Na nu? dachte ich neulich, als ich einen Brief der Deutschen Post AG Bonn im Briefkasten fand, öffnete und las:

Ab jetzt empfangen Sie Ihre Sendungen als Mitnutzer am Ablageort oder bei Ihrem Nachbarn. Guten Tag Frau m_ Sendungen empfangen ist für Sie jetzt noch einfacher. Sie wurden von I.S. als Mitnutzer unserer Empfängerservices für die Zustellung von Sendungen angegeben. So werden wir Ihre Sendungen an dem vom oben genannten Hauptnutzer angegebenen Ablageort hinterlegen bzw. wenn wir Sie nicht antreffen, bei dem ausgewählten Nachbarn abgeben. Sollten Sie der Nutzung des Ablageortes oder Nachbarn widersprechen wollen…

Wie nett, dachte ich sofort, das ist wirklich gelebte Nachbarschaft. Die Frau, die ein Stockwerk tiefer wohnt, hat der Post sogar amtlich Bescheid gegeben, dass sie meine Pakete in Empfang nimmt, sollte ich mal nicht da sein. Bisher lief das auch ohne Schreiben, aber nun gut, dann ab dato halt eben mit Schreiben.

Ein paar Tage später…

Es vergingen ein paar Tage und ich traf die Nachbarin zufällig im Flur. Also sagte ich ihr, dass ich ein Schreiben von der Post bekommen habe, wo sie als „Paketannahmestelle“ in meiner Abwesenheit vermerkt sei.

Die Nachbarin antwortete: was? Ach so einen offiziellen Weg habe das Ganze genommen? Das hätte sie gar nicht gedacht. Es sei nur so gewesen, dass sie vor einiger Zeit Medikamente bestellt habe und die Mitteilung bekam, sie müsse das Päckchen bei der Packstation an der Munzinger Straße abholen. Das war sehr schlecht für sie, weil sie erstens krank war und die Medikamente braucht und zweitens, weil sie nur ein altes nicht QR-Code fähiges Handy habe.

Als sie zur Packstation ging, konnte sie das Paket ohne CR-Code nicht bekommen. Ich persönlich nehme an, dass der QR-Code auch auf dem Benachrichtigungskärtchen der Post gestanden hatte. Sie hatte dieses aber wahrscheinlich nicht mitgenommen – weil sie schlicht und einfach nicht wusste, wie so eine Packstation funktioniert.

Jedenfalls lag das medizinische Päckchen anschließend der Sonne und Hitze ausgesetzt bei der Packstation. Am Ende musste es entsorgt werden, da die darin befindlichen Medikamente nicht hitzebeständig waren!

Die Konsequenz dieser Geschichte

Ich bin nun zu I.S.’s neuer Packstation mutiert, eine Packstation, die hitze- und sturmgeschützt, allzeit freundlich und auf dem kürzesten Weg erreichbar ist. Meine Wenigkeit schlägt dem QR-Code-Wahn noch gerne ein Schnippchen – und zwar solange es geht. Gelebte Nachbarschaft ist doch tausend Mal schöner als so eine schnöde, weit entfernte, servicelose, anonyme, kalte Packstation.

In den letzten Jahren durfte ich auf diese Weise einige Male im Jahr mit verschiedenen Nachbarn „Weihnachten feiern”. Immer dann, wenn das bestellte Paket mit Sehnsucht und Vorfreude erwartet wurde.

Herzerfrischend direkt

Wie sagte noch einmal Sally, die Schwester der Comicfigur Charly Brown mit überzeugter Mine? Weihnachten ist das Fest des Kriegens. Und brachte damit alle zum Lachen…

 

m_

Bild: m_, pixabay Michelle_Raponi Eisskulpturen Gaylord (die Figur hinten links ist Sally)

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