von jb

Erinnern Sie sich noch an die Concorde? Dies war das legendäre Flugzeug, mit dem man in weniger als drei Stunden von New York nach Paris oder London fliegen konnte. Es zeichnete sich durch seinen schmalen Innenraumdurchmesser, dafür extrem riesigen Deltaflügel und seiner versenkbaren Front aus. Dies war notwendig, um Überschallgeschwindigkeit, also schneller als der Schall zu fliegen.

Die Concorde wurde vor knapp 20 Jahren eingestellt; es wurde gezweifelt, ob jemals wieder ein Passagierflugzeug mit Überschallgeschwindigkeit fliegt. Heute kam die Meldung, dass American Airlines Group wieder Überschallflugzeuge vom derzeit in der Entwicklung befindlichen Typ „Boom Overture“ bestellen möchte. Daher befassen wir uns in diesem Artikel mit der Geschichte der Überschallflugzeuge und der möglichen Zukunft dieser Fortbewegung.

Die Geschichte

England 1945: der Krieg hat viel Schaden zurückgelassen. Die einzige Industrie, die zu dieser Zeit super funktionierte, ist natürlich – durch den Krieg bedingt – die Luftfahrtindustrie. Daher hat man sich nach den Erfahrungen im Flugzeugbau im Zweiten Weltkrieg auf diese Industrie besonders fokussiert.

So brachten die Briten Anfang der 50er Jahre das erste in Serie gebaute Düsenflugzeug auf den Markt. Da es mit diesem sehr viele technische Probleme und auch Abstürze gab, wurde das Düsenflugzeug nach wenigen Jahren aus dem Betrieb genommen.

Andererseits entwickelten die Amerikaner mit Boeing zu dieser Zeit bereits Flugzeuge, die schon eine enorme Sitzplatzkapazität boten und den Briten den Schneid abkauften. Daher mussten sie die Engländer etwas Neues einfallen lassen und brachten das Überschallflugzeug für Passagiere ins Gespräch.

Dieses gab es schon bei einigen Militärflugzeugen. Überschall bedeutet schneller als der Schall zu fliegen. In der Fachsprache nennt man den Zeitpunkt, wo die Schallmauer durchbrochen wird „Mach 1“.

Der Anspruch war, extremst schnell, sicher und so komfortabel zu fliegen, dass die Passagiere des Flugzeugs während des Fluges sich unterhalten und nebenbei gemütlich eine Zigarre rauchen  konnten.

Auch wenn die Briten zu den reicheren Nationen auf dem Planeten gehörten und gehören – das Projekt würde das Bruttoinlandsprodukt so sehr belasten, dass man einen Partner brauchte. So beschlossen sie, die Entwicklung zusammen mit Frankreich umzusetzen und die Gewinne zu halbieren.

Der Name „Concorde“

Als Name für das zu entwickelnde Überschallflugzeug wählte man „Concorde“. Es gab einen Streit, ob das Flugzeug nach der britischen Schreibweise „Concord“ oder der französischen Schreibweise „Concorde“ geschrieben werden solle. Am Ende einigte man sich, um den ermüdenden Streit zu beenden, auf „Concorde“ und redete es sich schön mit der Begründung, dass „e“ am Ende würde für „Eleganz“ und „exzellent“ stehen.

Die andere Seite des Eisernen Vorhangs

Nachdem man im Westen von diesem Projekt gehört hatte und man im Kalten Krieg seine Macht demonstrieren musste, beschlossen auch die Russen, ein Überschallflugzeug zu bauen. Dieses trägt den Namen „Tu 144“. Der russische Präsident beauftragte das Konstruktionsbüro Tupolew, dieses zu entwickeln und zu fertigen. Man gab der Entwicklung und Produktion bis Ende 1968 Zeit. Einige Wochen vor Jahresende war der Prototyp fertig und sollte zum Testflug abheben, doch wochenlang sprachen die Wetterbedingungen dagegen. An Silvester 1968 waren die Bedingungen endlich günstig, und so konnte die Tu 144 noch vor der Concorde fertiggestellt werden. – Eine Klatsche für den Westen im Kalten Krieg, zumal das Überschallflugzeug deren Idee gewesen war. Fun fact: An Silvester 1968 feierte Tupolew seinen 80ten Geburtstag, ein schönes Geschenk.

Die Presse im Westen war entsetzt und bezeichnete die Tu 144 spöttisch als „concordisch“, da sich Tu 144 und die Concorde zum Verwechseln ähnlich sahen. Technisch unterscheiden sich die Maschinen durchaus: die Tu 144 hat ihre schlichten Turbinen mittig angeordnet, die Concorde Ihre Rolls Royce-Triebwerke außen an den Delta Flügeln, zudem hat die Tu 144 „Kanarflügel“, was die Stabilität an der Front deutlich erhöht.

Erstflug der Concorde

Dennoch war der Aufschrei im Westen groß und die Empörung spürbar, denn erst zwei Monate später, zum Jahresbeginn 1969, machte die Concorde ihren Erstflug und löste Begeisterung aus.

Flugschau Le Bourget

1973 fand die große Flugschau in Le Borget nahe Paris statt. Neben zahlreichen Flugzeugen flogen auf der Show auch die beiden Überschallkonkurrenten Tu 144 und Concorde. Nachdem die Concorde bereits eine grandiose Show abgelegt hatte, musste die Tu 144 ran. Während der Show sank das Flugzeug plötzlich, brach in zwei Teile und verbrannte. Es gab mehrere Theorien, wie es dazu kam. Die Theorien konnten allerdings nicht bewiesen werden, daher gilt der Fall bis heute als ungeklärt.

Inbetriebnahme

1976 gingen beide Überschallflugzeuge in Betrieb, obwohl zunächst unklar war, ob diese überhaupt fliegen werden. Denn es gab große Kritik wegen der Ölkrise und des entstehenden Überschallknalles. Das Problem mit dem Überschall konnte nur mit erheblichen Einschränkungen gelöst werden, denn Überschall darf nur über dem Meer geflogen werden.

Die Concorde der Air France flog zunächst von Paris nach Rio de Janeiro und die Briten von London nach Bahrain. Erst Ende 1977 flogen diese von London bzw. Paris nach New York.

Im November 1977 ging die Tu 144 in Betrieb, Sie flog einmal pro Woche – mehr war wegen der Kosten und der Zuverlässigkeit nicht drin – von Moskau nach Alma-Ata.

Nachdem es mit der Zuverlässigkeit und den hohen Kosten nicht funktioniert hatte, wurde der Betrieb der Tu 144 im Jahr 1983 eingestellt.

Fortgang der Concorde

Die Concorde erfreute sich wachsender Beliebtheit und flog noch ungefähr 20 Jahre länger. Vor allem Prominente wie Michael Jackson, Bruce Springsteen, Mohammed Ali und Geschäftsreisende mit hoher erreichter Karrierestufe nutzten sie. Damit auch das normale Volk in den Genuss des Überschallreisens kam, wurden regelmäßig auch Charterflüge zu einem ungefähren Preis von 800 Dollar angeboten, welche meist ausgebucht waren.

Das bittere Ende der Concorde

Im Jahr 2000 stürzte nahe Paris eine Concorde ab. Der Grund: Ein Metallstreifen aus dem besonders festem Material Titan, der von einem anderen Flugzeug auf die Fahrbahn gefallen war, schlitzte die Reifen auf und die Reifenstücke mit einem Gewicht bis zu 4 Kg schlitzten den Tank auf. Das führte zu mehreren 100 Litern Kerosin Kraftstoffverlust pro Sekunde, der Funken schlug, der Treibstoff begann zu brennen und entflammte das Flugzeug. Die Concorde stützte ab. Danach wurde die Betriebserlaubnis entzogen.

Der Tag, an dem die Concorde nach erfolgreichem Testflug die Betriebserlaubnis wieder erlangte, war der 11. September 2001 (!). Doch nach der Tragödie des Terroranschlags auf das World Trade Center hatten die Menschen zunächst keine Motivation mehr zu fliegen – die Concorde war im Schnitt mit 5 Personen besetzt.

Wegen Unrentabilität wurde der Betrieb der Concorde 2003 eingestellt. Traurig, wie manchmal das Schicksal seinen Lauf nimmt… Aber es gibt gute Neuigkeiten:

American Airlines bestellt Überschallflugzeug

In den letzten Jahren wurde vom Flugzeugentwickler „Boom Supersonic“ der „Boom Overture“ entwickelt, der Überschallgeschwindigkeit fliegen wird. 2026 soll der Jungfernflug stattfinden, die vollständige Inbetriebnahme 2029. Geplant ist die Route London-Miami, die mit Überschallgeschwindigkeit nur noch fünf anstatt neun Stunden benötigen wird. Das neue Überschallflugzeug soll von Beginn an nur mit CO2-neutralem Kraftstoff betrieben werden.

Seien wir gespannt, ob es so weit kommen wird. In Zeiten, in denen man so fortgeschritten sein will, sollte man in der Lage sein, mit Überschallgeschwindigkeit, einer technischen Möglichkeit, die über 70 Jahre alt ist, fliegen zu können.

 

Beitragsbild: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Tu-144-schoenefeld.jpg#mw-jump-to-license, Lizenz: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/Commons:GNU_Free_Documentation_License,_version_1.2, Nutzungsrechtsinhaber: Ralf Roletschek, Autor: Lothar Willmann 1971

 

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