Von Dario Herzog
Eine Quizfrage bei Günther Jauch könnte lauten: „Welcher europäische Staat beobachtet und bekämpft seine parlamentarische Opposition mittels Geheimdienst? Russland, die Türkei, Frankreich oder Deutschland?“ Der geneigte Leser errät es schnell: Einzig und allein in der Bundesrepublik wird die parlamentarische Opposition mittels eines sogenannten „Verfassungsschutzes“ bekämpft. Und wie im Fall vom Zitronenfalter, der keine Zitronen faltet, schützt der Verfassungsschutz nicht unsere Verfassung! Das ist nichts Neues. Trotzdem hat eine aktuelle Mitteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz mit Sitz in Köln erhebliche Auswirkungen.
Neue Bewertung mit erheblicher Auswirkung
Im Januar 2019 hatte das BfV die Jugendorganisation der Alternative für Deutschland (AfD), die „Junge Alternative“ (JA), als Verdachtsfall und damit als Beobachtungsobjekt eingestuft. Im April respektive im Juni 2020 waren zudem das „Institut für Staatspolitik“ (IfS) und der Verein „Ein Prozent e.V.“ als Verdachtsfälle des BfV eingestuft worden. „Die Verdachtsfallbearbeitung hat ergeben, dass sich die Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung inzwischen zur Gewissheit verdichtet haben“, heißt es nüchtern beim Bundesamt für Verfassungsschutz. Damit ist amtlich: Die drei Organisationen sind nun amtlicherseits „verfassungsfeindlich“. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass die drei genannten Organisationen gegen diese Einstufung klagen werden.
JA kämpferisch
So erklärt die Junge Alternative kämpferisch: „Die Einstufung des sogenannten Verfassungsschutzes überrascht uns nicht. Im Gegenteil: Der als Regierungsschutz angelegte und vom Innenministerium geleitete Geheimdienst erfüllt nur seinen Auftrag, der tatsächlich darin besteht, die Opposition hierzulande zu unterdrücken. Dieses Spiel läuft schon seit Jahren. Egal ob Migrationskritiker, Coronamaßnahmenkritiker oder Friedensbefürworter – jede Form der authentischen Opposition in diesem Land wird von dieser Behörde systematisch stigmatisiert. Als JA haben wir uns in den letzten Jahren professionalisiert – programmatisch, ästhetisch, personell. Wir werden juristische Schritte gegen diese Einstufung prüfen.“ Und auch die Mutterpartei erklärt sich solidarisch. „Das empörende Vorgehen des Bundesamtes für Verfassungsschutz scheint auch ein prozesstaktisches Manöver zu sein, um das bevorstehende Verfahren am OVG Münster einseitig zu beeinflussen und medial ein fiktives Urteil zu inszenieren. Die Unabhängigkeit des Gerichtes und dessen Würde müssen jedoch unbedingt gewahrt bleiben. Uns liegen aktuell weder eine Begründung, noch entsprechende Dokumente vor, die den Schritt nachvollziehbar machen. Selbstverständlich prüfen wir bereits den Einsatz juristischer Mittel“, so die AfD-Bundessprecher Tino Chrupalla und Dr. Alice Weidel. Klar, die einen kritisieren die Einschätzung, die anderen behaupten, die JA und Ein Prozent sowie das Institut für Staatspolitik seien zurecht als verfassungsfeindlich eingestuft. Vor allem die Mainstreammedien fühlen sich vom Verfassungsschutz bestätigt.
Das konkrete Ungenaue
Aber was wird konkret vorgeworfen oder wie begründet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Stigmatisierung? Weshalb werden die drei Organisationen vom BfV als gesichert rechtsextremistisch „eingeordnet“, wie es verfassungsschutzintern heißt? Das BfV meint bezüglich der Jungen Alternative: „Das in den Äußerungen und Verlautbarungen deutlich zutage tretende Volksverständnis der JA widerspricht dem im Grundgesetz zum Ausdruck kommenden Volksverständnis und ist geeignet, Angehörige vermeintlich anderer Ethnien auszugrenzen und deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund als Deutsche zweiter Klasse abzuwerten. […] Die JA propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht, ein ethnokulturell möglichst homogenes Staatsvolk postuliert, Migranten außereuropäischer Herkunft als grundsätzlich nicht integrierbar ausgrenzt und die größte Gefahr in einem vermeintlich gesteuerten Bevölkerungsaustausch zur Vernichtung der „organisch gewachsenen europäischen Völker“ sieht.“
Bundesrepublik bis 1999 rassistisch?
Hhm, langsam zum Mitschreiben: Anhänger des alten Staatsangehörigkeitsrechtes, das bis 1999 galt, sind also künftig Verfassungsfeinde? Denn bis die damals rot-grüne Bundesregierung das Staatsbürgerschaftsrecht änderte, galt diese Sicht, die nun als „völkisch“ stigmatisiert wird, für alle von uns. Heißt das im Umkehrschluß, dass wir Deutsche bis zum Jahr 1999 in einem verfassungsfeindlichen Staat gelebt haben? Sogar in einem rassistischen? Natürlich nicht! Was bis zum Jahr 1999 völlig normal war, dass der Volksbegriff abstammungsgemäß, neudeutsch „biologistisch“ hergeleitet wurde, soll urplötzlich verfassungsfeindlich sein. Dazu wird noch mit dem Grundgesetz gewunken und behauptet, die heutige Auslegung wäre korrekt, die frühere eben ausgrenzend etc. Alleine an dieser Argumentation sieht man, dass der Verfassungsschutz lediglich eine „Verfassungsfeindlichkeit“ konstruiert. Und in diesem Zusammenhang kann man nicht oft genug wiederholen, dass außerhalb Europas die Auslegung des Volksbegriffs mehrheitlich nach wie vor abstammungsgemäß, also „biologistisch“ erfolgt. Man versuche beispielsweise einem Chinesen zu erklären, dass das Kind einer Deutschen, die in China ein Kind geboren hat, ein Chinese sei. Das würde unter Chinesen zu erheblichem Gelächter führen.
Begründungen an den Haaren herbeigezogen
Auch heißt es zur Jungen Alternative: „Weiterhin stellt die Agitation gegen Flüchtlinge sowie Migrantinnen und Migranten ein zentrales und beständiges Thema der Verlautbarungen der JA und ihrer Mitglieder dar.“ Ja, glücklicherweise, mag man laut schreien. Mit diesem Satz zeigt das BfV exemplarisch, dass es also nicht darum geht, ob die JA wirklich verfassungsfeindlich ist. Nein, die Kölner Verfassungsschützer bewerten die JA als „gesichert rechtsextremistisch“, da sie unliebsame Themen aufgreift. So ist die Kritik an der Überfremdung also schon ein Grund (von mehreren), um als „gesichert rechtsextremistisch“ zu gelten. Kein Wunder, dass man in den Mainstreammedien eher selten liest, warum die JA konkret verfassungsfeindlich sein soll.
Mahner hatten recht
Die Mahner um den ehemaligen Bundesbeamten Josef Schüßlburner, die sich seit Jahren – nicht zuletzt auch auf der Internetplattform www.links-enttarnt.de – der unzulässigen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes durch unsere Regierenden widmen, hatten recht: Der Verfassungsschutz ist heute ein Kampfmittel der Etablierten, um unliebsame politische Konkurrenz auszuschalten. Josef Schüßlburner spricht hier zurecht „von einem zunehmend radikalisierenden Verfassungsschutzextremismus der politischen Mitte“. Dass der Verfassungsschutz mit entsprechenden Begründungen gegen alles und jeden aktiv werden könnte, vergessen die Herrschenden allerdings. Denn es könnte irgendwann auch sie selbst treffen, wenn es heißt, derjenige, der den Verfassungsschutz gegen die Opposition instrumentalisiert hat, hat sich selbst verfassungsfeindlich verhalten, in dem gegen fundamentale Grundsätze einer offenen und freiheitlichen Demokratie verstoßen wurde. Da mag dem einen oder anderen wieder das Bild der Stasi-Büros, die 1989 gestürmt wurden, einfallen. Man soll eben niemals nie sagen…
Beitragsbild / Symbolbild: jgolby / Shutterstock.com
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