. Thor von Waldstein

Wer in Besteverdeutschland jenseits des „allgemeinen Geblökes“ (Adorno) seine Meinung offen äußert, braucht ein schnelles Pferd, hilfsweise einen vorzeigbaren Bademantel. Das wird unter Selbstdenkern spätestens seit der Corona-Pandemieinszenierung 2020 ff. kaum mehr bestritten. Gräbt man etwas tiefer und fragt nach den unmittelbaren Ursachen dieser Willkür, wird die Anzahl derjenigen, die hierauf bündige Antworten parat haben, schon geringer. Der Gretchenfrage schließlich, welche metajuristischen Hintergründe der sich sukzessive vollziehende Abschied vom Rechtsstaat hat, stehen auch Zeitgenossen, die schon länger kritisch die schiefe Ebene der BRD-Geschichte beobachten, zumeist ratlos gegenüber.

Das müßte nicht so sein, würde man sich in der widerständigen Szene von dem häufig planlosen Herumklicken im Netz mit seinen 1001 „Aktualitäten“ abwenden. Dadurch würden sich für viele ungeahnte, neu gewonnene Lesekapazitäten eröffnen, zum Beispiel für die Lektüre von Autoren, deren kluge Analysen die Wirklichkeit, die sich hinter der Potemkin´schen Fassade der Berliner Politschaubühne verbirgt, präzise zu beschreiben in der Lage sind.

Einer dieser Autoren ist Josef Schüßlburner, dessen Schriften unter Kennern der publizistischen Gegenöffentlichkeit nicht erst seit gestern als Geheimtip gelten. Allein in seinem legendären Fußnotenapparat, dessen Tiefgang die meisten seiner gedankenpolizeilichen „Mitleser“ überfordern dürfte, sagt dieser Autor häufig mehr als die meisten seiner Schriftstellerkollegen in einem Buch. Hinter der manchmal spröden, den Leser herausfordernden Hülle eröffnen sich in Schüßlburners Werken Erkenntnishorizonte, die einen völlig neuen Blick auf die Wunderlichkeiten des german way of democracy freigeben.

Nunmehr hat der Verfasser eine Arbeit vorgelegt, in der seine über Jahrzehnte gewonnenen Forschungsergebnisse noch einmal eindrucksvoll zusammengefaßt werden: Als Rechtsabweichler im Ministerium. Befragung zu besonderen Demokratieerlebnissen. Das Buch ist – orientiert an Schüßlburners Berufsweg als Verwaltungsjurist im Bundesverkehrsministerium sowie bei den Vereinten Nationen und der Europäischen Kommission (Näheres bei dem wikialternativen Lexikon von Recherche Dresden) –  biographisch gerahmt. Dargeboten werden die Gedankenlinien des Verfassers in Gestalt eines Dialoges, den Schüßlburner mit dem ehemaligen Deutschlandfunkjournalisten Bernd Kallina führt. Dessen besonnene Gesprächsführung trägt nicht unwesentlich zur Auflockerung der nicht immer leicht verdaulichen Themenkomplexe bei.

Im Zentrum des Werkes steht die Beschreibung des langen Weges der Bundesrepublik von ihrer Geburt aus dem Geist der Niederlage 1948/49 bis zu ihrem heutigen Antlitz als ein „verfassungsreligiös fanatisiertes“ Land, das mit allen Traditionen deutscher Staatlichkeit gebrochen hat. Zur Erklärung dieser unsäglichen Entwicklung erinnert Schüßlburner zurecht an das Stuttgarter Schuldbekenntnis der Evangelischen Kirche vom Oktober 1945. Dessen „politische Religiosität“ habe eine Art „Überverfassung“ begründet, die tonangebend bei der Entstehung des Grundgesetzes geworden sei. Die deutsche Kriegsschuld, die Grabplatte Hitler ist also nicht nur bewältigungspsychologisch, sondern auch verfassungsrechtlich die conditio sine qua non des staatlichen Selbstverständnisses der frühen BRD. Diese habe – so Schüßlburner weiter – in der Folge eine „frömmlerische Werteordnung“ begründet, in der schließlich der „religionspolizeilich ausgerichtete“ Verfassungsschutz zu einem „Allheilmittel für weltanschauliche Probleme“ geworden sei.

Diese VS-Konzeption delegitimiere den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit und führe zu einem „Verfassungsschutzextremismus“, der nicht den Deutschen als dem Papiersouverän, sondern abstrakten „Grundgesetzmenschen“ verpflichtet ist. Wer sich diesen Zumutungen des „Bundesamtes für Weltanschauungsfragen, bekannt als Bundesamt für Verfassungsschutz“ widersetze, werde als „Grundgesetzketzer“ bzw. „Grundgesetzatheist“ behandelt und unterfalle einer rigoros gehandhabten „Werteausbürgerung“, die de facto einer stillschweigenden Verwirkung der Grundrechte analog Art. 18 GG gleichkomme.

Daß es sich bei diesen Analysen nicht um eingebildete Luftspiegelungen, sondern um beinharte Verfassungsrealitäten handelt, demonstriert Schüßlburner anhand seiner eigenen „besonderen Demokratieerlebnisse … im VS-Land Dunkeldeutschland“. Neben seiner anfangs steilen Karriere, die er ausschließlich seinen – behördlich mehrfach bestätigten – überragenden Fähigkeiten und seinem Fleiß verdankte und in der er relativ früh zum Regierungsdirektor aufstieg, hatte sich Schüßlburner (Jahrgang 1954) schon immer publizistisch betätigt. Sein erster CRITICÓN-Artikel stammt aus dem Jahr 1984 und trägt den programmatischen Titel „Die Justiz wird zum Skandal“ (Heft Nr. 86, S. 266 ff.); zahllose Beiträge in CRITICÓN, Junge Freiheit, Staatsbriefe, Sezession u.a. folgten.

Mit seinen treffsicheren Analysen der bundesdeutschen Verfassungswirklichkeit geriet der Autor – wie könnte es „in der von Anfang an nicht freien, sondern nur freiheitlichen BRD“ auch anders sein – nach und nach auf den Radarschirm der hier schon länger Überwachenden. Obwohl dem Verfasser weder dienstliche Pflichtverletzungen, noch irgendwelche – erst recht keine strafrechtlichen – Gesetzesverstöße nachgewiesen werden konnten, hatte er sich über viele Jahre hinweg mehrerer Disziplinaranklagen zu erwehren. Diese stützten sich ausschließlich auf seine nonkonformen Ansichten. In diesen Verfahren offenbarte sich wieder einmal, daß bei der Gewährleistung der „BRD-Staatssicherheit“ die fachliche Qualifikation eines loyalen Beamten vollständig unter die Räder der herrschenden antifaschistischen Staatsideologie geraten muß.

Hinweise: Erstveröffentlichung in ´Sezession im Netz´ – mit freundlicher Genehmigung des Verfassers. Das rezensierte Buch ist hier erhältlich! Weitere Texte von Josef Schüßlburner finden sich auf der Internetseite Links-enttarnt.de!

Beitragsbild / Symbolbild: Andres Sonne / Shutterstock.com

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