Die Fortführung der Regentschaft eines Geschlechtes oder Adelshauses ist in aller Regel klar gegliedert. So ist in den meisten Fällen der erste männliche Nachkomme der natürliche Erbe der Macht. Meist tritt er diese nach dem Ableben des bis anhin aktuellen Regenten an.
Wie wird man zum Prinzen?
Dabei ist es nicht nur gewünscht, sondern auch für den Prinzen selbst von größtem Vorteil, wenn er die Amtsgeschäfte schon vor deren Übernahme kennenlernt. Da es sich dabei meist um repräsentative Arbeiten handelt, wird er von Kindesbeinen an in die Eigenheiten des Protokolls eingewiesen. Da dabei seine erziehenden Lakaien ihm, ihrem künftigen Regenten, schon alleine in dessen Anrede den höchsten Respekt und die ausgefeilteste Ehrerbietung zollen, gewöhnt er sich daran schnell und genießt es meist in vollen Zügen. So entwickelt sich seine Persönlichkeit ganz klar, zielgerichtet und sauber.
das Interesse eines Hauses
Damit wird auch sehr schnell klar, weshalb es die meisten Adelshäuser als äußerst sinnvoll empfinden, und es ihre Geschäftsordnungen auch klar vorschreiben, mit wem sich der Prinz dereinst zu vermählen hat. Dies hat nichts mit Romantik zu tun, sondern mit den Interessen des Hauses. Dieses besteht logischerweise darin, einerseits den eigenen Bestand in die Zukunft hinein zu sichern und im selben Schachzug bestenfalls die Einflusssphäre zu erweitern. Dies geht natürlich nur mit Humanmaterial aus einer anderen Linie oder noch besser eines anderen Geschlechtes. Der Rang innerhalb der Adelshierarchien ist dabei von großer Bedeutung.
die Prinzessin
So wird eine Prinzessin aus einem ranghöheren Haus selbstverständlich bevorzugt. Und da eine Prinzessin bereits ab ihrer Geburt heiß umschwärmt ist, weiß der Regent meist schon zum 10. Geburtstag des Prinzen (oder noch früher), wen dieser irgendwann ehelichen wird. Die Prinzessin hat bis dahin eine ebenso geschliffene blaublütige (Aus-)Bildung genossen und ist so ihrem Gemahl vom ersten Tag ihrer gemeinsamen Zukunft an eine ebenbürtige Partnerin, die das Haus mit ihrer Anmut und Disziplin ziert und ehrt und nicht in Verruf bringt.
Wir wissen alle, dass, vor allem in jüngerer Vergangenheit, die Prinzen aber keinen absoluten Wert auf eine standesgemäße Hochzeit legen. Sie lieben den Presserummel, wenn sie zwar eine äußerst attraktive, in Adelsbelangen aber vollkommen ungeeignete Lebenspartnerin der Öffentlichkeit präsentieren. Die Klatschblätter zahlen es ihnen mit kurzzeitig erhöhter Aufmerksamkeit willig zurück, lassen aber sowohl den Prinzen als auch seine Liebschaft bei der ersten sich bietenden Gelegenheit wieder fallen wie eine heiße Kartoffel. Dieses Schauspiel haben wir nun schon so oft durchexerziert, dass einem jeden Prinzen klar sein sollte, dass die alten Sitten vielleicht doch ihren Sinn hatten.
Dem Prinzen aus Zamunda war das auch nicht klar. Ein wunderbarer Film aus dem Jahr 1988 mit dem heiß geliebten Eddy Murphy in der Hauptrolle. Wenn Sie den Film nicht kennen, genügt auch ein kurzer Blick auf Wikipedia – dann sind Sie auf dem Stand.
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Nachdem wir uns nun ein paar Minuten zurück in selige monarchische Zeiten und Gedanken begeben haben und aus unerklärlichem Grund alle die Stimme von Rolf Seelmann-Eggebert in den Ohren haben, folgt nun ein
Schnitt.
Eine Bekannte arbeitete eine Zeit lang in der Hausaufgabenbetreuung in einem Freiburger Wohnort und erzählte mir ihr Leid, was letztlich zum Ende des Engagements führte. Anfangs hatte sie sich dort sehr wohlgefühlt und Ihre Arbeit als sinnvoll und auch wertgeschätzt wahrgenommen. Das änderte sich aber recht bald, als ein kleiner orientalischer Junge begann, die dortige Gemeinschaft zu terrorisieren. Von großem Selbstbewusstsein beseelt, übernahm er die Regierung. Und niemand erlaubte sich, ihm Grenzen aufzuzeigen. Alle Beteiligten erstarrten in einer falschen Angst, als ausländerfeindlich zu erscheinen. So ließ man den Jungen gewähren, was dieser natürlich sofort und scharfsinnig zum weiteren Ausbau seiner Machtposition nutzte. Innerhalb des Kollegiums herrschte eisiges und ohrenbetäubendes Schweigen über die Angelegenheit. Als meine Bekannte dieses zu durchbrechen versuchte, kam es zum Eklat und Zerwürfnis. Sie kündigte und ist seither persönlich wie befreit, aber gleichzeitig in größter Sorge. Nicht nur wegen dieses Einzelfalls. Wieso sollte dies nur in einer Schule mit einem solchen Jungen in einem Freiburger Vorort so sein?
zweite Szene
Wir waren neulich mal wieder feudal essen. Naja feudal, in einer kleinen aber liebevollen Pizzeria im Freiburger Westen.
Am Nachbartisch saß eine größere Gesellschaft. Da ich nicht nur in meinen Salatteller schaue und diese Gesellschaft so auffällig war, musste ich, so wie es sich für einen Redakteur gehört, die Szenerie beobachten.
Es handelte sich offensichtlich um eine Familie bestehend aus den Großeltern, ihren beiden Töchtern und den Enkeln. Einer der beiden zugehörigen Schwiegersöhne war auch dabei, blieb aber blass. Auffällig: die Kinder der alleinerziehenden Tochter waren von anderer Hautfarbe. Alle bestellten, wie es in einfacheren Gasthäusern üblich ist, ein Getränk und einen Hauptgang. Nur der kleine Junge bestellte in völliger Selbstverständlichkeit eine teure Vorspeise. Darüber gab es keine Diskussion. Allen Beteiligten war ein gewisser Unmut anzusehen, aber niemand schritt ein. Erstarrt in völliger Ehrerbietung und Angst, irgendetwas Falsches zu sagen, wurde dem jungen Prinzen sowohl Vorspeise als auch Hauptgang gereicht – wovon logischerweise ¾ wieder unangetastet zurückging.
dritte Szene
In unserem Stadtteil sehe ich immer wieder eine nicht biodeutsche Familie ihren Spaziergang machen. Dabei sitzt der kleine männliche Sprössling auf einem lauten und auffälligen Elektrodreirad und fährt der Mutter und allen anderen Beteiligten unentwegt über die Füsse. Die größeren Töchter genießen solcherlei Vergnügungen natürlich nicht und dürfen in gebührendem Respektabstand zu Fuß hinterherwatscheln. Die gesamte Aufmerksamkeit dieser Gesellschaft richtet sich ausschließlich auf ein Familienmitglied.
da capo
In der Kenntnis dieser Hintergründe lesen Sie den Bericht bitte noch einmal bis zu den beiden Bindestrichen. Wir werden dann sehen, wer uns in ein paar Jahren regiert.
mb
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MEIN Vorsatz, 100 Jahre alt zu werden, hat sich nach der Lektüre dieses wunderbaren Artikels, aus der berühmten Feder von mb, erhärtet. Es wird geradezu märchenhaft werden, wenn die Prinzen und Prinzessinnen erwachsen sein werden und die entsprechenden Ämter übernehmen. Da ich mich in Märchen bestens auskenne, werde ich zurechtkommen,
da bin ich ziemlich sicher. Und meine NachbarInnen, die sich absolut nicht auskennen, tun mir kein bisschen leid. Jeder ist seines Glückes eigener Schmied. Ja. mb, die Geschichte hat mir den Abend vergoldet. Mille Grazie !