Von Jan Ackermeier

Am 6. September 1991 nimmt Leningrad seinen historischen Namen Sankt Petersburg wieder an. Die Stadt wurde 1703 von Zar Peter dem Großen auf Sumpfgelände nahe dem Meer gegründet, um den Anspruch Rußlands auf Zugang zur Ostsee durchzusetzen. 1712 wurde sie die Hauptstadt Rußlands. Peter der Große benannte die Stadt nach seinem Schutzheiligen, dem Apostel Simon Petrus.

Petropolis und Co.
Die Festung hieß kurzzeitig Sankt-Pieterburch, dann, wie die etwas später entstehende Stadt, Sankt Petersburg, in der Literatur auch Paterburg oder Petropol von Petropolis genannt. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde am 18. August 1914 der deutsche Name zu Petrograd – wörtlich „Peterstadt“ – russifiziert. Nach Lenins Tod 1924 wurde die Stadt am 26. Januar 1924 in Leningrad umbenannt. Dies geschah auf Antrag der damaligen Petrograder Parteiführung und nach deren Angaben auf Wunsch der Arbeiter, die Lenins Tod betrauerten.

Und zurück
Der erneute Namenswechsel der Stadt wurde vom Zentralkomitee der KPdSU damit begründet, dass in ihr die von Lenin geführte Oktoberrevolution begonnen hatte. Auf der Ebene der Symbolpolitik gab es aber tiefere Gründe: Sankt Petersburg hatte für das zaristische Russland gestanden und war die Vorzeigestadt des Zarenreichs gewesen. Schon damals war Sankt Petersburg die zweitgrößte Stadt des Landes; das bedeutete großes Prestige für den neuen Namensgeber. Die Umbenennung in Leningrad symbolisierte den Wechsel des sozialen wie politischen Systems an einer hervorgehobenen Stelle und wurde als solcher wahrgenommen. Im Volksmund wurde auch noch nach der Umbenennung (und wird noch) oft die Abkürzung Piter (russisch Питер) weiter als Spitzname für die Stadt verwendet.

Ab nun wieder “Sankt Petersburg”
Nach dem Zerfall der Sowjetunion führte eine Volksabstimmung 1991 zu einer knappen Mehrheit zugunsten der Rückbenennung in Sankt Petersburg. Der Erlaß vom 6. September 1991 vollzog diesen Wählerwillen. Gleichzeitig wurden viele Straßen, Brücken, Metro-Stationen und Parks wieder rückbenannt. Im Zusammenhang mit historischen Ereignissen wird nach wie vor der zum Ereignis „passende“ Name genutzt, zum Beispiel „Heldenstadt Leningrad“ beim Gedenken an den Deutsch-Sowjetischen Krieg von 1941 bis 1945, der in Rußland „Großer Vaterländischer Krieg“ genannt wird.

Beitragsbild: Die Peter-und-Paul-Festung in Sankt Petersburg. In der Mitte die beiden vergoldeten Türme der Peter-und-Paul-Kathedrale. Urheber unbekannt.

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