Von Dario Herzog

Pech gehabt! Da veranstalten die deutschen Wirtschaftsverbände einmal einen „Warntag“ – und sämtliche Kritik geht im sonstigen Nachrichtengewitter unter. Wer hätte schon damit gerechnet, dass heute unsere Demokratie zusammenbricht. „Zusammenbruch der Demokratie“? So könnte man glatt glauben, wenn man sich anhört, was Linke, Grüne und Rote heute über die mehr oder weniger folgenlose Abstimmung zum Thema Migration im deutschen Bundestag von sich geben. Da hat die Union einmal einen harmlosen Entschließungsantrag gestellt und die AfD-Fraktion hat dem Antrag doch glatt zugestimmt. In anderen Demokratien wäre das ein völlig normaler Vorgang, in der realexistierenden BRD ist das angeblich ein Tabubruch. So verblassen die Anliegen der deutschen Wirtschaftsverbände, die sie gerade heute am bundesweiten „Warntag“ nochmals in die Öffentlichkeit bringen wollten. Denn ihre Kritik ist zutreffend, wenngleich sie reichlich spät und mit den falschen Partnern kommt.

Der Trend zeigt stetig in eine Richtung: nach unten
Unabhängig vom „Warntag“ und noch vor der Bundestagswahl wurden heute erneut ernüchternde Zahlen bekannt: Regelrecht zähneknirschend musste das von Robert Habeck geleitete Wirtschaftsministerium zugeben, dass die Konjunkturprognose für das laufende Jahr deutlich gesenkt werden muss. Nur noch ein Wachstum von 0,3 Prozent wird aktuell erwartet. Im Herbst hatte die Bundesregierung noch mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 1,1 Prozent gerechnet. Bereits im vergangenen Jahr schrumpfte die Wirtschaftsleistung der Bundesrepublik. Und das Ende ist nicht absehbar. Auch für das kommende Jahr wird damit gerechnet, dass die Wirtschaft weiter einbricht. Das thematisiert auch die AfD, ihr wirtschaftspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Leif-Erik Holm, kritisierte daher eindringlich:

„Der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung ist ein einziges Zeugnis der Hilflosigkeit. Zum wiederholten Mal muss Minister Habeck eingestehen, dass seine vorherigen Prognosen allein Zweckoptimismus waren. Das versprochene Wachstum bleibt aus. Das herbeigesehnte Licht am Ende des Tunnels ist in Wahrheit die Stoppleuchte auf dem Abstellgleis. Habecks ideologiegetränkte und völlig realitätsferne Wirtschaftspolitik ist der wesentliche Grund für die Dauerrezession in Deutschland. Und deren Fortsetzung deutet sich auch 2025 an. So rechnet der BDI erneut mit einem Minuswachstum. Kein Wunder, dass die Wirtschaftsverbände heute am Brandenburger Tor Alarm schlagen.“

Wirtschaftsverbände mit sehr leiser Kritik
Das Who-is-Who der deutschen Wirtschaftsverbände beteiligt sich am heutigen „Warntag“, die Liste ist lang, es sind rund 140 Interessenverbände und Unternehmerinitiativen , die die Forderungen unterstützen. Die Organisationen stehen für über 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Deutschland. Auch die vier Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft BDA, BDI, DIHK und ZDH dringen angesichts der Lage auf eine umgehende Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik. Die Kritik: Die Bundesregierung habe es nicht geschafft, in drei Jahren ihrer Existenz die Rezession ansatzweise zu bekämpfen. Man habe der Politik zahlreiche Vorschläge unterbreitet, um der Flaute Herr zu werden. Nichts sei unternommen worden, dagegen wäre ein verzerrtes grünes Wirtschaftswunder prognostiziert worden. Die seit Jahren erhobenen Forderungen „Abbau von Bürokratie“, „niedrigere Steuern und Abgaben“, „wettbewerbsfähige Energiepreise“ und „schnelle Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel“ seien ungehört im Sande verlaufen. Die Kritik an der Bundesregierung ist groß, so fragt sich Handwerkspräsident Jörg Dittrich:

„Wie laut noch müssen die Alarmsirenen sein, damit sich die Politik daran macht, die real drohende Gefahr für den Standort Deutschland abzuwenden?“

Unterschiedliche Protestformen
Am „Wirtschaftswarntag“ beteiligten sich bundesweit 181 Unternehmen und regionale Wirtschaftsverbände mit unterschiedlichen Formaten. Es gab Hunderte von Aktionen, außerdem Kundgebungen in München, Stuttgart, Hamburg und Lingen (Ems). Hohe Funktionäre von CDU und FDP sprachen auf den Kundgebungen, so am Brandenburger Tor beispielsweise Carsten Linnemann, Gitta Connemann und Julia Klöckner von der CDU und von der FDP Christian Lindner, Wolfgang Kubicki und Bettina Stark-Watzinger. Warum ausgerechnet der FDP die Möglichkeit gegeben wurde, an den Protesten teilzunehmen, ist das Geheimnis der Veranstalter. Es war – neben der Union – auch stets die AfD, die vor dem Zusammenbruch unserer Wirtschaft gewarnt hat. Aber mit der möchte man (noch) nicht zusammenstehen. Die FDP indes ist mitschuldig, sie war drei Jahre Mehrheitsbeschafferin der Ampel-Koalition. Im Prinzip ist es ein Skandal, dass sie plötzlich und unerwartet ihre Liebe zur deutschen Wirtschaft wiederentdeckt hat. Durch das Anbiedern an Rot-Grün, durch das Ermöglichen der Sanktionen gegen Russland, die nur die eigene Wirtschaft geschädigt haben, durch das Mittragen der grünen Energiepolitik hat sich die FDP eigentlich völlig entzaubert – und das sieht man auch an den aktuellen Umfragewerten, die derzeit bei rund 4 Prozent stagnieren. Wie die FDP künftig den Wirtschaftsverbänden helfen könnte, ist unklar. Aus dem Bundestag heraus wird das wahrscheinlich die nächsten Jahre nicht der Fall sein, aus den meisten Landesparlamenten ist sie ebenfalls geflogen.

Auch die CDU/CSU ist der falsche Partner
Dass auch die Union nicht der richtige Partner deutscher Wirtschaftsverbände ist, hat sich in der Vergangenheit aber ebenso deutlich gezeigt. Das Aus für die Kernkraft kam von der Union, daran sei erinnert. Und auch auf EU-Ebene machen die Unionsvertreter gemeinsame Sache mit der EU-Kommission, die ständig neue bürokratische Monster erschafft, wie beispielsweise das Lieferkettengesetz. Das trifft vor allem exportorientierte Länder wie Deutschland. Von der CDU/CSU kann man allenfalls erwarten, dass sie handwerklich nicht so viele Fehler macht wie die Ampel-Koalition. Denn die Gesetze von Rot-Grün-Gelb waren nicht nur inhaltlich schlecht, sondern auch handwerklich. Das ist nicht (nur) die Sicht von Regierungsskeptikern, sondern auch der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Klaus Rennert, kritisiert ganz offen und direkt die Qualität der Gesetzgebung in Deutschland.

Was bleibt vom „Warntag“?
Obwohl man für 30 Millionen Beschäftigte demonstriert haben möchte, bleibt der heutige Protest eher ungehört. Von der rot-grünen Bundesregierung ist bis zur Bundestagswahl nicht viel zu erwarten. Wenn die Union dann stärkste Partei wird, könnte es eng werden, gegebenenfalls benötigt sie für eine Mehrheit Rot und auch Grün. Aus diesen Zwängen und von der ideologiegetriebenen Agenda der Rot-Grünen wird sie sich nicht befreien können. Das sind für unsere Wirtschaft also eher weiterhin trübe Aussichten. Und wenn BSW, Linkspartei und FDP aus dem Bundestag gewählt werden, könnte als einige Oppositionspartei die AfD übrig bleiben. Sie wäre dann der einzige Sachwalter der Interessen der deutschen Wirtschaft – ob das den Wirtschaftsunternehmen, deren Lenker meist ein Unions- oder FDP-Parteibuch haben, gefällt oder nicht. Es bleibt also spannend …

Beitragsbild / Symbolbild und Bild oben: Blau; Bildmitte: gopixa; Bild unten: Deemerwha-studio / alle Shutterstock.com

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